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Die beiden Seiten der Münze (German Edition)

Die beiden Seiten der Münze (German Edition)

Titel: Die beiden Seiten der Münze (German Edition)
Autoren: Christine Ladan
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von der Tatsache aufgebracht war, dass ihre Nachbarin zuerst davon erfahren hatte.
     
    Lynn verdrehte die Augen: „Ich habe im Moment selbst genug um die Ohren, hab's einfach vergessen. Ich hätte es dir schon noch erzählt.“
     
    „Weiß man schon wer das getan hat?“ Lynn erzählte von ihrem Besuch bei der Polizei und von ihrer Befürchtung, man könnte dort denken dass, sie in die Sache verwickelt wäre. „Blödsinn!“ Ihre Mutter sah verärgert aus. „Wie kommt die Polizei denn auf so eine Idee? Als ob ein Mädchen aus einer anständigen Familie so etwas tun würde!“ Sie empfand das weniger als praktisches Problem, sondern anscheinend als einen Angriff der Behörden auf ihre moralische Integrität.
     
    Jetzt war vielleicht nicht gerade der beste Zeitpunkt für ein weiteres ernstes Gespräch aber Lynn wechselte trotzdem das Thema:
    „ Eigentlich bin ich aus einem anderen Grund bei dir. Ich wollte mit dir über meinen Vater und meine Kindheit sprechen.“
     
    Lynn's Mutter sah überrascht aus: „Wieso denn das plötzlich? Dazu gibt es nichts zu sagen.“ Ihr Mund wirkte verkniffen und ihre Augen irrten nervös im Zimmer umher.
     
    „Ich habe eine Therapie begonnen und der Psychologe meint, dass es wichtig für mich wäre, mehr in meiner Kindheit zu graben. Ich kann mich an viele Dinge nicht mehr gut erinnern, da kannst du mir sicher weiterhelfen.“
     
    Der Mundwinkel ihrer Mutter zog sich verächtlich nach unten: „Eine Therapie? Das sieht dir wieder einmal ähnlich. Wozu soll das gut sein? Wir haben früher unsere Probleme selbst in den Griff bekommen und sind nicht zu einem Psychodoktor gegangen. Das ist schwach, ich habe nichts für Schwäche übrig.“
     
    „Das weiß ich Mom. Aber darum geht es jetzt gar nicht. Ich möchte wissen warum ihr Euch getrennt habt, mein Vater und du. Du hast mir immer vorgeworfen, dass es nicht richtig war, mich von Martin scheiden zu lassen. Aber du hast doch genau das Gleiche gemacht! Wieso? Du hast nie mit mir darüber gesprochen.“
     
    „Das ist lange her und geht dich nichts an.“ Ihre Mutter verschränkte die Arme und sah sie unwillig an.
     
    „Das geht mich sehr wohl etwas an. Es ist der Grund, warum ich ohne Vater aufgewachsen bin. Und wahrscheinlich auch dafür, dass seitdem kein Kontakt mehr besteht. Ich weiß gar nicht wo er jetzt ist, falls er überhaupt noch lebt.“
     
    „Okay, wenn du es unbedingt wissen willst: ich habe mich nicht scheiden lassen, er ist gegangen. Er hat schreckliche Dinge zu mir gesagt, ich sei gefühllos, rechthaberisch und pedant, man könne mit mir nicht leben. Ich habe ihn angefleht, bei mir zu bleiben, aber davon wollte er nichts hören. Dein Vater hat mir nur Vorwürfe gemacht und eines Tages hat er beschlossen, mich zu verlassen.“
     
    „Und was war mit mir? Hat ihn gar nicht gekümmert, dass er ein Kind hatte?“ Lynn konnte das nicht verstehen. Ihre Mutter antwortete nicht.
     
    „Wo ist er jetzt? Wo lebt er? Ist er nach Irland zurück gegangen? Ich werde ihn suchen, dann kann ich einige Dinge gleich direkt mit ihm klären.“ Lynn beobachtete ihre Mutter, die immer nervöser wirkte.
     
    „Du brauchst nicht zu suchen.“ „Wieso? Wo ist er?“
     
    Ihre Mutter starrte auf den Boden. „Er hat mich verlassen, aber nicht so wie du dir das vorstellst. Ich wollte dir das all die Jahre ersparen aber du lässt mir jetzt keine andere Wahl. Er hat sich umgebracht. Dein Vater war schwach, so wie du. Er hat sich von einer Brücke hinabgestürzt und war sofort tot. Er hat einen Abschiedsbrief hinterlassen, in dem er mir die Schuld dafür gab, was natürlich völlig lächerlich war.“
     
    Lynn konnte nicht fassen was sie da hörte: „Und du hast mich die ganze Zeit denken lassen, ich sei ihm nicht wichtig genug gewesen, um den Kontakt mit mir aufrecht zu erhalten? Du hast mir gesagt, er hätte kein Interesse an mir!“
     
    „Was hätte ich denn tun sollen? Einer Sechsjährigen erzählen, dass ihr Vater nicht genug Mumm in den Knochen hatte um ein normales Leben mit mir durchzustehen?“
     
    Lynn konnte den selbstgefälligen Ausdruck im Gesicht kaum ertragen. „Du warst natürlich völlig unschuldig. Du hast sicherlich gar nichts falsch gemacht. Man bringt sich einfach so um, nur weil einem plötzlich etwas nicht passt.
    Du hast keine Ahnung, was du da gemacht hast. Das ist ja das Schreckliche an dir, du begreifst es wirklich nicht.“
     
    Eine Woge blinden Ha sses wallte in Lynn auf. Sie wusste nicht was sie
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