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Die Brüder Löwenherz

Die Brüder Löwenherz

Titel: Die Brüder Löwenherz
Autoren: Astrid Lindgren
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hatte mich so sehr nach ihm gesehnt. Doch Jonathan lachte, und wir standen dort auf der Uferböschung und hielten uns umschlungen und freuten uns darüber, daß wir wieder zusammen waren, mehr, als sich sagen läßt. Und dann sagte Jonathan:
    »Na also, Krümel Löwenherz, jetzt bist du endlich da!«
    Krümel Löwenherz, das klang wirklich komisch, wir kicherten beide darüber. Und dann lachten wir und lachten immer mehr, als wäre es das Lustigste, das wir je gehört hatten. Dabei war es wohl nur so, daß wir etwas zum Lachen brauchten, weil es vor Freude in uns blubberte. Und während wir noch lachten, fingen wir an, miteinander zu rangeln, und hörten dabei aber nicht auf zu lachen. Nein, wir lachten so, daß wir ins Gras fielen und uns kugelten und immer noch mehr lachten, und schließlich rollten wir vor Lachen in den Fluß und lachten im Wasser weiter, bis ich glaubte, wir würden ertrinken. Statt dessen aber fingen wir an zu schwimmen. Ich habe nie schwimmen können, obwohl ich mir immer gewünscht hatte, es zu lernen. Jetzt konnte ich es plötzlich. Ich schwamm richtig gut.
    »Jonathan, ich kann schwimmen!« schrie ich.
    »Klar kannst du schwimmen!« rief Jonathan. Und da fiel mir etwas auf.
    »Jonathan, hast du was gemerkt?« fragte ich.
    »Ich huste nicht mehr.«
    »Klar hustest du nicht mehr«, sagte Jonathan.
    »Du bist ja jetzt in Nangijala.«
    Ich schwamm eine ganze Weile umher, und dann kletterte ich auf die Brücke und stand dort pudelnaß, das Wasser floß nur so aus meinem Zeug. Und weil die Hose an meinen Beinen klebte, konnte ich deutlich sehen, was geschehen war. Glaubt es oder nicht: Meine Beine waren jetzt kerzengerade, genau wie Jonathans. Und da kam mir der Gedanke, ob ich wohl auch ebensoschön geworden war? Ich fragte Jonathan danach. Fragte ihn, ob ich vielleicht auch hübscher geworden sei.

    »Schau doch in den Spiegel«, sagte er und meinte den Fluß damit. Denn das Wasser war so klar und still, daß man sich darin spiegeln konnte. Ich legte mich bäuchlings auf die Brücke und guckte über den Rand und sah mich im Wasser, konnte aber keine besondere Schönheit an mir entdecken. Jonathan legte sich neben mich, und wir lagen lange da und sahen uns Brüder Löwenherz dort unten im Wasser: Jonathan mit seinem Goldhaar und seinen Augen und seinem hübschen Gesicht und ich mit meinem strähnigen Haar und meiner Knubbelnase.
    »Nein, daß ich schöner geworden bin, kann ich nicht finden«, sagte ich. Doch Jonathan meinte, es sei ein großer Unterschied gegen früher.
    »Und außerdem siehst du ganz gesund aus«, sagte er. Und erst jetzt fühlte ich es. Erst jetzt auf der Brücke spürte ich, daß ich durch und durch gesund und froh war, und wozu brauchte ich dann auch noch schön zu sein? Mein ganzer Körper war ohnehin so glücklich, daß es darin irgendwie lachte. Wir lagen dort eine Weile und ließen uns von der Sonne wärmen und sahen den Fischen zu, die unter der Brücke hin und her schwammen. Aber dann wollte Jonathan heimgehen, und das wollte ich auch, denn ich war neugierig auf diesen Reiterhof, wo ich jetzt wohnen sollte. Jonathan ging vor mir her den Pfad zum Haus hinauf, und ich trabte auf meinen feinen geraden Beinen hinterher. Die ganze Zeit über starrte ich nur auf meine Beine und freute mich, wie gut es sich damit gehen ließ. Erst als wir den Hang schon ein Stück hinaufgekommen waren, drehte ich plötzlich den Kopf. Und da - da erblickte ich endlich das Kirschtal. Es war weiß von Kirschblüten weithin! Weiß und grün von Kirschblüten und grünem, grünem Gras. Und durch all das Grün und Weiß wand sich der Fluß wie ein Silberband. Weshalb hatte ich das alles nicht früher bemerkt hatte ich nur Jonathan gesehen? Doch jetzt blieb ich auf dem Pfad stehen und sah, wie schön es war, und ich sagte zu Jonathan: »Dies Tal ist wohl das schönste auf Erden, nicht?«
    »Ja, aber nicht auf Erden«, antwortete Jonathan, und da fiel mir wieder ein, daß ich in Nangijala war. Rund um das Kirschtal lagen hohe Berge, auch das war schön. Und die Hänge hinab strömten Bäche und Wasserfälle ins Tal, daß es nur so rauschte, denn es war ja Frühling. Auch die Luft hatte etwas Besonderes. Es war, als wolle man sie trinken, so rein und frisch war sie.
    »Von dieser Luft könnte man in unserer Stadt schon ein paar Liter brauchen«, sagte ich, denn mir fiel ein, wie sehr ich mich immer nach Luft gesehnt hatte, als ich auf meiner Küchenbank gelegen und das Gefühl gehabt hatte, es
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