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Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition)

Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition)

Titel: Die Bestimmung - Letzte Entscheidung: Band 3 (German Edition)
Autoren: Veronica Roth
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Tris, die zu meinen prägendsten Eindrücken überhaupt gehören, sind mit der Zeit stumpf geworden, wie Erinnerungen es eben an sich haben. Inzwischen tun sie nicht mehr so weh wie früher, manchmal genieße ich es sogar, sie in meinen Gedanken vorüberziehen zu lassen – wenn auch nicht oft. Manchmal gehe ich sie zusammen mit Christina durch, und sie ist eine bessere Zuhörerin, als ich es einem Candor-Mädchen mit großem Mundwerk je zugetraut hätte.
    Cara bremst den Zug und ich springe auf den Bahnsteig. Oben an der Treppe steigt Shauna aus dem Rollstuhl und arbeitet sich auf ihren Beinschienen die Stufen hinab, eine nach der anderen. Matthew und ich tragen ihr den leeren Rollstuhl hinterher, der sperrig und schwer ist, aber kein unüberwindliches Hindernis darstellt.
    » Irgendwelche Neuigkeiten von Peter? « , frage ich Matthew, als wir am Fuß der Treppe angelangt sind.
    Nachdem Peter aus dem Nebel des Gedächtnisserums aufgetaucht war, kehrten einige seiner harten, unangenehmen Eigenschaften zurück, wenn auch nicht alle. Danach habe ich den Kontakt zu ihm verloren. Ich hasse ihn nicht länger, aber das heißt nicht, dass ich ihn mögen muss.
    » Er ist in Milwaukee « , berichtet Matthew. » Keine Ahnung, was er tut. «
    » Er arbeitet in einem Büro « , sagt Cara vom Fuß der Treppe aus. Sie hält die Urne fest, die sie beim Verlassen des Zugs von Shaunas Schoß genommen hat. » Ich denke, es tut ihm gut. «
    » Ich dachte immer, er würde sich den GD -Rebellen in der Zone anschließen « , meint Zeke. » Das zeigt mal wieder, wie viel ich weiß. «
    » Er ist jetzt anders « , bemerkt Cara schulterzuckend.
    Es gibt immer noch GD -Rebellen in der Zone, die glauben, dass ein weiterer Krieg die einzige Möglichkeit ist, die ersehnten Veränderungen zu erzwingen. Ich tendiere mehr zu denen, die dieses Ziel ohne Gewalt erreichen wollen. Ich habe genug Gewalt für ein ganzes Leben gehabt. Ich trage sie immer noch mit mir, nicht als Narben auf meiner Haut, sondern als Erinnerungen, die in mir hochsteigen, wenn ich es am wenigsten will: Erinnerungen an die Faust meines Vaters, die auf mein Kinn trifft, daran, wie ich die Waffe hebe, um Eric zu exekutieren, an die Leichen der Altruan auf den Straßen meines alten Zuhauses.
    Wir gehen durch die Straßen, auf unserem Weg zur Seilrutsche. Die Fraktionen gibt es nicht mehr, aber in diesem Teil der Stadt leben mehr Ferox als in jedem anderen Viertel, und man erkennt sie immer noch an ihren gepiercten Gesichtern und ihrer tätowierten Haut, nur an den Farben ihrer Kleidung nicht, die jetzt manchmal sehr grell sind. Einige begleiten uns ein Stück, aber die meisten sind bei der Arbeit – in Chicago müssen alle arbeiten, wenn sie dazu in der Lage sind.
    Vor mir ist das Hancock Building, das sich in den Himmel reckt und das unten breiter ist als oben. Die schwarzen Stahlträger ragen nach oben, durchkreuzen und verschränken sich in einer wilden Jagd. Ich war lange nicht mehr hier.
    Wir betreten die Lobby, deren polierte Böden glänzen und deren Wände mit Ferox-Graffiti besprüht sind, ein Andenken an frühere Bewohner. Diesen Ort haben die Ferox wegen seiner Höhe geschätzt und, zumindest denke ich das, wegen seiner Einsamkeit. Die Ferox haben gern leere Räume mit Lärm gefüllt. Das hat mir immer gut an ihnen gefallen.
    Zeke tippt mit dem Zeigefinger auf den Aufzugknopf. Wir drängen uns in die Kabine und Cara drückt auf die Neunundneunzig.
    Als der Aufzug nach oben schießt, schließe ich die Augen. Ich spüre geradezu das Loch, das sich unter meinen Füßen auftut, einen Schacht aus Dunkelheit, nur ein Fuß breit Boden zwischen mir und dem Sturz in die Tiefe, dem Sturz in den Abgrund. Der Aufzug hält an, und ich klammere mich an die Wand, als sich die Türen öffnen.
    Zeke berührt mich an der Schulter. » Immer mit der Ruhe, Mann. Wir haben das ständig gemacht, weißt du noch? «
    Ich nicke. Luft rauscht durch das Loch in der Decke, und über mir leuchtet der blaue Himmel. Ich schlurfe mit den anderen zur Leiter, vor lauter Angst schaffe ich es nicht, meine Füße dazu zu bringen, sich schneller zu bewegen.
    Mit den Fingerspitzen ertaste ich die Leiter und konzentriere mich auf eine Sprosse nach der anderen. Über mir manövriert Shauna sich unbeholfen die Leiter hinauf, wobei sie größtenteils ihre Arme benutzt.
    Als ich mir die Symbole auf den Rücken tätowieren ließ, habe ich Tori gefragt, ob sie es für möglich hielte, dass wir die letzten Menschen
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