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Die Barbaren

Die Barbaren

Titel: Die Barbaren
Autoren: Hugh Walker
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schüttelte den Kopf, verwundert und unsicher. »Glauben wirklich alle, daß ich mit den Wölfen reden kann?
    »Ja, das glauben sie.«
    »Du auch?«
    »Du hast es einmal getan. Warum nicht wieder?«
    »Klingt vernünftig«, brummte Nottr. »Wenn es wirklich wieder, gelingt, glaube ich selbst daran.«
    Urgat grinste. »Wir haben alle nicht viel zu verlieren.«
    »Das ist wahr. Und du hast sicher nichts dagegen, mich zu begleiten?«
    Urgats Grinsen wurde breit. »Ich werde mich daran gewöhnen müssen, daß mein Platz an deiner Seite ist. Aber nimm den Schamanen mit. Er ist vielleicht der einzige, der auch versteht, was vorgeht. Ich war nie ein besonderer Freund der Wölfe, aber ich erkenne an, daß sie mutige Burschen sind und ein Vorhaben nicht so leicht aufgeben.«
    »Ja, sie sind zähe Kerle. Wir haben viel mit ihnen gemeinsam. Und im Augenblick ist mir sogar zum Heulen«, erwiderte Nottr, und es klang bitter.
    Der Schamane wurde bleich bei Nottres Aufforderung, sie zu begleiten und den Wölfen entgegenzugehen, um herauszufinden, was vorging. Aber wie die anderen beiden konnte auch er sich nicht durch eine Ablehnung eine Blöße geben.
    Flankiert von den beiden Bogenschützen aus Naffts Viererschaft verließen sie schließlich den Haufen und stapften auf den einzelnen Wolf zu, der sie auf halber Strecke erwartete und sich erst umdrehte, als sie auf ein Dutzend Schritte an ihn heran waren. Die Pfeile, die die Bogenschützen an die Sehne gelegt hatten, beeindruckten ihn nicht. Er wandte sich langsam um und lief auf seine Gefährten zu, wobei er sich immer wieder umdrehte, um zu sehen, ob die Männer ihm auch wirklich folgten.
    So erreichten sie die Anhöhe, auf der die Wölfe warteten. Doch als sie zögernd zu ihnen hinaufstiegen, sahen sie, daß dahinter unsichtbar vom Lager aus, eine noch größere Schar wartete. Und in ihrer Mitte – und bei diesem Anblick stockte Nottr der Atem – eine menschliche Gestalt. So wie Urgats Krieger behauptet hatten.
    Aber nicht die Tatsache der Anwesenheit des Menschen in diesem Rudel war es, die Nottr so sehr aufwühlte, sondern die Vertrautheit der Gestalt selbst.
    Es war Olinga.
    Als sie der Ankömmlinge gewahr wurde, löste sie sich aus dem Rudel und kam langsam auf die Männer zu.
    Sie trug kein Wams, keine Mütze, und ihr Haar war weiß von Rauhreif. Ihre Augen leuchteten seltsam, so wie es Nottr von seinem Traum in Erinnerung hatte. Ihre Haut war weiß vor Kälte.
    »Mein Nottr«, sagte sie mit einer Stimme, die klang, als hätte sie lange Zeit nicht gesprochen, spröde und ein wenig ausdruckslos. Aber es war ihre Stimme.
    Nottr, den seine Überraschung und Freude nicht die Worte finden ließen, die ihm auf der Zunge lagen, stolperte ihr entgegen, um sie in seine Arme zu nehmen.
    Doch sie wich mit einem Ausdruck des Erschreckens in ihren blassen Zügen zurück, und ein halbes Dutzend Wölfe stürzten sich knurrend vorwärts.
    Nottr hielt ernüchtert inne und sah sie fragend an. Aus den Augenwinkeln sah er, daß der Kreis der Wölfe sich enger schloß.
    »Was soll das bedeuten, Chipaw?« fragte er. »Ich bin so froh, daß ich dich wiedergefunden habe…«
    »Wir sind nicht frei, einfach zu gehen, mein Nottr.«
    Sie sah ihn so sehnsüchtig an, daß es ihn das Herz zerriß, obwohl er ein harter Krieger war, den Tod und Leid nicht immer zu rühren vermochten.
    »Bist du gefangen, Chipaw?« fragte er mit unsteter Stimme.
    Sie nickte. »Ja, ich bin gefangen.« Ihr Gesicht wandte sich dem Schamanen zu. »Gefangen durch sein Spiel, mein Nottr… durch seine tückische List, mein Nottr…«
    Der Schamane stierte sie an, als wäre sie ein Geist. Seine Lippen bewegten sich, aber er brachte kein Wort hervor.
    Erst als Nottr sich mit finsterer Miene an ihn wandte, würgte er hervor:
    »Ich tat nur, was du auch getan hättest, Olinga…« Er streckte die Arme bittend nach ihr aus. »Weißt du nicht mehr, daß dein Kind in Gefahr war?«
    »Er selbst war in Gefahr, mein Nottr. Du mußt mir glauben. Niemand als er selbst… ganz allein. Ihn wollten sie, meine Meister. Aber er… hinterging sie und uns, mein Nottr…«
    »Es ist nicht wahr!« kreischte Skoppr.
    »Es ist wahr, mein Nottr«, sagte Olinga sanft. »Aber selbst wenn es nicht wahr wäre, gäbe es keinen anderen Weg.«
    »Welchen Weg, Chipaw?«
    »Sie wollen ihn für mich, mein Nottr.« Erneut sah sie ihn mit solcher Sehnsucht an, daß er es fast körperlich fühlte.
    »Nein!« rief da Skopprerneut und, »eine Falle. Du darfst es
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