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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge
Autoren: Brent Weeks
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sich ein Gottesbann erhebt, ein Wandler, dem wir vertrauen können, in seinem Zentrum befindet.«
    »Ein Wandler, dem wir vertrauen können? Ihr meint, jeder Wandler könnte …« Sie hatte Atirat oben auf dem Gottesbann gesehen, natürlich, aber – Dervani Malargos?
    »Jeder ausreichend begabte Wandler, ja. In vergangenen Jahrhunderten hatte das Blutbäder zur Folge – in seinem Bestreben, ein Gott zu werden, war jeder Grüne bereit, jeden anderen in Stücke zu reißen. Und dann haben die Götter regelmäßig miteinander Krieg geführt. Aber diese Zeiten sind vorbei.« Er lächelte großmütig. Er öffnete die Hand, und in ihr lag eine Halskette, an der vorne ein seltsam pulsierender schwarzer Edelstein angebracht war. »Ich habe Euch ja gesagt, dass ich etwas Bestimmtes mit Euch vorhabe, Aliviana, mit Euch ein großes Ziel verfolge, wie es nur den Allergrößten meiner Ultravioletten zusteht. Und nun sagt mir, könnt Ihr erraten, was ich mit Euch vorhabe?«

114
    Andross Guile stand in seiner Kabine vor dem Spiegel und untersuchte sich. Er war ohne Hemd, ohne Kapuze, ohne seine schwarze Brille, und die Vorhänge waren geöffnet. Er sah auf seine Hände, seine Arme und dann, als Letztes, auf seine Augen. Der zerbrochene rote Halo, den er über Monate hinweg verborgen gehalten hatte, war verschwunden. Er hatte noch immer all seine Farben – Infrarot, Rot, Orange und Gelb –, die ineinander verschlungen die Regenbogenhäute seiner strahlend blauen Augen durchzogen, aber sie waren nun im Gleichgewicht.
    Er hatte die Wirkung dieses Messers bereits zuvor erlebt – und da war das Ergebnis ein anderes gewesen. Dieses Messer tötete. Aber wenn er auf seine Schulter blickte, so war sie makellos, nicht einmal die Haut war geritzt. Wieder blickte er in seine Augen und war sich sicher, dass das Ganze irgendein Trick sein musste. Aber da war der Halo, unverändert. Und er fühlte sich gesund. So wohl hatte er sich seit zwanzig Jahren nicht mehr gefühlt. Er hatte sich die ganze Zeit in immer stärkerem Maße gezüchtigt und kasteit, um zu verhindern, dass das Rot ihn in den Wahnsinn trieb – und am Ende war er sich nicht mehr sicher gewesen, ob er diesen Kampf würde gewinnen können.
    Jetzt war er einfach wieder ein Wandler. Ein Polychromat, dem noch gut zehn Jahre Leben in den Augen steckten.
    Und das änderte alles .
    Irgendwann, nicht lange vor Beginn der Morgendämmerung, wurde Kip ans Ufer gespült. Er konnte sich nicht rühmen, geschwommen zu sein. Über die letzten Stunden hinweg hatte er nur noch die Kraft gehabt, zu atmen und sich treiben zu lassen. Er kroch weit genug den Sandstrand hinauf, um nicht wieder ins Meer gespült zu werden, und blieb dort liegen wie ein gestrandeter Wal.
    Er wachte gegen Mittag auf, als er spürte, wie jemand in seinen Taschen herumstöberte. Er zappelte und schlug die Hände weg, in Angst, angegriffen zu werden. Dann setzte er sich auf und sah, dass rings um ihn mindestens ein Dutzend Leichen an den Strand gespült worden waren.
    Der Plünderer begann zu lachen. Kip blinzelte zu ihm hinauf, aber dem jungen Mann brannte die blendende Mittagssonne über die Schulter. Er trug einen schmutzigen weißen Waffenrock und einen mit zahlreichen Farbstreifen geschmückten Umhang. Und in seiner Hand baumelte eine Pistole.
    »Oho! Ich glaube, da habe ich aber am richtigen Strand Halt gemacht«, sagte der junge Mann. »Bin ich nicht ein echter Glückspilz?«
    Kip blickte zum Meer hinunter und entdeckte auf dem Strand die Jolle, mit der der junge Mann gekommen war. Er musste die vielen Toten vom Wasser aus gesehen und beschlossen haben zu plündern, was das Zeug hielt. Kip hatte Durst. »Hast du vielleicht etwas Wasser?«, krächzte er.
    »Im Boot. Dort gibt es auch etwas zu essen.«
    Kip erhob sich mühevoll. Der junge Mann half ihm nicht auf. Dann durchfuhr es Kip. Er kannte diese Stimme. Er spähte durch zusammengekniffene Augen ins Gegenlicht. »Oh nein«, sagte er.
    »Bist aber etwas langsam, oder?«, erwiderte Zymun. Er machte einen Schritt nach vorn und schlug Kip ins Gesicht.
    Kip stürzte in den Sand. Tränen rannen ihm aus den Augen, als er mit der Hand seine Nase untersuchte. Immerhin war sie nicht gebrochen. Er erhob sich langsam und ging zu der Jolle hinunter. Er leerte Zymuns Trinkschlauch zur Hälfte. Er hatte Kopfschmerzen, wie er noch nie welche gehabt hatte, und nahm an, dass es sich um einen Kater handelte. Außerdem war er lichtkrank. Jeder Zentimeter seines Körpers tat
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