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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben
Autoren: Joseph Wambaugh
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abgeleistet, war aber nicht im Krieg gewesen. Slate, Wright und Pratt waren nicht beim Militär gewesen. Whalen hatte – kaum zu glauben, aber wahr – am Zweiten Weltkrieg ebenso teilgenommen wie an den Kriegen in Korea und Vietnam.
    Neun hatten das College besucht, und die meisten hatten sich auch um einen Abschluß bemüht. Drei von ihnen hatten bereits ein Baccalaureat: Bloomguard in Betriebswirtschaft, Niles in Politischen Wissenschaften, Slate in Klassischer Literatur. Die meisten bemühten sich um einen Abschluß in Polizeikunde oder Rechtswissenschaften. Whalen hatte nie ein College besucht.
    Mit Ausnahme von Herbert Whalen, zweiundfünfzig und Spencer van Moot, vierzig, handelte es sich ausnahmslos um junge Männer, alle offensichtlich bester Gesundheit.
    Kurz gesagt, diese Zusammenfassung besagte so gut wie gar nichts. Dr. Moody schrieb sie, las sie noch einmal durch und warf sie dann in seinen Papierkorb. Er hatte gehofft, aufgrund seiner Untersuchungen die Behauptung aufstellen zu können, daß Polizisten eine effektive Präventivbehandlung gegen berufsbedingte psychische Störungen zustand.
    Sehr gern hätte er sich mit Officer Niles' bestem Freund, Officer Bloomguard, in Verbindung gesetzt, der am Morgen nach dem Vorfall seinen Dienst quittiert hatte. Und er hätte sich gern mit den Ärzten im General Hospital unterhalten, wo Niles behandelt wurde. Und vor allem hätte er gern Niles selbst gesehen. Er wurde den Verdacht nicht los, daß mehr hinter diesem Vorfall steckte, als die Direktion wußte. Er argwöhnte, daß der Selbstmord von Officer Baxter Slate in irgendeiner Weise mit dem tödlichen Vorfall im Park zu tun hatte.
    Aber Dr. Moody ging wieder dazu über, eine harmlose Kolumne für die harmlose Polizeizeitschrift zu verfassen. Die Polizeidirektion hatte etwas für Leute übrig, die sich anzupassen wußten. Und er hatte einen geruhsamen und angenehmen Job, den er nur ungern verloren hätte.
    Gerade als Chief Lynch dachte, alles würde völlig reibungslos ablaufen, schaltete Spencer van Moot auf stur. Da er während der Schießerei bewußtlos gewesen war, fand er eine sechsmonatige Suspendierung etwas unangemessen. Deshalb erklärte er sich vor dem Untersuchungsausschuß für nicht schuldig. Pater Willie Wright folgte seinem Beispiel, als er hörte, daß Spencer sich nicht schuldig bekannt hatte – und als er sich eingehender ausmalte, was ein halbes Jahr ohne Gehalt für ihn bedeuten würde.
    Einige behaupteten, sie hätten in einem Fall, in dem es um eine mögliche Entlassung ging, die Untersuchungsausschüsse noch nie so rasch arbeiten sehen. Die Zeugen wurden in zwei Stunden verhört. Spermwhale Whalen war für den Vertreter der Direktion der Kronzeuge. Er wirkte grau und zitterte, als er gegen seine Kameraden aussagte. Seit dem Vorfall hatte er zwanzig Pfund abgenommen. Es wirkte mit einem Mal weich. Und alt.
    Theoretisch handelt es sich bei den Verhandlungen der Untersuchungsausschüsse um unvoreingenommene Vernehmungen vor höhergestellten Beamten vom Rang eines Captain aufwärts. Aber wie in jedem hierarchischen System, besonders in einem, das nach militärischen Gesichtspunkten aufgebaut ist, wußten die Captains sehr wohl über die Wünsche von Assistant Chief Buster Llewellyn Bescheid, der nur dem Großen Häuptling und Gott persönlich Rechenschaft schuldig war. Und so kannten sie auch die Wünsche von Deputy Chief Adrian Lynch, der nur auf Assistant Chief Llewellyn und Theda Günther ansprach, welche sich durch die Art, wie er mit Spermwhale Whalen umgesprungen war und dann diese entsetzliche Orgie im Park aufgedeckt hatte, dermaßen beeindruckt und erregt zeigte, daß sie es eines Nachmittags in seinem Büro mit ihm trieb, wobei sie diesmal seiner Schreibtischauflage einen Fleck verpaßte und sein Toupet in Fetzen riß. Sein Haarteil sah danach aus, als wäre ein ganzer Schwarm Motten darüber hergefallen. Es saß wie ein totes Eichhörnchen auf seinem Kopf. Als es Zeit war, zu seiner Frau nach Hause zu fahren, mußte er das Polizeigebäude deshalb mit einer Golfkappe verlassen.
    Spencer wurde für schuldig befunden, Ermittlungsbeamte belogen und Beweismaterial zurückgehalten zu haben. Sein Verteidiger, Lieutenant Rudy Ortiz, bat um Milde. Sergeant Nick Yanov bezeugte Spencers guten Charakter und seine dienstlichen Leistungen. Aber es galt, ein Exempel zu statuieren. Diesen Singstunden mußte auf jeden Fall ein Riegel vorgeschoben werden. Spencer van Moot wurde in Rekordzeit
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