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Die bestellte Braut

Die bestellte Braut

Titel: Die bestellte Braut
Autoren: Anna Staub
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würde sie Green Hollow erreichen.
    Gleich darauf fuhr die Postkutsche wieder an und durch die Seitenfenster konnte Miss O'Brian sehen, dass eine passierende Rinderherde für den scharfen Halt verantwortlich gewesen war. Das war wohl der berühmte Wilde Westen.
    Mit einem halb verlegenen, halb ärgerlichen Blick bedankte Steffiney sich bei ihrem Helfer und lehnte sich dann wieder zurück. Sie war vielleicht keine außergewöhnliche Schönheit, aber ihre funkelnden grünen Augen und die kastanienbraunen Locken hatten ihr auf ihrer Reise nach Green Hollow schon das ein oder andere Kompliment eingebracht. Sie hoffte inständig, dass Mr. Sullivan mit ihrem Aussehen ebenso zufrieden sein würde, wie der ein oder andere Herr auf dem Weg hierher.
    Während draußen, verwischt durch den Staub der Straße, die bergige Landschaft Colorados vorbeiflog, richteten Steffineys Gedanken sich jetzt von zudringlichen Mitreisenden und Reisetruhen auf erfreulichere Betrachtungsobjekte.
    Charles Augustus Sullivan, Besitzer der Black Creek Ranch in Green Hollow, Colorado und Witwer, mit vier Söhnen. Ja, das hörte sich gut an.
    Anderen Frauen hätte der Gedanke an eine derart arrangierte, nüchterne Ehe vielleicht einen empörten Ausruf entlockt, aber Steffiney O'Brian hatte schon vor einiger Zeit aufgehört romantisch zu sein und auf eine Liebesheirat zu hoffen. Zumindest glaubte sie nicht, dass ihr das jetzt noch widerfahren würde. Mit 27 Jahren ging sie schon fast als alte Jungfer durch. Nein, sie hatte beschlossen, dass es aus rein wirtschaftlichen Gründen für sie von Vorteil sein würde zu heiraten. Außerdem war sie sich sicher, dass eine Beziehung, die nicht auf Gefühlen, sondern lediglich auf gegenseitigem Respekt gründete, nicht fehl gehen konnte.
    Das mit den Gefühlen hatte sie bereits versucht und es war in einem Desaster geendet. Dieses Mal würde sie vernünftig sein.
    So versunken in ihre eigenen Gedanken und Betrachtungen war es Miss O'Brian völlig entgangen, dass die Postkutsche ihr Ziel fast erreicht hatte. Erst die Häuser, die nun immer langsamer an ihr vorüber zogen, holten sie in das Hier und Jetzt zurück.
    Wieder beugte Steffiney sich etwas nach vorn, um einen Blick aus dem Fenster werfen zu können. Ein Paar der Häuser sahen richtig gepflegt aus, andere dagegen gar nicht. Sie sah einige wenige Frauen und Kinder die Hauptstraße, und wahrscheinlich auch die einzige Straße hier, entlanggehen, doch bestimmt wurde das Bild von Männern. Die Mehrzahl in Arbeitssachen, derben Hosen und mit Halstüchern und flachen Filzhüten. Nur wenige der Passanten trugen Straßenanzüge.
    Ja, so sah wohl eine typische Stadt im Westen aus. Kein Vergleich zu den gepflegten Straßen von Boston. Doch Steffiney war sich sicher, dass sie sich daran gewöhnen würde. Ein Mensch konnte sich an so ziemlich alles gewöhnen und so schlimm war es nun auch wieder nicht.
    Als sie in Omaha einige Stunden auf ihren Anschlusszug hatte warten müssen, hatte sie sich am Bahnhof für ein paar Pennies ein dünnes Heft mit einer Abenteuergeschichte gekauft, die in einem der neuen Territorien spielte. Ein junger Mann, der ihr Sitznachbar im Zug gewesen war, hatte ihr voller Begeisterung dazu geraten. Solche Geschichten wären gerade die neueste Mode und würden ihr einen Vorgeschmack auf die Gepflogenheiten ihres neuen zu Hauses geben.
    Nachdem Steffiney am nächsten Tag das dünne Heft durchgelesen hatte, war sie für einen sehr langen Moment versucht gewesen im nächsten Bahnhof auszusteigen und den ersten Zug zurück nach Boston zu nehmen. Wenn es in Green Hollow genauso zuging wie in dieser Geschichte erzählt wurde, dann würde sie von Glück sagen können, wenn sie dort überhaupt ankam. Es wimmelte in der Erzählung nur so von Banditen, die Postkutschen überfielen, betrunkenen Ranchern, die ihre Frauen verprügelten und jungen Mädchen, die aller Moral abgeschworen hatten und ihren Lebensunterhalt auf recht fragwürdige Weise verdienten.
    Doch als sie jetzt Green Hollow mit eigenen Augen sah und ihre Postkutsche nicht einmal von Weitem einer Bande Bankräuber in die Quere gekommen war, musste Miss O'Brian feststellen, dass da wohl die Phantasie des Autors ein wenig mit ihm durchgegangen war. Und das Abenteuergeschichten eben genau das waren: Abenteuergeschichten. Die Menschen neigten wohl auch hier dazu ihren Alltag etwas auszuschmücken, um ihn interessanter zu machen.
    Diese Erkenntnis hatte sie im Handumdrehen erleichtert und um der
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