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Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier

Titel: Die Chroniken von Ninavel – Die Blutmagier
Autoren: Courtney Schafer
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Weiterreden. Solange er sich bei Fragen aufhielt, die für einen Lehrling aus einem Innenstadtviertel angemessen klangen, sollte er mich ruhig löchern. »Was du heute früh erwähntest   … steigst du wirklich allein dort hinauf?«
    »Jep.«
    Er bekam Augen wie eine Schneeeule. »Aber warum?«
    »Im Frühjahr und im Spätherbst ist ein Handelszug auf Kletterer angewiesen. Im Sommer nicht, da kommt man ohne Schwierigkeiten übers Gebirge. Aber ein Mann muss das ganze Jahr über essen.« Ich machte mir nicht die Mühe, ihm den wahren Grund für meine Alleingänge zu erklären. Für mich gab es nichts Schöneres, als den Sommer über im Weißfeuergebirge zu klettern. Ich hatte es längst aufgegeben, meinen Freunden in der Stadt die Anziehungskraft der Gipfel nahebringen zu wollen. Die meisten fanden, ich sei verrückter als ein tollwütiger Kitfuchs.
    »Aber   …« Er zog die Stirn kraus. »Wie verdienst du dann Geld, wenn nicht bei den Handelszügen?«
    »In diesen Bergen gibt es vieles, was Geld bringt, wenn man weiß, wo man suchen muss.« Seine verständnislose Miene änderte sich nicht, darum erzählte ich weiter. »Zum Beispiel Karkabonsteine. Amuletthändler zahlen gut für jeden größeren Stein, mit dem sich die Kraft eines Amuletts verstärken lässt. Die Steilfelsen hier sind damit gespickt. Nobelleute gieren nach Torfbeeren, Hebammen wollen Jullanblätter   – du verstehst schon. Ich finde das Zeug, bringe es in die Stadt, verkaufe es und rüste mich neu aus, um wieder loszuziehen. Das tue ich, bis die Winterstürme einsetzen. Dann geht keiner mehr dort rauf.«
    »Oh! Ich wusste gar nicht –« Er brach scharf ab und versuchte, das zu überspielen, indem er weiterplapperte. »Was tust du während des Winters?«
    Falls er sagen wollte, er hätte nicht gewusst, wo die Torfbeeren herkommen, die zu den Delikatessen der Reichen zählen, dann hatte er, Khalmet sei Dank, gerade noch rechtzeitig die Klappe gehalten. Der alte Harken tat nicht mal mehr so, als schliefe er. Ich bemerkte, dass Kiran noch auf meine Antwort wartete.
    »Wenn der Sommer einigermaßen einträglich ist, brauche ich den Winter über nichts zu tun.« Was nicht ganz gelogen war. Aber ganz sicher würde ich ihm nicht auf die Nase binden, was ich im Verborgenen trieb. Erst recht nicht, da dies bisher alles Jylla betraf.
    »Heda, Dev!« Cara kam im Galopp aus der sich legenden Staubwolke.
    Na endlich. »Los, Kellan.« Ich wartete ungeduldig, bis Kiran auf sein Pferd gestiegen war. »Stehe in deiner Schuld«, murmelte ich Cara zu.
    Sie sprang auf das Trittbrett des Wagens. »Ich weiß.« Ihr selbstgefälliges Lächeln sagte, sie würde das auch nicht vergessen. »Viel Spaß, Jungs«, rief sie mit einer spöttischen Geste.
    Ich ließ Kiran vor mir her reiten, als wollte ich beobachten, wie er mit dem Tier umging. In Wirklichkeit wollte ich sehen, wie die Kutscher auf ihn reagierten, die die schwer beladenen Wagen an uns vorbeilenkten. Mehrere zogen den Hut vor mir, doch ihr Blick ging an Kiran vorbei, als wäre er gar nicht vorhanden. Sein Sieh-weg-Amulett wirkte also.
    Pellos Wagen war der zweite von fünfen, die mit dem Zirkel und Hammer des Hauses Horavin gekennzeichnet waren, fast am Ende des Zuges. Er saß vornübergebeugt auf dem Kutschbock, die Zügel locker in der Hand, und musterte Kiran mit unverhohlener Neugier, als wir uns näherten. Das Amulett wirkte bei ihm offenbar nicht. Kiran rückte unbehaglich im Sattel hinund her und warf mir einen Blick zu. Ich beschwor ihn stumm, sich still zu verhalten.
    »Dev, hätte nicht gedacht, einen Mann wie dich mit einem Lehrling zu sehen«, rief Pello aus.
    »Es gibt für alles ein erstes Mal, Pello.« Ich hatte auf einen Hinweis gehofft, ob seine Neugier gezielt Kiran galt oder ob sie der allgemeinen Wissbegier des Schattens entsprang, und nun hatte ich einen bekommen. Wäre er engagiert worden, um unser Vorhaben auszuspionieren, würde er nicht so offensichtlich vorgehen. Außer er hätte meine Absicht erraten und spielte entsprechend meinen Vermutungen? Ich fluchte im Stillen. Solche Gedankenspiele waren immer Jyllas Spezialität gewesen, nicht meine.
    Die Erinnerung daran verbesserte meine Laune nicht. Den weiteren Ritt entlang des Zuges über stierte ich böse auf Kirans Rücken. Sowie wir den letzten Wagen passiert hatten, bog ich vom Weg ab in eine Schmelzrinne, deren steile Hänge mit stachligen Schwarzbüschen gesprenkelt waren. Der sirupsüße Geruch, den die Zweige in der
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