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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ungeschickt an, dass er das Gleichgewicht verlor und einen hastigen, langen Schritt zur Seite machen musste. Unglücklicherweise prallte er dabei gegen einen der Männer neben sich, der prompt zu Boden ging. Zu allem Überfluss war er dabei auch noch ungeschickt genug, den zappelnden Mann loszulassen – der die Gelegenheit beim Schopf ergriff und mit erstaunlicher Behändigkeit davonrannte … und das musste er auch, denn mehr als nur ein Mann setzte unverzüglich zu seiner Verfolgung an.
    »Und das Wunder wird immer größer«, sagte Abu Dun in erstauntem Ton. »Er rennt wie ein Zwanzigjähriger. Dabei sah er aus, als wäre er mindestens hundert!«
    Andrej bemerkte aus den Augenwinkeln eine Bewegung, streckte rasch den Arm aus und hielt die Schwarzhaarige an der Schulter fest, als sie ebenfalls ihr Heil in der Flucht suchen wollte. »Nicht so schnell, Mädchen«, sagte er. »Wir haben da noch ein paar Dinge zu besprechen.«
    Das Mädchen gab einen Laut wie eine zornige Katze von sich, wand sich unter seinem Griff und bearbeitete seinen Handrücken mit Fingernägeln, scharf wie Barbiermesser und beinahe genauso hart. Dennoch ließ Andrej sie gewähren. Seine Hand blutete und sah nicht nur so aus, als hätte ein Löwe darauf herum gekaut, sondern fühlte sich auch fast so an, als sie schließlich davon abließ. Das Mädchen gefiel ihm, auch wenn der brennende Schmerz in seiner Hand das Vergnügen ihres Anblickes doch arg trübte.
    »Wenn du endlich fertig bist, dann können wir jetzt vielleicht reden«, sagte er.
    »Liefert sie uns aus!«, sagte eine herrische Stimme hinter ihm. »Sie ist eine Betrügerin!«
    Andrej drehte sich betont langsam herum, darauf gefasst, einen der erbosten Zuschauer zu sehen, die zwar bisher um nichts betrogen worden waren, sich aber offenbar so fühlten. Der aufgebrachte Mann war fast eine Handbreit größer als er und ungewöhnlich kräftig gebaut für einen Osmanen, was auch der Grund dafür sein mochte, dass er sich nicht die geringste Mühe gab, den Zorn in seinen Augen zu unterdrücken.
    Überrascht sah Andrej, dass er einen Harnisch, ein Schild und einen hohen bronzefarbenen Helm trug, von dem ein dunkelblaues Band herabhing, und in der anderen Hand einen Speer. Außerdem war er nicht allein. Schräg hinter ihm stand ein zweiter, etwas kleinerer Mann, der auf die gleiche Art wie er gekleidet war.
    »Sprichst du mit mir?«, fragte Andrej betont kühl.
    »Allerdings, Ungläubiger«, antwortete der Soldat. »Liefere uns das Mädchen aus!«
    »Warum?«, fragte Andrej.
    Der Mann war so wütend, dass Andrej beinahe überrascht war, als er tatsächlich antwortete. »Ich weiß nicht, was dich das angeht, Ungläubiger, aber ich sage es dir trotzdem.
    Sie und ihr Komplize sind Betrüger, die wir schon lange suchen. Übergib sie uns. Wir wissen, wie mit solchen wie ihr zu verfahren ist.«
    Andrej machte nur ein nachdenkliches Gesicht, und hinter ihm grollte Abu Dun: »Und wenn nicht?«
    Der Soldat setzte zu einer scharfen Entgegnung an und klappte den Mund dann wieder zu, ohne ein Wort gesagt zu haben. Andrej musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Abu Dun jetzt mit vor der Brust verschränkten Armen hinter ihm stand und auf den Soldaten herab lächelte, vermutlich wie eine große, zufriedene Katze, die eine Maus betrachtete.
    Er musste selbst ein Lächeln unterdrücken, war aber auch leicht besorgt. Der Soldat und sein Kamerad waren keine Gefahr, aber sie waren nicht nach Konstantinopel gekommen, um hier sofort wieder aufzufallen. Zu seiner Erleichterung setzte der Mann zwar eine grimmige Miene auf, machte aber auch einen demonstrativen halben Schritt zurück. »Ganz wie du meinst«, sagte er. »Aber es ist niemals klug, die falsche Partei zu ergreifen.«
    »Das werde ich mir zu Herzen nehmen«, versprach Andrej. Der Soldat sah ihn einen Moment lang mit einer Mischung aus Zorn, Furcht und noch etwas an, das er zwar nicht genau definieren konnte, das ihm aber ganz und gar nicht gefiel, dann nickte er knapp, fuhr auf dem Absatz herum und stürmte zusammen mit seinem Kameraden davon. »Das ging schnell«, sagte Abu Dun. Er klang fast ein bisschen enttäuscht. »Was man sich über die Soldaten des Sultans erzählt, scheint mir doch hoffnungslos übertrieben zu sein.«
    Die Soldaten des Sultans? So viel zu ihrem Vorsatz, sich möglichst unauffällig zu verhalten, solange sie in Konstantinopel waren. Er wandte sich wieder dem dunkelhaarigen Mädchen zu. Sie hatte die Szene aufmerksam
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