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Die Bestien von Belfast

Die Bestien von Belfast

Titel: Die Bestien von Belfast
Autoren: Sam Millar
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durchmachen musste. Oh, und habe ich den Chief Constable erwähnt? Einen Mann, der bis über beide Ohren in Mord und Totschlag verwickelt ist, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis ihm jemand steckt, dass ich davon weiß. Darüber hinaus habe ich keinen, mit dem ich darüber reden könnte, aus Angst, jemand könnte demjenigen etwas antun, und das macht mich langsam fertig. Kannst du nicht machen, dass es besser wird? Kannst du das, Dad? Kannst du? Bitte. Nur dieses eine Mal?
    »Und? Was ist?«, wiederholte Cornelius mit einer Spur Ungeduld in der Stimme. Du hast diese Lilly doch nicht etwa geschwängert? Deine Mutter bringt dich um. Denk an meine Worte.«
    »Nein, Lynne ist nicht schwanger, Dad.«
    »Na, wenigstens das. Ich habe dir immer gesagt, es ist in Ordnung, wenn man sich das Feuer anschaut, aber wenn man damit spielt, läuft man Gefahr, sich zu verbrennen.«
    Karl musste unwillkürlich lächeln. »Ich spiele nicht mit Lynnes Feuer, Dad, keine Sorge. Das verspreche ich dir. Oh, heute kam der Brief vom Krankenhaus. Alles in Ordnung. Kein Krebs, nur Pusteln. Ist das nicht toll?«
    »Kein Krebs? Ein Flusskrebs, oder was? Pusten? Warum soll ich pusten? Was zum Teufel redest du da?«
    »Nichts, Dad. Gar nichts …«
    »Bring nächstes Mal Lilly mit. Ich habe sie schon ewig nicht mehr gesehen. Nettes Mädchen. Und sorg dafür, dass sie einen Kuchen backt …« Cornelius’ Stimme verhallte langsam. Er fischte eine Zigarette aus der Tasche, betrachtete sie kurz und steckte sie wieder in den Mund. Offenkundig zufrieden wandte er sich wieder zum Fenster, beachtete seinen Sohn nicht weiter und sah offenbar etwas, das nur er sehen konnte.
    Der Regen wurde zu Hagel. Die Körner knallten wie Steine gegen das Fenster.
    »Bis nächsten Montag, Dad …«, sagte Karl und verabschiedete sich.
     
    Karl zündete in dem kleinen Innenhof hinter seinem Büro ein Feuer an. Ein Karton voll alter Zeitungen harrte seiner, und Karl warf nicht zum ersten Mal einen Blick darauf und wog seine Empfindungen ab.
    Er kniete nieder, warf einige der Zeitungen in die Flammen und wartete, bis sie Feuer gefangen hatten, dann legte er weitere Exemplare nach, die freilich mehr Rauch als Feuer schufen.
    Nicht lesen. Verbrennen. Sieh nicht zurück. Immer nur nach vorn. Du weißt doch, was mit Lots Frau passiert ist, als sie zurückgeblickt hat.
    Doch der Sirenenruf der Zeitungen war stärker als irgendeine alte Frau, die zur Salzsäule erstarrt war.
    Zwei junge Mädchen ermordet aufgefunden!
, lautete die Schlagzeile. Das arg vergilbte Foto eines Schulausflugs zeigte eine Gruppe junger Mädchen. Zwei Gesichter der Gruppe waren hervorgehoben. Lächelnd. Schüchtern.
    Karl zog sich der Magen zusammen. Er las den Text unter dem Foto.
    Ann Mullin und Leona Fredrick, beide acht Jahre alt, wurden gestern auf einem schmalen Grünstreifen nicht weit von ihren jeweiligen Wohnorten entfernt gefunden. Die beiden Mädchen, die am Sonntagmorgen Ostereier suchen gegangen waren, wurden seitdem vermisst. Einem ersten Polizeibericht zufolge sind beide Mädchen zuerst sexuell missbraucht und dann ermordet worden. Selbst erfahrene Polizisten, hieß es, seien schockiert über den Anblick gewesen, der sich ihnen am Tatort bot. Der Mörder benutzte entweder ein Messer oder einen scharfen Gegenstand – möglicherweise ein Skalpell – für seine grausige Tat. Die Polizei rät allen Eltern dringend, ihre Kinder nicht unbeaufsichtigt aus dem Haus zu lassen …
    Karl ließ die Luft aus den Lungen entweichen, als wäre er gerade unter Wasser gewesen. Er nahm eine andere Zeitung, zwei Wochen nach der Ermordung der Mädchen.
    Die Polizei hat einen Tatverdächtigen im Zusammenhang mit den Ostermorden festgenommen. Anwohnern zufolge ist der Name des Mannes Walter Arnold. Es heißt, er sei ein Einzelgänger. Die Anwohner reagierten schockiert auf die Nachricht, dass es sich bei ihm um den berüchtigten Bibendum handele, einen Mann, der schon früher gemordet hat. Arnold wurde von der Anklage des Mordes an Julia Kane und des versuchten Mordes an ihrem Sohn Karl aufgrund von Unzurechnungsfähigkeit freigesprochen …
    »Karl?«
    Naomis Stimme; er ließ den Rest der Zeitung fallen.
    »Hast du mir einen Schrecken eingejagt«, sagte Karl und stand auf.
    »Was verbrennst du da? Das ist ja ein fürchterlicher Rauch. Der dringt bis ins Büro.«
    »Ich räume nur den Dachboden auf. Unglaublich, was sich da im Lauf der Jahre für ein Müll angesammelt hat.«
    Naomi sah ihn seltsam an.
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