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Die Braut des Piraten

Die Braut des Piraten

Titel: Die Braut des Piraten
Autoren: Jane Feather
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hätte sie laut gekichert, bemühte sich aber, Anthonys kühle Fassung nachzuahmen. An die Reling gelehnt dastehend, die Degenspitze zwischen den Füßen, beobachtete er die zwei übrigen Spanier.
    Mit einer derben Verwünschung schnallte der eine seinen Waffengürtel auf, sein Gefährte tat es ihm knurrend gleich. Anthony beugte sich vor und griff nach den Gürteln. »Meinen Dank, Gentlemen. Wenn Ihr jetzt so gut sein würdet, meinen Mann zu Euren Kabinen zu begleiten, während wir unser Geschäft erledigen.« Er deutete auf die Stufen des Niedergangs, und Olivia sah einen feixenden Seemann mit Schwert und Messer warten.
    Der Mann vollführte vor den Spaniern eine schwungvolle, spottgeladene Verbeugung. »Hier entlang, Gentlemen, wenn ich bitten darf.«
    Olivia, um deren Lippen es zuckte, sah ihnen nach, als sie hinunterpolterten. Der komische Teil war nun vorüber. Jetzt war der aus dem Schiffsinneren dringende Gestank so stark spürbar, dass sie gegen Brechreiz zu kämpfen hatte.
    »Was für anmaßende Menschen«, erklärte sie. »Sie protzen mit ihren litzengeschmückten feinen Röcken und schlagen sich die Wänste voll, und das alles auf Kosten der Sklavenarbeit dieser armen, ausgemergelten und gequälten Geschöpfe unter Deck.«
    Anthony steckte seinen Degen in die Scheide und trat zu ihr. Auf seiner Wange war Blut zu sehen. Er nahm ihr sein Taschentuch ab, das sie noch immer festhielt und betupfte die Wunde.
    »A propos, sollen wir Schiff und Herren den Sklaven übergeben, damit sie mit ihnen nach Gutdünken verfahren? Oder sollen wir die Herren in eines ihrer Beiboote setzen und sich selbst überlasen? Ihr Schicksal liegt in Eurer Hand.«
    Olivia überlegte. »Meint Ihr, die Sklaven würden sie töten, wenn sie die Möglichkeiten hätten?«, fragte sie.
    »Sehr wahrscheinlich.«
    »Mir erschiene es als göttliche Vergeltung«, sagte sie mit Nachdruck.
    »Ihr meint also nicht, dass der Verlust der Fracht, der Sklaven und des Schiffes Strafe genug sein könnte?«, wandte er ein. »Den befreiten Sklaven bliebe die Galeone. Wir würden ihnen ein paar Doublonen überlassen, und sie könnten dann über ihr Ziel frei entscheiden.« Er zog fragend eine Braue in die Höhe.
    »Ihr seid nicht annähernd blutrünstig genug für einen Piraten«, rügte Olivia. »Aber vielleicht sollten wir sie tatsächlich getrennt ihrer Wege ziehen lassen.«
    »Dann soll es so sein.« Er drehte sich um und beugte sich über die Reling, um einen Befehl hinunterzurufen. Gleich darauf hörte man Stahl auf Stahl klingen, ein stetiges rhythmisches Hämmern, als seine Leute sich daranmachten, die Hand- und Fußfesseln der Sklaven zu lösen.
    Sich tief über die Reling beugend, beobachtete Olivia nun, wie Anthonys Leute die Fracht aus den Tiefen der Galeone heraufholten, Kisten und Steigen und Bündel. In einem reibungslos ablaufenden und offenbar schon oft geübten Zusammenspiel wurde die Beute auf die
Wind Dancer
geschafft. Die Besatzung der Galeone wurde im Mittelteil des Schiffes zusammengetrieben und entwaffnet, wobei sich die Piraten plaudernd und pfeifend völlig unbefangen unter ihnen bewegten.
    »Und was ist mit den Lecks im Schiffsrumpf? Wird das Schiff nicht sinken?«
    »Nicht, wenn die neuen Eigner etwas vom Flicken verstehen«, sagte Anthony Schulter zuckend. »Sie befinden sich einen knappen Segeltag von Brest entfernt.«
    »Brest!« Olivia versuchte, sich die französische Küste vorzustellen. Wie weit war Brest von der Isle of Wight entfernt? Sie glaubte, Brest lag jenseits des Golfes von St. Malo. Wie lange würde es dauern, nach Hause zu kommen?
    Nach Hause.
Es war eine so ferne und unwirkliche Vorstellung, dass sie in einem anderen Leben zu existieren schien. Plötzlich verspürte sie große Müdigkeit, da der Rausch der Erregung abgeklungen war. Auch die Netzbrücke sah sie nun mit einem unguten Gefühl und anderen Augen – sie erschien ihr äußerst unsicher und sehr, sehr hoch über dem brodelnden blau-grünen Wasser.
    »Zu müde, um es diesmal allein zu schaffen?« Anthony sagte es neben ihr, und sie blickte rasch auf und erhaschte das kleine Aufblitzen eines Lächelns in seinen Augen.
    »Woher wisst Ihr das?«
    »Ich mache es mir zur Aufgabe zu wissen, was meine Besatzungsmitglieder belastet«, sagte er, »zumal mein neuestes und unerfahrenstes Mitglied.«
    »Und ich dachte, ich hätte mich beim Entwaffnen der Schurken tadellos bewährt«, protestierte Olivia, ihre Mattigkeit momentan vergessend.
    »Ja, das habt Ihr.
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