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Die Braut des Shawnee-Kriegers

Die Braut des Shawnee-Kriegers

Titel: Die Braut des Shawnee-Kriegers
Autoren: Elizabeth Lane
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zu Dancing Fox. Diese furchtbaren Tage haben sie viel Kraft gekostet."
    "Ich weiß", antwortete er. "Ich habe es gesehen."
    "Diese Kraft hat unser Dorf gerettet. Wenn Dancing Fox sich nicht so dafür eingesetzt hätte, die Kranken vom restlichen Dorf zu trennen, dann wären noch viel mehr gestorben."
    "Dein Mann war ein großer Häuptling", sagte Wolf Heart.
    "Ja. Ja, das weiß ich." Lange starrte White Moon auf die schwarze, tote Feuerstelle. "Er liebte sein Volk, Wolf Heart, und dich mehr als alle anderen."
    Wolf Heart streifte sie mit einem überraschten Blick. Hunts-at-Night hatte alle seine Krieger gleich behandelt. Dass der Häuptling zu ihm eine besondere Beziehung hatte, war ihm nie aufgefallen.
    "Mein Mann hinterlässt keine lebenden Söhne", fuhr White Moon fort. Sie schwieg eine Weile, und er fragte sich, was wohl kommen mochte. "Aber ich weiß, was er sich gewünscht hat, denn wir haben in letzter Zeit oft davon gesprochen. Er muss gespürt haben, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt. Auf jeden Fall hat er sich sehr klar ausgedrückt."
    Wolf Heart wartete. Das Schweigen, das sich über sie senkte, bereitete ihm Unbehagen. Bei den Shawnee erwarb man sich die Stellung eines Kriegshäuptlings durch Führungsqualitäten und Kampferfahrung, doch die noch wichtigere Stellung des Friedenshäuptlings, die Hunts-at-Night eingenommen hatte, wurde normalerweise vom Vater an den Sohn weitergegeben.
    "Es war der Wunsch meines Mannes, dass ich dich in seinem Namen als Sohn annehme." Die Worte hingen bedeutungsschwer zwischen ihnen.
    "Das ist eine zu große Ehre", brach Wolf Heart schließlich das Schweigen. "Es gibt andere, die klüger und würdiger sind als ich."
    "Willst du Hunts-at-Nights Weisheit infrage stellen?" gab White Moon mit einem scharfen Blick zurück. "Da immer mehr weiße Menschen in unser Land eindringen, brauchen wir einen Anführer, der die Weißen versteht und doch ganz und gar Shawnee ist. Wer könnte sich besser für das Überleben unseres Volkes einsetzen – wenn nicht du?"
    Wolf Heart wusste, dass es keinen Sinn hatte, mit White Moon zu streiten. "Als meine Mutter könntest du die Anführerin der Frauen bleiben", sagte er. Er dachte daran, dass die Belastung durch die Schwangerschaft für Clarissa schon genug war.
    "Vielleicht." Ein Lächeln huschte über White Moons Gesicht. "Nur solltest du Dancing Fox nicht unterschätzen. Sie hat bewiesen, dass sie stark und klug ist und viel Mitgefühl für ihre Mitmenschen hat. Sie wäre eine großartige Anführerin."
    White Moons Worte gingen ihm noch durch den Sinn, während er langsam durchs Dorf zurück zu seiner eigenen Hütte wanderte. Da die Masernepidemie abgeklungen war, wagten die Menschen sich wieder vor die Tür. Ringsum hörte er die vertrauten Arbeitsgeräusche – die rhythmischen Schläge eines Beils beim Holzhacken und das wohl bekannte Kratzen der scharfen Schaber auf ausgespannten Häuten. Er vernahm Begrüßungsworte und sogar Lachen. Doch an diesem sonnigen Sommertag gab es auch Sorgen, und er entdeckte Mängel, wohin er auch sah.
    Mit jedem Schritt lastete das Gefühl der Verantwortung schwerer auf Wolf Heart. Wie sollte er diese Menschen führen? Wie konnte er in den schweren Jahren, die vor ihnen lagen, für sie sorgen? Gleichwohl war es ihm unmöglich, in ihre Gesichter zu schauen und sich dann von ihnen abzuwenden.
    Eigentlich wollte er Clarissa die Nachricht sofort überbringen, doch als er sich seiner Hütte näherte, war er beim Anblick seiner Frau zu erschrocken. Zusammengesunken hockte sie im Hütteneingang, überwältigt von Erschöpfung und Verzweiflung. Offenbar hatte sie ihn nicht gesehen. Sie hatte mit einem so abwesenden, leeren Blick vor sich hin gestarrt, dass er befürchtete, sie könnte selbst krank sein. Als er zu ihr eilte, hatte sie aufgeschaut und ihn gesehen. Ihr Gesicht hatte sich sofort belebt – zu schnell und zu strahlend … und plötzlich hatte Wolf Heart gewusst, wo seine Frau in Gedanken gewesen war.
    Unwillkürlich hatte er gespürt, dass seine Welt ins Wanken geriet.
    "Bist du sicher, dass du das willst?" fragte er, als sie jetzt zusammen in der Dunkelheit lagen.
    "Ganz sicher."
    Ihre Antwort schnitt ihm ins Herz. "So sicher, dass du auch ohne mich nach Baltimore zurückkehren würdest?"
    "Nein!" Entsetzt starrte sie ihn an. "Wolf Heart – Seth –, ich könnte dich niemals verlassen! Das weißt du doch."
    "Könntest du dann nicht lernen, hier glücklich zu sein?"
    Seufzend rückte sie von ihm ab
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