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Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)

Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)

Titel: Die Chroniken von Waldsee Trilogie Gesamtausgabe: Dämonenblut Nachtfeuer Perlmond (German Edition)
Autoren: Uschi Zietsch
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entschieden. »Wir müssen , denn der Frieden in diesem Tal ist bedroht. Schneemond und ich lassen nicht zu, dass Inniu, das zu unserer Heimat wurde, in die Finsternis eintaucht.«
    »Ich wünsche mir, dass es so kommt«, wisperte Rowarn niedergeschlagen. »Und ich danke euch, dass ihr mir immer noch vertraut, obwohl ich euch so viel Kummer bereite. Aber ich traue mir selbst nicht mehr, und ich halte es für möglich, dass ich ... schuldig ...« Sein Kopf sank zur Seite, und er war eingeschlafen, ohne den Satz vollenden zu können.

    Die Tage vergingen, und der Frühling schritt voran. Anini war feierlich beigesetzt worden, und Daru hatte an ihrem frisch aufgeworfenen Grab geschworen, den Mörder nicht ungeschoren davonkommen zu lassen.
    Die Menschen gingen wie gewohnt ihrer Arbeit nach, doch nachts waren alle Wege und Straßen ausgestorben und still. Niemand durfte mehr ohne offizielle Erlaubnis nach Einbruch der Dunkelheit herumschweifen, und schon gar nicht ohne Begleitung.
    Die Stadtväter hatten einen Suchtrupp losgeschickt, um nach Spuren des Täters zu suchen. Die Velerii unterstützten sie dabei wie versprochen. Niemand erhob mehr öffentlich Vorwürfe gegen Rowarn, aber er wusste, dass viele ihn für schuldig hielten und nur auf den geeigneten Moment warteten, um ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Er blieb der Stadt fern und verließ auch Weideling kaum, weil er sich nur dort sicher fühlte – und weil er befürchtete, ansonsten Dummheiten anzustellen. 
    Die meiste Zeit hockte er brütend in seinem Zimmer und grübelte darüber nach, wie er seine Unschuld beweisen konnte. Er beobachtete sich dabei die ganze Zeit selbst, schreckte nachts oft hoch und blickte in den Spiegel, ob er sich noch erkannte. Vielleicht war er wirklich besessen, von der Macht eines Dämons oder einem anderen finsteren Wesen übernommen, und hatte die Tat unwissentlich in fremdem Auftrag ausgeführt. Das sprach ihn natürlich nicht frei von Schuld, aber es würde erklären, warum er sich nicht daran erinnern konnte, was in der Nacht geschehen war. So sehr er sich auch den Kopf zerbrach, es blieb ein schwarzes Loch in seinem Verstand. Es gab nur schöne Erinnerungen, nichts sonst.
    Die einzige Hoffnung sah Rowarn schließlich im Weißen Falken.

    Schon als kleiner Junge war Rowarn an diesem bestimmten Tag, wenn die Luft zum ersten Mal mild war und einen besonderen Blütenduft mit sich brachte, auf die höchste Erhebung um das Tal von Weideling gestiegen, um dort auf einen großen, alten Borkenbaum zu klettern. Ein Riese aus alter Zeit, schon halb versteinert, aber immer noch belaubt. Die Rinde bot guten Halt, um sich auf den ersten knorrigen Ast zu hangeln. Von dort ging es Ast um Ast hinauf, fast bis in den Himmel, so schien es, in die weit ausladende Krone, von der aus unzählige zierliche Ästchen mit fleischigen, dunkelgrünen Blättern abzweigten. 
    Der Baum war so alt, dass er im Herbst nie ganz das Laub verlor, sodass sich im Frühjahr neben jungem Grün oft ein verschrumpeltes, ausgedörrtes Blatt von den Jahren davor hartnäckig an den Zweig klammerte. Die verbliebenen Blätter des Vorjahres waren sogar noch fast lebendig, hauchfein wie Papier. Sie leuchteten rot, gelb und orange im Sonnenlicht, sodass man dem alten Riesen den Namen »der Vielfarbige« verliehen hatte.
    Der Ausblick von hier oben reichte bis zum schroffen Gebirge Fûr Garí, »Kalter Fels«, das ganz Inniu wie eine unüberwindbare Mauer umschloss. Rowarn blickte auf das weite Grünland, von vielen mäandernden Bächen durchzogen, und auf den Ackerboden rund um menschliche Siedlungen und Behausungen. Rowarn musste bei seinem Rundblick die lichtempfindlichen Augen beschatten, denn die Sonne stach von einem wolkenlosen Himmel herab, was für ihn je nach Stand peinigend war. Dafür sah er nachts besser als jeder Mensch, sogar als seine Muhmen.
    Kleine, schilfbewachsene Weiher und verträumte Seen glitzerten im Frühlingslicht. Obstbäume zogen sich rund um die Felder und bis zu entfernten Hügeln, prall und schwer von Knospen; sie standen kurz vor dem Öffnen. Bald würde die Luft unvergleichlich süß duften, und es würde violette, rote, weiße und gelbe Blütenblätter regnen, wohin man auch ging. Alte, dunkle Wälder und lichte Haine wechselten sich gen Horizont ab, und Karrenwege führten hindurch, deren schlängelnde braune Einschnitte von hier aus gut sichtbar waren.
    Nur sehr selten einmal verirrte sich ein Wanderer in dieses abgeschiedene, friedliche Tal,
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