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Die Behandlung: Roman (German Edition)

Die Behandlung: Roman (German Edition)

Titel: Die Behandlung: Roman (German Edition)
Autoren: Mo Hayder
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den Weg, der zur Eingangstür des Hauses führte, und machte dann einen Schwenk, sodass plötzlich die kleine Grasfläche gegenüber dem Eingang zu sehen war und die schockierten Gesichter der Nachbarn sich vor dem Abendhimmel bleich abzeichneten. Jeder Punkt, den man von dem Haus aus sehen konnte, bot umgekehrt auch die Möglichkeit, dass jemand von dort aus die Vorgänge auf dem Grundstück beobachtet hatte. Aus diesem Grund hielt die Kamera sämtliche Details der Umgebung fest und machte dann abermals einen 180-Grad-Schwenk auf die Frontseite des Hauses. Schließlich erschien im Bild eine 30, die in goldenen Ziffern an die Wand geschraubt war.
    »Sämtliche Türen und Fenster waren geschlossen.« Die Kamera zeigte jetzt die von der Polizei aufgesprengte Eingangstür und präsentierte dann in Großaufnahme das intakte Schloss. »Die Kollegen mussten die Tür aufbrechen. Allerdings war die Hintertür nicht abgeschlossen, auf diesem Weg dürfte der Täter ins Haus gelangt sein. Passen Sie mal auf.«
    Sie befanden sich jetzt in dem Haus, und der Eingangsbereich wurde von dem Halogenlicht der Kamera überflutet. Nicht mehr ganz frische Tapeten, ein grauer Teppichboden samt abgewetztem Plastikläufer. Zwei schlecht gerahmte Drucke warfen an der Wand lang gezogene, wackelige Schatten, und auf der untersten Treppenstufe lag eine riesige, grellbunte Wasserpistole. Am Ende des Gangs sah man wieder eine Tür. Das Bild wurde plötzlich undeutlich und fing an zu flackern. Dann war auf dem Monitor eine kleine Küche zu sehen. Neben einer Brotdose stand ein lasiertes Terracotta-Huhn, das in die Kamera starrte. Hinter einem im Luftzug flatternden Vorhang eine zerbrochene Scheibe und dahinter ein Ausschnitt des dunklen Hofes und der Bäume im Park weiter hinten.
    »Also, das hier ist sehr wichtig.« Caffery stützte sich mit dem Ellbogen auf den Monitor, beugte sich ein wenig vor und zeigte mit dem Finger auf den Bildschirm. »Glas auf dem Boden, die Tür nicht abgeschlossen. Durch diese Tür ist der Täter nicht nur hereingekommen, sondern auch wieder verschwunden. Der Eindringling zerschlägt die Scheibe und öffnet die Tür. Das müsste nach unserer Einschätzung etwa Freitagabend gegen 19 Uhr gewesen sein.« Die Kamera zoomte jetzt durch die zertrümmerte Scheibe und zeigte in Großaufnahme den kleinen Hof hinter dem Haus. Eine ziemlich große Wäschespinne, ein Kinderfahrrad, ein paar Spielsachen und vier mit einer ranzig-gelblichen Flüssigkeit gefüllte, umgestürzte Milchflaschen. »Der Eindringling bleibt dann zusammen mit der Familie Peach bis Montagnachmittag in dem Haus. Dann erst wird er gestört, schnappt sich Rory Peach und verschwindet durch dieselbe Tür.« Auf dem Monitor erschien jetzt wieder die Küche, dann machte die Kamera einen Schwenk und zeigte einige Blutspuren am Türrahmen. Caffery drückte auf die Fernbedienung und blickte erwartungsvoll in die Gesichter seiner schweigenden Kollegen. Doch niemand sagte etwas oder stellte eine Frage. Alle starrten nur auf das Blut auf dem Bildschirm.
    »Unsere medizinischen Experten gehen davon aus, dass die Verletzungen des Jungen zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht tödlich sind. Vermutlich ist der Eindringling mit dem Kleinen durch diesen kaputten Zaun dort drüben in den Park geflüchtet. Vielleicht hat er auch eine Möglichkeit gefunden, die Blutungen zu stillen – vielleicht mit einem Handtuch oder so etwas, da die Hunde die Spur rasch verloren haben. Okay.« Das Bild kam jetzt wieder in Bewegung. »Also gut, als Nächstes möchte ich Ihnen zeigen, wo man die Familie gefunden hat.«
    Auf dem Bildschirm tauchte kurz das Gesicht einer Frau auf und verschwand dann wieder: Detective Sergeant Quinn, die für die erkennungsdienstliche Erfassung des Tatorts zuständig war. Sie hatte gemeinsam mit Caffery zunächst die Videoaufnahmen überwacht und anschließend dafür gesorgt, dass die Scherben auf dem Küchenboden genau fotografiert und dann entfernt wurden. Dann hatte sie einige Polizeibiologen zum Tatort beordert. Während Caffery mit der Helikopterbesatzung gesprochen hatte, waren die Wissenschaftler in ihren Schutzanzügen durch das Haus gegangen und hatten Spezialchemikalien wie Ninhydrin und Silbernitrat auf diverse Objekte und Flächen aufgetragen, um mögliche Spuren sichtbar zu machen.
    »Den Vater, Alek Peach, hat man hier gefunden. Er war mit den Handgelenken und den Füßen an diese beiden Heizkörper gefesselt. Seine genaue Lage lässt sich von dem
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