Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Chance seines Lebens

Die Chance seines Lebens

Titel: Die Chance seines Lebens
Autoren: Silvia Busch
Vom Netzwerk:
dass die betreffenden Schüler ihr Abitur machten. Dies soll ein Anreiz für die Schüler an den Hauptschulen sein. Sie wusste, dass diese Schüler die größte Chance ihres Lebens erhalten würden. Die Wartelisten waren lang, und nur wenige konnten ein Musikstudium aufnehmen. Nur, wer könnte die Möglichkeit bekommen? Frau Sommer redete eine Stunde lang und stellte den Wettbewerb den Schülern vor. Die Auswahl der Schüler sollte nach dem regulären Unterricht in der Schule stattfinden. Es könnte sich jeder bewerben, der musikalisch oder tänzerisch in irgendeiner Form begabt wäre. „Und ich sage euch gleich, der Unterricht ist hart. Ich dulde keine Ausfälle und keine Störungen. Wer sich nicht daran hält, der fliegt! Ihr könnt euch das überlegen, und morgen nach dem Unterricht könnt ihr euch in der Aula melden.“
    Eine heftige Diskussion entbrannte zwischen den Schülern.
    In Fabians Kopf arbeitete es, tausend Fragen stürmten darin herum. Er meldete sich und fragte: „Muss man sein eigenes Instrument mitbringen?“
    Frau Sommer nickte: „Ein Instrument spielt man ja nur gut, wenn man auch ein eigenes zum Üben hat, das sollte man auf jeden Fall auch mitbringen. Außerdem stehen uns nicht so viele Möglichkeiten offen.“
    Fabian wusste genau, jetzt bekam er die Chance, auf die er schon immer gewartet hatte, die musste er unbedingt nutzen.
    Aber würde er auch das Abitur schaffen? Konnte er die Voraussetzung für die Qualifikation überhaupt erfüllen? Er musste es einfach schaffen. Nico verfolgte das Geschehen überhaupt nicht. Ihm war es egal; er konnte weder singen, tanzen noch ein Instrument spielen. Aber er spitzte die Ohren, als Fabian seine Frage stellte.
    „Quasimodo, du kannst ein Instrument spielen? Hast du ein Waschbrett zu Hause?“, dröhnend lachte er über seinen eigenen Scherz.
    Fabian wurde rot. Es war ihm aber gleichgültig, sollte er eben lachen.
    Es war die letzte Stunde am Tag, alle strömten nach Hause.
    Lachend winkten Yasmina und Romina Fabian zu, bevor sie die Klasse verließen. Er war wie immer der Letzte, und so konnte er, unbehelligt von irgendwelchen Attacken vonseiten Nicos, dem Schulgebäude den Rücken kehren und zum Bus hasten.
    Erschrocken blieb er stehen, als er einen Rettungswagen vor der Haustür entdeckte. Er rannte die letzte Strecke vor Angst und Sorge, sein Bein schlurfte über das Pflaster. An der Haustür kamen ihm gerade die Rettungssanitäter mit einer Trage entgegen. Es blieb ihm fast das Herz stehen, als er seine Mutter darauf erblickte.
    Er stürzte zu ihr hin, aber ein Arzt hielt ihn auf. „Keine Angst, deine Mutter wird wieder gesund, wir bringen sie ins Krankenhaus. Dein Vater ist schon benachrichtigt und kommt dort hin.“
    Fabian nickte geistesabwesend und verfolgte, wie seine Mutter in den Krankenwagen geschoben wurde. Er stand noch einige Minuten da, als der Rettungswagen schon losgefahren war, bevor er zögernd die Treppe hochstieg. Er öffnete die Wohnungstür und stellte seinen Rucksack in die Ecke. Schnurrend strich die Katze um seine Beine. Traurig setzte er sich an den Tisch und hielt mit beiden Händen seinen Kopf umfasst. Tränen liefen ihm die Wangen runter. Wie oft hatte er dieses Schauspiel erlebt. Seine Mutter war öfter im Krankenhaus, als zu Hause. Eine Operation könnte helfen, aber sie war viel zu schwach dafür. Der Umzug von Dresden nach Duisburg hatte sie geschlaucht. Aber sein Vater hatte hier endlich Arbeit gefunden. Er hatte Angst, dass ihre Kraft vielleicht eines Tages nicht mehr ausreichen würde. Lange saß er da, dann erhob er sich und ging in sein Zimmer. Er holte seine Geige und spielte. Seine ganze Mutlosigkeit und Trauer ließ er in seine Musik einfließen; zart strich er mit dem Bogen über die Saiten. Die Augen geschlossen und vertieft in seine Musik, so fand sein Vater ihn vor.
    Überrascht blieb er stehen, denn noch nie hatte er ihn mit so einer Entrücktheit spielen sehen. Er musste zugeben, dass er wirklich sehr gut spielte. Aber was nützte es, wenn er sich mit solchen Flausen abgab, ein Musikstudium würde er ihm nie finanzieren können. Und ob er einen guten Abschluss schaffte, war auch fraglich.
    Sein Vater räusperte sich; Fabian hörte auf.
    Erwartungsvoll sah er seinen Vater an. Er hatte nicht mit ihm gerechnet.
    „Möchtest du mit ins Krankenhaus?“
    Fabian nickte und legte die Geige zur Seite. Zusammen fuhren sie mit dem Bus ins Krankenhaus.
     
    Nico war spät dran und musste sich beeilen. Sie hatten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher