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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute
Autoren: Lisa J. Smith
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fort.

»Was für eine Nachricht?«, fragte Dee stirnrunzelnd.
    Die Hellseherin starrte immer noch Jenny an. »Du hast den Blick«, sagte sie. »Du hast sie gesehen – die Elfen.«
    »Die Elfen?«, wiederholte Audrey scharf. Audreys schlimmster Albtraum, den sie im Papierhaus durchleben musste, war ein Märchen gewesen. Die Geschichte vom Erlkönig, einem Geist, der im Schwarzwald spukte und Kinder stahl. Der König der Elfen. Julian hatte die Rolle perfekt gespielt, hatte sogar behauptet, der echte Erlkönig zu sein.
    Die Schattenmänner. Die Elfen. Verschiedene Namen in verschiedenen Zeitaltern. Oh Gott, dachte Jenny, sie kennt die Wahrheit. Ich sollte glücklich sein, fuhr es ihr wild durch den Kopf. Aber ihr Magen verknotete sich.
    Die Frau wandte sich jetzt an Audrey. »Das Volk der Ältesten. Manche Leute haben die Gabe, sie zu sehen, wo jeder andere nur einen Windhauch wahrnimmt oder einen Schatten oder reflektiertes Licht.«
    Etwas an ihrem Tonfall ließ Jenny stutzen. Die Hellseherin klang viel zu – erfreut. Gar nicht verängstigt. »Wie sehen sie aus?«, fragte Jenny.

    Die Frau sah sie lachend an. Als wüsstest du das nicht. »Sie sind die schönsten Kreaturen, die man sich vorstellen kann«, sagte sie. »Geschöpfe aus Licht und Glück. Ich sehe sie regelmäßig in Malibu Creek tanzen.« Sie hob eine ihrer Ketten an, und Jenny sah das Amulett, ein schönes junges Mädchen mit gazeartigen Flügeln und wallenden Gewändern.
    »Feen mit Glöckchen«, kommentierte Dee trocken, ohne mit der Wimper zu zucken. Jennys verkrampfte Muskeln entspannten sich. Diese Frau wusste nichts über die Schattenmänner. Nur eine Spinnerin.
    Die Hellseherin lächelte noch immer. »Die Botschaft ist: V erschwunden. Vanished. Sie haben mir gesagt, ich solle dir das ausrichten.«
    »Verschwunden? Aha«, erwiderte Jenny. »Nun, vielen Dank.« Sie fand, dass diese Nachricht ebenso gut war wie jede andere, angesichts Summers Situation.
    »Verschwunden«, wiederholte die Frau. »Zumindest – glaube ich, dass es das war. Manchmal bekomme ich nur Vokallaute. Es hätte auch heißen können …« Sie zögerte, dann schüttelte sie den Kopf und marschierte wieder zur Tür hinaus.
    »Für einen Moment hab ich schon gedacht, sie hätte vielleicht wirklich etwas«, murmelte Audrey.
    Jenny griff sich eine Handvoll Flyer und eine Karte. »Lasst uns gehen.«
    Draußen machten sie Pläne. »P.C. wohnt in der Ramona Street dreizehn zweiundzwanzig«, sagte Jenny. Sie
kannte die Adresse auswendig. Es war die erste, die sie überprüft hatten, zusammen mit Slugs Haus. Natürlich konnten sie nicht direkt suchen, aber einer der freundlicheren Cops hatte sie wissen lassen, dass in keinem der Häuser, in denen die Jungen wohnten, ein Papierhaus war.
    »Dee und Michael, ihr könnt dort anfangen und alles westlich davon abchecken bis hinüber zur – sagen wir Anchor Street. Audrey und ich übernehmen den Osten, wo die Landana auf die Sycamore trifft. Vergesst nicht, es ist das Mädchen, das wir jetzt suchen.«
    »Mit anderen Worten, wir befragen die gesamte Südhälfte der Stadt«, stöhnte Michael. »Von Tür zu Tür.«
    »Natürlich werden wir heute nicht alles schaffen«, sagte Jenny. »Aber wir werden weitermachen, bis wir unser Ziel erreicht haben.« Sie sah Dee an, die ihr kurz zunickte. Dee würde dafür sorgen, dass Michael bei der Stange blieb.
    Allerdings wirkte Audrey auch nicht besonders glücklich. »Wir waren schon bei vielen dieser Häuser. Was sollen wir denn antworten, wenn sie uns sagen, dass sie den Flyer bereits haben?«
    Dee grinste. »Sag einfach, ihr verkauft Enzyklopädien.« Und damit scheuchte sie Michael in den VW-Käfer.
    Audrey schüttelte den Kopf, während sie und Jenny in ihrem Spider losfuhren. Das Verdeck war heruntergeklappt und der Wind wehte ein paar Strähnen kupferfarbenen
Haares aus ihrem Knoten. Jenny schloss die Augen und spürte den warmen Lufthauch auf ihrem Gesicht.
    Sie wollte über nichts nachdenken, nicht über die Hellseherin, nicht über Zach, nicht über Tom. Vor allem nicht über Tom. Tief im Innern hatte sie die schwache Hoffnung gehegt, dass er nach der Schule vielleicht im Suchzentrum auftauchen würde. Aber er ging ihr aus dem Weg, so war es.
    Ihre Nase und ihre Augen brannten. Sie wollte ihn bei sich haben. Wenn sie noch länger über ihn nachdachte, noch länger an seine braunen Augen mit den grünen Einsprengseln dachte, an seine Wärme und seine Stärke und sein unbefangenes, kühnes
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