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Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser

Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser

Titel: Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser
Autoren: David B. Coe
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Freunde glauben, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ein neuer Angriff aus Lon-Ser erfolgen wird ...

1
     
    W enn ich die Verhöre, die ich mit Baram, dem Mann aus Lon-Ser, geführt habe, zusammenfasse, dann muss ich leider annehmen, dass weitere Begegnungen mit aggressiven Eindringlingen aus Lon-Ser unvermeidlich sein werden. Die Bedingungen in Lon-Ser, die schließlich zu diesem ersten Versuch geführt haben, den Orden zu vernichten und die Macht in Tobyn-Ser an sich zu reißen, plagen das Land schon seit mehr als zwei Jahrhunderten und wurden im Lauf der Zeit immer schlimmer. Sie werden in der Zwischenzeit nicht verschwunden sein. Es ist eher anzunehmen, dass sich in den vergangenen vier Jahren das Interesse von Barams Auftraggebern, etwas zu unternehmen, noch verstärkt hat. Daher liegt es nun an uns, die Umstände unserer nächsten Begegnung mit ihnen auszuwählen: Sollen wir darauf warten, bis sie das nächste Mal zuschlagen und damit riskieren, dass wir nicht im Stande sein werden, uns gegen ihre Angriffe zu wehren? Oder handeln wir als Erste und legen damit selbst die Bedingungen für die Konfrontation fest? Zweifellos wird niemand, der mich kennt, überrascht sein, dass ich mich für das Letztere ausspreche.
    Aus Kapitel Neun des »Berichts von Eulenmeister Baden über seine Verhöre des Ausländers Baram«, vorgelegt auf der 1014. Versammlung des Ordens der Magier und Meister, im Frühjahr des Gottesjahres 4625.
     
    Schon das Papier an sich stellte eine Botschaft dar: makellos weiß, die Kanten so gerade wie Sonnenstrahlen und so scharf, dass man sich daran schneiden konnte. Der Brief war im ersten Morgenlicht in der Großen Halle von Amarid eingetroffen - abgeliefert, wie man Sonel informierte, von einem Kaufmann aus Abborij, der damit über Aricks Meer, durch die Meerenge von Abborij und um die Nordostspitze von Tobyn-Ser in Ducleas Meer gesegelt war. Aber obwohl der Brief eine so weite Entfernung zurückgelegt hatte, war er immer noch präzise in einem schmalen Zylinder aufgerollt und mit einem glänzenden goldenen Seidenband gebunden. Tatsächlich wirkte er so elegant, so unnatürlich vollkommen, dass Sonel, noch bevor sie die beleidigend knappe Antwort auf ihren eigenen Brief las, gewusst hatte, was dort in dieser kunstvollen, makellosen Schrift geschrieben stand. Sie musste wieder an ihren eigenen Brief denken und verzog verlegen das Gesicht. Sie hatte das beste Pergament im Land benutzt, sich die Mitarbeit des besten Schreibers in Amarid gesichert und ihren Brief mit einem Band aus der feinen blauen Seide gebunden, die für alle Briefe des Ordens verwendet wurde. Aber im Vergleich mit dieser Antwort aus Lon-Ser verblasste nun das Bild ihres eigenen Briefes und schien zu welken. In Sonels Erinnerung sah das Pergament nun grob und schmuddelig aus, die Schrift ungelenk und ungleichmäßig, die blaue Seide bäurisch und unangemessen. Der Brief der Herrscher von Lon-Ser schien ihre Anstrengungen zu verhöhnen. Und darum ging es selbstverständlich auch. Die Worte, die in so klarer Schrift unter dem goldenen Siegel des Herrscherrats von Lon-Ser standen, machten das mehr als deutlich:
     
    Eulenweise Sonel -
    betreffend deinen Brief vom vergangenen Winter: Wir haben keinerlei Kenntnis von den Ereignissen, die du beschreibst, und wir wünschen auch nicht, in etwas verwickelt zu werden, das für uns vollkommen wie eine der internen Streitigkeiten aussieht, wie sie in Tobyn-Ser nun einmal üblich sind.
     
    Das war alles, bis auf das Datum, das in einer Weise berechnet war, die Sonel nichts sagte, und ein zweites Siegel in goldenem Wachs unterhalb des Textes.
    Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück und schloss die Augen. In der Luft hing der Duft des süßen Brotes und des Shan-Tees, der auf dem niedrigen Tisch vor ihr stand, immer noch unberührt und inzwischen vermutlich kalt. Der Morgen war schon zur Hälfte vergangen, und sie konnte sich immer noch nicht dazu aufraffen, sich zu rühren. Basya war schon zweimal hereingekommen und hatte sie gedrängt, etwas zu essen, und ihr angeboten, bei den Vorbereitungen für die morgige Versammlung zu helfen, und zweimal hatte Sonel sie weggeschickt. Ein drittes Mal stand wahrscheinlich kurz bevor. Wieder las sie den Brief, wie sie es vermutlich schon ein Dutzend Mal getan hatte. Es war eine Ablehnung, kühl und verächtlich. Nicht mehr und nicht weniger. Sie war nicht sicher, was sie erwartet hatte, obwohl es bestimmt nicht viel gewesen war. Mehr als dies hier
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