Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die bestellte Braut

Die bestellte Braut

Titel: Die bestellte Braut
Autoren: Anna Staub
Vom Netzwerk:
Kleinigkeiten gehörte ihr nicht mal etwas von der Einrichtung, aber hier war sie zu Hause. Es war so schwierig gewesen als alleinstehende Frau eine passende Unterkunft zu finden. Wenn überhaupt, dann gab es meist nur Zimmer für Junggesellen, die sich nicht dafür rechtfertigen mussten, noch unverheiratet zu sein. Eine Frau ohne Mann oder anderweitigen Schutz eines weiteren Familienangehörigen fiel dagegen sehr aus dem Rahmen und weder die Gesellschaft noch der Wohnungsmarkt in Boston war auf so eine Abnormität besonders gut eingestellt.
    Seufzend warf Miss O'Brian ihre abgewetzten Handschuhe von sich und öffnete das kleine Retikül, um ein dünnes Bündel Bargeld heraus zu ziehen. Sie hatte gleich auf dem Rückweg in die Stadt an der kleinen Bank haltgemacht, die ihre wenigen Ersparnisse verwaltete und ihr kleines Konto aufgelöst. Das meiste Geld war in die Fahrkarten geflossen, die sie in den Westen bringen sollten und was jetzt noch übrig war, reichte gerade für die Verpflegung, die sie auf dem Weg benötigen würde und um ihre Miete für die kommenden Tage zu begleichen.
    Nächste Woche um diese Zeit würde sie bereits in einem Zug Richtung Westen sitzen und ihrem neuen Leben entgegen fahren.
    Steffiney konnte nichts dafür, aber für einen kurzen kindischen Augenblick traten ihr die Tränen in die Augen. Sie schaute zu dem kleinen Bild, das die Hochzeit ihrer Eltern zeigte, zu dem Spitzendeckchen auf dem Nachttisch neben ihrem schmalen Bett, zu den wenigen Büchern im Regal und den Schreibutensilien auf dem kleinen Schreibtisch unter dem Fenster.
    Nein, nein! Das war doch zu albern. Ärgerlich schüttelte sie kurz den Kopf. Alles was für eine Frau in der Gesellschaft zählte, war eine Ehe. Eine Ehe und Kinder in die Welt zu setzen. Frauen konnten nicht einfach allein bleiben und ein Geschäft eröffnen oder studieren. Oder wenn sie es doch taten, dann wurden sie von ihren Mitbürgern meist schief angesehen und im schlimmsten Fall gemieden. Frauen mussten heiraten, wenn sie sich ihren Platz in der Gesellschaft sichern wollten. Und jetzt endlich würde sie auch zu ihrem Recht kommen. Da würde sie doch nicht weinen! Und ihre Erinnerungsstücke an bessere Zeiten konnte sie auch mitnehmen. Sie war schließlich nicht die erste Braut, die in den Westen fuhr, um dort zu heiraten. Wenn andere das konnten, würde sie das auch schaffen.
    Und mit diesem Gedanken ging Steffiney O'Brian zu Bett, fest entschlossen nur noch die positiven Seiten ihres Umzugs nach Green Hollow, Colorado zu sehen.
     

Ich dachte, dass ich hier abgeholt werden würde.
     
    Steffiney war ziemlich überrascht und auch ein wenig traurig gewesen, als sie feststellen musste, dass ihr ganzes Leben in eine Reisetruhe passte. Eine große Reisetruhe immerhin, aber es blieb eine einzige Reisetruhe, in der sich alles befand, was sie hatte.
    Als ihr Vater gestorben war und ihre Mutter die kleine Farm hatte aufgeben müssen, da war schon ein großer Teil ihres Lebens verschwunden. Nachdem ihre Mutter sieben Jahre später auch starb, hatte sie die restlichen Möbel und Habseligkeiten verkauft, um sich für die erste Zeit über Wasser halten zu können. Jetzt, wiederum zehn Jahre später, fuhr sie praktisch mit nichts außer ein paar Erinnerungsstücken in ein neues Leben.
    Ein scharfer Ruck ging durch die Postkutsche und riss Miss O'Brian ziemlich unsanft aus ihren melancholischen Betrachtungen. Sie flog mit einem äußerst undamenhaften Quietschen von ihrem Sitz und landete in Mr. Winterbottoms Armen, der ihr gegenüber saß. Der korpulente, ältliche Herr, dessen rote Nase von seiner Vorliebe für alkoholische Getränke zeugte, fing sie mit einem breiten Lächeln auf, während seine Hände sich kurz die Freiheit nahmen einen kleinen Streifzug über den zierlichen Körper seiner Mitreisenden zu unternehmen. Gleich darauf war er wieder ganz Gentleman und half ihr, sich auf ihren Platz zu setzen.
    Steffiney, immer noch etwas verwirrt und peinlich berührt, fragte sich gerade, ob Mr. Winterbottom sich eben tatsächlich die Freiheit herausgenommen hatte gerade kurz ihren... über ihren... Grundgütiger, sie getraute sich ja kaum dieses Wort zu denken! Hatte er ihr eben wirklich den.... Po getätschelt oder war das bloß Einbildung gewesen? Ein Gentleman würde so was doch nie tun! Ein Bostoner Gentleman zumindest nicht!
    Allerdings war sie hier auch nicht mehr im gepflegten Boston, sondern bereits auf dem Boden des Colorado-Territoriums. Heute noch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher