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Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Titel: Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)
Autoren: Gesa Schwartz
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Vergeltung anbefohlen, und sie war es gewesen, die seine Wunden verschlossen hatte mit jenen drei Worten, die seine Macht noch immer begründeten. Wie damals streckte Pherodos auch jetzt den Arm aus und betrachtete den goldenen Glanz, der seine Hand zur Klaue formte und sich zu einem Feuer entfachte, das keine Macht der Welt bezwingen würde. Die Flammen zogen sich über seinen Körper, sie erschufen ihn neu und schenkten ihm Augen aus Feuer, und als er in die Glut seiner Faust schaute, empfand er den Schmerz, der sich in diesen Momenten in die Haut seines Herrn brannte. Die Kraft der Hölle lag in Ketten, und da tauchte ein Gesicht in den Flammen auf. Ein Mensch war es, ein Junge mit dunklem Haar und hellen Augen, und Pherodos grub die Nägel in die Glut. Schatten krochen durch seine Finger, während seine Klaue sich um die Kehle des Jungen schloss. Sollte der Wurm eines Menschen versuchen, ins Reich der Finsternis hinabzutauchen – Pherodos würde ihn finden. Er würde ihn so tief hinunterziehen, dass er nicht mehr wusste, was Licht überhaupt war, und dann würde er ihn lehren, was …
    Die goldene Stimme unterbrach seine Gedanken. Sie rief nach ihm, doch sie nannte noch drei weitere Namen – Namen, die er lange nicht mehr gehört hatte, da er ihren Klang in seinem Reich nicht duldete. Nun jedoch ertrug er ihren Widerhall in seinem geschundenen Leib. Die Zeit war gekommen, da sie sich gemeinsam erheben sollten. Pherodos’ Zorn brachte das Gesicht des Jungen zum Erlöschen. Das Reich der Flammen mochte gefallen sein – doch dies war nicht das Ende. Er würde zurückkehren in das Licht, von dem er geglaubt hatte, es für alle Zeit hinter sich gelassen zu haben, und er würde nicht allein reisen. Er würde begleitet werden von jenen, deren Reiche ebenso zerschmettert worden waren wie sein eigenes. Die Könige der Nacht würden wiederauferstehen!
    Er sah seinen Fürsten lächeln, ehe das Bild in den Schatten versank. Und vielleicht war es dieses Lächeln, das sich eisern um Pherodos’ Herz schloss. Übermächtig kehrte der Schmerz zu ihm zurück. Kurz sah er die Ruinen seines einstigen Reiches vor sich, die Trümmer der Feste, die wie abgenagte Skelette in der Dämmerung aufragten, hörte den Donner, der den Boden zum Beben brachte, und roch den Gestank des Morasts, in dessen Furchen sich der Regen sammelte. Doch noch etwas anderes durchzog die Erde, etwas wie ein Lachen vielleicht. Dann war es still. Das Wasser färbte sich langsam rot, und Pherodos grub die Klauen in die Nacht, die ihn umgab. Er meinte, sie bluten zu fühlen, und die Lust an ihrer Qual überdeckte seinen Schmerz. Er zog sich hinauf, durchdrang das Erdreich, das ihn begraben hatte, und folgte der Hitze des Feuers auf seiner Haut und dem Geschmack des Blutes in seinem Mund. Er folgte dem Ruf seines Herrn.
    Mit einem Schrei, der die Stille in Fetzen riss, brach er aus dem Morast. Der Regen brannte auf seiner Haut, aber seine Klauen krallten sich in Schlamm und faulendes Fleisch. Die Knochen der Leichen barsten zwischen seinen Fingern, und er zog sich an den Haaren der Toten weiter. Langsam schleppte er sich der Asche, der Hitze und dem Rauch entgegen, drehte sich auf den Rücken und blieb dann liegen, keuchend und nackt, als wäre er tatsächlich gerade aus dem verrottenden Leib einer Menschenfrau gekrochen. Dumpf pulste sein Herzschlag durch den Boden, er fühlte ihn wie boshafte Hiebe. Wie viele Schlachten hatte er geschlagen auf dieser Erde, wie viele Engel, Dämonen und Menschen hatte er mit bloßen Händen zerrissen und ihr Blut in seiner Wüste vergossen, wie oft war er gestorben und wiedergekehrt aus der Glut seines Feuers? Er hatte die Unendlichkeit erlebt, er wusste, was die Ewigkeit bedeutete – und nie, nie hatte es an diesem Ort geregnet. Langsam grub er seine blutigen Finger in die Erde. Er hatte den Regen schon immer gehasst, diesen nagenden Geist der Nässe, und eines war sicher: Solange er das Feuer hinter seinen geschlossenen Lidern fühlte, gab es keinen Platz dafür im Ersten Kreis!
    Die Tropfen verdampften auf seinem Leib, als er sich aus dem Morast erhob. Er ballte die Fäuste, der Regen verwandelte sich in glühende Funken. Pherodos formte sie zu Strömen aus Feuer – donnernd fuhren sie in seinen Körper ein, hoben ihn empor und ließen ihn über der einstigen Wüste schweben. Die Funken fluteten seine Glieder, er hörte, wie sie seine Knochen richteten und seine Wunden heilten, und als sich neues Fleisch bildete und neue
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