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Die Chroniken von Blarnia

Die Chroniken von Blarnia

Titel: Die Chroniken von Blarnia
Autoren: Michael Gerber
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Erwachsenen.
    Da Herrschsucht und Geisteskrankheit nahe beieinander liegen, fiel es ihren Untertanen schwer, die vier Staatsoberhäupter auseinander zu halten. Daher gaben sie jedem der Monarchen einen Spitznamen, zum Beispiel wurde Pete König Pete der Schießwütige genannt. Königin Sue die Vernagelte bildete ein gutes Gegengewicht zu ihrem großen Bruder, dessen überschäumende Energie und verrückte Ideen sie mit einem ermüdenden Pragmatismus konterkarierte, der den Willen eines jeden brach, der sich ihr Gelaber anhörte.
    Dann war da noch König Ed der Habgierige. 9 König Ed kämpfte jahrelang gegen die Angewohnheit der Blamier an, ein Konsumgut für wertvoll zu erklären und dann genau in dem Moment ihre Meinung zu ändern, wenn Ed sich einen großen Vorrat davon zugelegt hatte. Und schließlich war da Königin Loo die zu Meidende. Je älter sie wurde, desto ernsthafter wurden ihre Versuche, den Löffel abzugeben. Die jahrelangen Fehlschläge ließen sie zu immer drastischeren Methoden greifen, und die Zahl unschuldiger Opfer erreichte schwindelerregende Höhen. Leider hatte der ständige Kontakt mit Asthmas nach Trockenfutter stinkendem Atem sie praktisch unsterblich gemacht, und so war ihr Leben ein melancholischer Reigen aus erfolglosen Versuchen, sich umzubringen, und zunehmend stereotypen Entschuldigungen dafür, dass sie dabei andere über die Klinge springen ließ. Die Leute begannen sie zu meiden, sogar ihre Hofdamen. Und wer wollte ihnen das verübeln? Es macht einen ganz schön fertig, ein ums andere Mal zu sehen, wie die eigene Königin herzhaft fluchend an einem selbst gebastelten Galgen baumelt (dort »schlief« Loo jede Nacht) und nach jemandem ruft, der ihr herunterhilft. Die Einsamkeit und die ständigen Fehlschläge machten sie noch unglücklicher, was sie wiederum dazu veranlasste, sich noch mehr ins Zeug zu legen. Aus diesem Teufelskreis konnte die arme Loo nur mit Hilfe von Drogen ausbrechen, und daher wurde sie in Königin Loo die Benebelte umgetauft.
    Eines Morgens, als die Perversies schon seit geraumer Zeit an der Macht waren, mussten sie (zum x-ten Mal) eine gewisse Übelkeit erregende Notwendigkeit besprechen.
    »Ich möchte Eure Hoheiten daran erinnern, dass Ihr sterblich seid und daher nicht ewig leben werdet«, sagte ihr Haushofmeister, eine große Schildkröte. »Die Frage nach einem Erben muss geregelt werden.«
    »Mich dünkt, mit >geregelt< geruhst du einem von uns die Vereinigung mit einem seiner abscheulichen Geschwister nahe zu legen«, sagte Königin Sue.
    König Pete meldete sich zu Wort: »Wahrlich, die Vorstellung allein lässt mich noch einmal das fettige Arom meines Frühstücks erahnen.« Jetzt, da sie Monarchen waren, redeten die Kinder wie irgendwelche Volltrottel aus Shakespeares Zeiten. (Außer ihnen tat das niemand, doch sie glaubten wohl, sie könnten damit ihre niedere Herkunft wettmachen.) Es war peinlich, aber sie hatten nun mal das Sagen.
    »Haltet ein!«, rief Ed aus. »Ich spüre schon, wie die ersten Vorboten jener Substanzen mir die Geschmacksknospen lähmen!«
    Zum Glück platzte der Faun ins Zimmer, bevor diese eklige Konversation fortgesetzt werden konnte. Er war inzwischen viel älter geworden: Seine menschliche Hälfte war ein bisschen gichtig und seine Ziegenhälfte sogar noch ziegiger. Alles in allem gab er ein ziemlich trauriges Bild ab. Naomi, die Biberin, hatte ihm zwei klobige Armprothesen geschnitzt, die waagerecht in die Luft ragten wie die Tragflächen eines Flugzeugs.
    »Eure Majestäten... Umpf! Ich bringe Neuigkeiten. UMPF!« Seine Flügelspannweite war so groß, dass er nicht durch die Tür passte.
    »Dreh dich zur Seite, Dummnuss«, riet ihm Königin Sue, »bevor du vor die Throne trittst.«
    Dummnuss hörte auf, gegen den Türrahmen anzurennen, trat zurück und betrat das Zimmer seitwärts. »Natürlich, wie dumm von mir.« Er wandte sich den Monarchen zu und knallte einem Leibgardisten seinen linken Arm gegen den Kopf. »Oh! Entschuldigung!« Er drehte sich um, um dem Gestürzten aufzuhelfen, doch dabei fegte sein anderer Arm eine unbezahlbare Vase von einem Sockel neben ihm. »Oh, verdammt! Es tut mir so Leid, Eure Majestäten.« Eine Hofdame erschien mit einem Kehrblech. »Komm, ich helf dir...« Dummnuss bückte sich, und sein gegenüberliegender Arm lüpfte die bauschigen Röcke einer anderen Hofdame. Sie stieß einen Schrei aus, und König Pete wurde sauer.
    »Ich konnte dich noch nie leiden, du Hundsfott von knorriger
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