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Die Beute - 2

Die Beute - 2

Titel: Die Beute - 2
Autoren: Émile Zola
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»diese verdächtigen zügellosen Spekulationen des Zweiten Kaiserreichs« mit ihren »rasch zusammengestohlenen Vermögen«, dem »Rieseln der Millionen«, diesem »ungeheuren Vermögen«, gleichsam einem »Humus der Millionen«, auf dem sich das »Poem« oder, besser gesagt, die »Komödie der zeitgenössischen Räubereien« abspielt. Und auf dem Konto Fleischeslust ist von den »irren Vergnügungen« die Rede, dem »Mißbrauch der Genüsse«, dem »maßlosen Leben«, dem »Skandal der Ausschweifungen«, dem »Luxus«, all den »schmutzigen Fakten«, dem »wachsenden Lärm der Orgien«, die Frankreich mit »dem verdächtigen Licht eines anrüchigen Ortes« umgeben.
    Für diese zweite Seite des Romans aber war keine Figur vorbereitet. Saccard hatte alles, was er zur Verkörperung »Gold« brauchte: die »Begierde nach Geld«, den »Durst nach Besitz«, den »grobschlächtigen Ehrgeiz«, den »jedes moralischen Sinnes baren Willen«, ein »skrupelloses Temperament, das zu Abenteuern neigt« und ihn geeignet macht, einen »Börsenjobber« und »skrupellosen Spekulanten«, der nur »auf Gewinne erpicht« ist, einen »schamlosen Neureichen« abzugeben. Für die Verkörperung »Fleischeslust« galt es eine passende Gestalt noch zu finden, und Zola konzipiert nun erst bei der Ausarbeitung des Romans seine Renée, die »glühende Puppe«, die »toll gewordene Pariserin«, die Verkörperung der typischen »Pariser Neugier«, eine »sinnliche Neugier«, eine »Neugier«, die die »Begierde« übersteigt und schließlich aus ihr »eine Schmutzlache« macht. Fehlte noch die dritte Gestalt, in der sich diese beiden Seiten zu kreuzen vermögen, die gleichsam ihr passives Ergebnis ist, in der die Wirkungen von Gold und Fleischeslust mit letzter Konsequenz zutage treten, Maxime. Maxime, der »Vertilger der fertigen Vermögen«, der »maßlose Genießer«, dieser »junge abgestumpfte Geck«, ein »von Geburt verfaultes Wesen«, so »lasterhaft, daß er das Laster nicht mehr empfindet«, »seinen Begierden hemmungslos die Zügel schießen läßt«, der »nicht einmal mehr Neugier« ist, ein »Zwitter«, ein »träges Stück Fleisch«, ein »Waschlappen«, ein »jämmerlicher Hampelmann«, »das Produkt einer verfaulten Gesellschaft«.
    In diesem Figurendreieck ist Aristide der aktive Teil. Er führt mit seinen Geschäften, seinem Börsenspiel diesen Tanz der Millionen an, er spekuliert hemmungslos mit allem, was ihm unter die Finger kommt, er macht Renée zu dieser übersättigten und ewig ungesättigten »glühenden Puppe«, er »wirft« sie in diesen Taumel der Vergnügungen, in dessen Schmutz sie versinkt und schließlich untergeht. Renée wird zu einer Schmutzlache, sie endet im Laster – Maxime ist das Laster, das folgerichtige Ergebnis des Goldrauschs und der Sinne, ein Spielzeug ohne eigene Initiative, das Aristide und Renée zwischen sich hin und her schieben, nach Gutdünken gebrauchen oder mißbrauchen und das all dies willenlos mit sich geschehen läßt.
    Das Aktivitätsgefälle der Zentralfiguren müßte Saccard und damit dem Handlungsstrang »Gold« die Vordergrundsrolle sichern, all diesen dunklen und undurchsichtigen Geschäften und Manipulationen, in denen die »plünderungslustige Boheme« um Napoleon endlich die lang ersehnte Gelegenheit fand, ihre Dienste beim Staatsstreich in klingende Münze umzusetzen, und es auch Saccard endlich gelang, sich seinen Anteil an der Beuteverteilung zu sichern. Doch Aristides Aufstieg von einem kleinen städtischen Angestellten zu einem der erfolgreichsten Häuserspekulanten von Paris, dessen Vermögen schier unerschöpflich aus dem »Tabernakel seines Heiligtums«, dem Geldschrank seines Arbeitszimmers, hervorzuströmen scheint, wird im wesentlichen als Vorgeschichte erzählt. Und auch die Transaktionen und Geschäftscoups des arrivierten Saccard werden nicht als zusammenhängende Handlung entwickelt, sondern über den ganzen Roman verstreut in Episoden, Einzelszenen, oft auch nur in kurzen schlaglichtartigen Bemerkungen dargestellt. Diese Darstellungstechnik – die Auflösung des Handlungsstrangs »Gold« in eine lose Bilderfolge – geht aber nicht auf Kosten der mehrschichtigen Erfassung dieses Wirklichkeitskomplexes. Zola zeigt sowohl die erste Schicht, Saccards Verbindung mit kleinen Gaunern wie seinem ursprünglichen Strohmann Larsonneau, der den »verehrten Meister« schließlich fast an die Wand spielt, mit so »soliden Emporkömmlingen« wie den beiden ehemaligen
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