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Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser

Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser

Titel: Die Chroniken von Amarid 03 - Das dunkle Herz von Lon Ser
Autoren: David B. Coe
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Ende hatte. Und genau dadurch wurde das, was Melyor heute getan hatte, nur noch erstaunlicher. Seit Jahren waren sie beide in einen fortwährenden Wettbewerb der Schlauheit und Tücke verwickelt. Jede ihrer Begegnungen war eine Art Kampf gewesen, und Melyor hatte sich sehr zu Cedrychs Zufriedenheit jedes Mal als größere Herausforderung erwiesen. Aber heute hatte sie ihn zum ersten Mal geschlagen, und das war eine ganz andere und vollkommen inakzeptable Sache. Er hatte sie fragen wollen, woher sie von dem Zauberer wusste. Wie war es möglich, dass sie Jibb und seine Männer geschickt hatte, um den Mann zu töten, während Cedrych erst gestern von der Ankunft des Fremden im Nal erfahren hatte, nur Stunden vor dem Hinterhalt? Er musste es wissen. Er hatte niemals vorgehabt, sie gehen zu lassen, bevor er eine Erklärung gefordert und erhalten hatte. Und dennoch war sie nun weg, und er hatte sie noch nicht einmal gefragt. Mit ihrer Tücke, ihrem Charme und ihrem ausgewählten Einsatz der Wahrheit war sie der Angelegenheit vollkommen aus dem Weg gegangen.
    Und das hatte sie mit Absicht getan. Daran zweifelte er nicht. Was wiederum die Frage nach dem Warum aufwarf. Seit sie Nal-Lord geworden war, hatte Cedrych über Melyors Voraussicht gestaunt: ihre verblüffende Fähigkeit, die Fehler ihrer Feinde im Voraus zu erkennen oder sich in die richtige Position zu bringen, um von scheinbar unvorhersehbaren Gelegenheiten zu profitieren. Das hatte gezeigt, dass sie etwas Besonderes war, noch bevor sie sich als einer seiner besten Nal-Lords erwies. Aber er hatte nie gefragt, woher diese Erfolge kamen. Diese letzte Geschichte um den Zauberer jedoch war zu ungewöhnlich, um einfach nur Melyors offensichtlicher Intelligenz oder schlicht dem Glück zugeschrieben werden zu können. Es musste eine andere Erklärung geben.
    Es war möglich, dass sie ein Spionagenetz besaß, das dem seinen gleichkam, aber Cedrych bezweifelte das. Wenn so etwas existierte, dann hätte er schon längst davon erfahren. Damit blieben nur noch zwei Möglichkeiten. Sie hatte entweder mit dem Zauberer oder anderen Personen in Tobyn-Ser in Verbindung gestanden, die sie von dem bevorstehenden Eintreffen des Mannes unterrichtet hatten, was bedeutete, dass sie die Initiative und Cedrych selbst verraten hatte. Aber eine solche Theorie warf etliche Probleme auf. Wie konnte jemand in Tobyn-Ser sich mit ihr in Verbindung gesetzt haben, wenn man bedachte, dass es diesem Land vollkommen an entwickelter Technologie fehlte? Wenn sie sich tatsächlich eines Kommunikationsgeräts bemächtigt hatten, vielleicht eines jener Geräte, die Calbyr und seine Leute benutzt hatten, warum sollten sie dann mit einem Nal-Lord kommunizieren? Warum nicht mit einem Oberlord oder wahrscheinlicher noch mit einem der Herrscher? Und wenn sie sich, aus welchem Grund auch immer, dennoch mit Melyor in Verbindung gesetzt hatten, warum hatten die Sensoren des Ausbildungszentrums das dann nicht wahrgenommen? Zu viele Fragen. Cedrych schüttelte den Kopf, als er zu den grauen Wolken hinausschaute, die tief über den grauen Gebäuden des Nal hingen. Nein, das war unmöglich.
    Also wandte er sich abermals widerstrebend und mit einer gewissen Furcht der anderen Erklärung zu, der einzigen, die noch blieb: Melyor hatte von der Ankunft des Zauberers erfahren, weil sie über ... übernatürliche Begabungen verfugte. Das war im Grunde ein schlüssigerer Gedanke als der, dass sie die Initiative verraten oder die Mittel hatte, ein Spionagenetz über das gesamte Nal zu ziehen. Tatsächlich erklärte es so vieles, was in den vergangenen vier Jahren in Cedrychs Herrschaftsgebiet geschehen war, dass der Oberlord überrascht war, dass er nicht schon viel früher daran gedacht hatte.
    Melyor war eine Gildriitin. Aber selbstverständlich! Und als solche war sie sowohl die wertvollste Untergebene, die er jemals gehabt hatte, als auch die gefährlichste. Zumindest im Augenblick war sie so nützlich, dass er sie am Leben lassen würde, trotz des Risikos, das sie darstellte. Er brauchte ihre Hilfe, um herauszufinden, warum der Zauberer nach Lon-Ser gekommen und wie groß die Gefahr für seine Initiative war. Und Cedrych konnte es sich kaum leisten, einen weiteren Bandenführer zeitraubend einzuarbeiten, der dann die Mission in Tobyn-Ser fortsetzen würde. Aber am Ende würde er sie töten müssen. Wenn die Initiative Erfolg hatte, würde sie keine Untergebene mehr sein. Sie wäre eine Rivalin, die Einzige, bei der er
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