Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brücke

Die Brücke

Titel: Die Brücke
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
angezogen hatte,
wickelte ich den Mantel enger um mich, und als ich den Gürtel
festzog, drängte es mich, wiederum nach den Riemen zu sehen, die
den Wagen hinter mir sicherten. Es war in der Düsternis jedoch
unmöglich, zu sagen, ob die Gurte noch hielten oder nicht.
    Der Weg zwischen den sich lichtenden Bäumen wurde steiler;
die Stuten mühten sich den ausgefahrenen Weg hinauf, hinein in
die unteren Bereiche der dunkelgrauen Decke. Fetzen kaum zu
erkennender Wolken mischten sich mit ihrem geisterhaft weißen
Atem und sogen ihn in sich auf. Das Tal unten war ein formloser
schwarzer Abgrund; kein einziges Licht, kein Feuer, keine Bewegung
und kein Laut, den ich hätte entdecken können, stieg aus
seinen Tiefen auf. Ein Stöhnen, das erklang, als wir in die uns
einhüllenden Wolken fuhren, mußte von dem Wagen kommen; er
holperte, als ein Rad gegen einen Stein in der Spur stieß und
darüberrollte. Ich tätschelte die Pistole, die in meinem
Jackett verborgen war, und sagte mir, das Stöhnen, das ich
gehört hatte, sei nichts als das Aneinanderreihen der
hölzernen Verbindungen des Wagens gewesen. Die Wolken wurden
dichter. Die kleinen, verkrüppelten Bäume, die zu beiden
Seiten des rauhen Pfades gerade eben sichtbar waren, wirkten wie die
zwergenhaften, deformierten Schildwachen einer Phantom-Festung.
    Auf einer ebenen Strecke des Weges hielt ich mitten im Nebel an.
Die Wagenlampen erzeugten, sobald die Flammen ruhig brannten, zwei
Lichtkegel, die wenig taten, um den Boden vor den
schweißnassen, sich schüttelnden Pferdeköpfen zu
erhellen, aber ihr Zischen klang irgendwie zielbewußt und
tröstlich. In ihrem Schein überprüfte ich noch einmal
die Wagengurte. Einige hatten sich gelockert, sicher durch die vielen
Furchen und steinigen Hindernisse des Weges. Nach beendeter
Inspektion drehte ich die Lampen in ihren Halterungen wieder nach
vorn. Ihre diffusen Strahlen begegneten dem nassen Dampf wie ihm
entgegenlaufende Schatten und verdunkelten mehr, als sie
enthüllten.
     
    Der Wagen stieg durch die Wolken hoch und über sie hinaus,
folgte dem immer holpriger werdenden Pfad, der sich allmählich
abflachte und zu einem engen Hohlweg zwischen den Felsen wurde. Hier
lichtete der Nebel sich langsam. Die Lampen links und rechts von mir
zischten ruhiger, und ihre Strahlen wurden schärfer. Wir
näherten uns dem Sattel des Passes und dem kleinen Plateau
dahinter.
    Die letzten Tentakel des Nebels strichen an den glänzenden
Flanken der Pferde und den umgurteten Seiten des Wagens vorbei wie
geisterhafte Finger, die uns ungern gehen ließen. Über uns
schienen die Sterne.
    Graue Gipfel, gezackt und fremdartig, reckten sich zu beiden
Seiten in die Schwärze. Das umgrenzte Plateau lag stahlgrau
unter den hellen Sternen; dunkle Schatten breiteten sich zu beiden
Seiten von den Felsen aus, wo die Strahlen der Lampen sie trafen.
Hinter uns bildeten die Wolken einen dunstigen Ozean. Er lappte gegen
die scharfen Inseln der fernen Berge, die sich aus ihm erhoben. Ich
blickte zurück nach den Gipfeln auf der anderen Seite des Tales,
das wir verlassen hatten. In dem Augenblick, als ich mich wieder
vorwärts wandte, entdeckte ich die Lichter des sich
nähernden Wagens.
     
    Mein Zusammenzucken störte die Stuten, so daß sie
scheuten und ausbrachen. Ich bekam sie sofort wieder unter Kontrolle
und zwang sie zum Weiterlaufen, beruhigte mein törichtes Herz,
so gut es gehen mochte, und schalt mich selbst für eine solche
Nervosität. Der andere Wagen, mit Zwillingslampen
ausgerüstet wie meiner, war immer noch ein ziemliches Stück
entfernt, am hinteren Ende des abgeflachten Tiegels, der den
höchsten Punkt des Passes darstellte.
    Ich steckte den Revolver tiefer in die Innentasche, schnippte mit
den Zügeln und brachte die keuchenden Stuten zu einem langsamen
Trab, den beizubehalten sie sogar auf diesem ebenen Stück
Mühe hatten. Das andere Lichterpaar (flackernde gelbe Sterne,
auf die Erde herniedergestiegen) schwankte, näherte sich uns
jetzt schneller.
    Inmitten des Steinfeldes auf halbem Wege über das Plateau
wurden unsere Wagen langsamer. Die Paßstraße war nur
für ein einziges Fahrzeug breit genug; die größeren
Felsblöcke und Steine waren zur Seite geräumt worden, um
einen Weg durch das zerklüftete Terrain zu schaffen. Ein kleiner
Ausweichplatz, ein von Geröll befreites ovales Stück, lag
ebenso weit entfernt von meinem Wagen wie von dem sich
nähernden. Ich konnte jetzt die beiden weißen Pferde
erkennen, die den Wagen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher