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Die Bankerin

Die Bankerin

Titel: Die Bankerin
Autoren: Andreas Franz
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Sie müssen sich täuschen! Wirund pleite! Wir sind das stabilste und am schnellsten wachsende Unternehmen im Softwarebereich in Europa. Und wir sollen pleite sein?! Daß ich nicht lache! Spielen Sie Ihre albernen Spielchen woanders, aber nicht hier! Gehen Sie doch zu meiner Bank oder zu meinen Kunden …«
    »Bevor Sie weiterreden, Herr Marquardt – es ist genau Ihre Bank, die uns geschickt hat. Und einige Gläubiger, die seit Monaten auf ihr Geld warten. Und nicht nur die sind scharf auf Sie, sondern vor allem das Finanzamt, wegen Steuerhinterziehung. Sie sind pleite, guter Mann, ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht. So, ich denke, Ihre anderen Angestellten wissen inzwischen auch Bescheid. Sie werden jetzt mit uns kommen, sämtliche Akten werden beschlagnahmt …«
    »Dr. Meyer! Er ist mein Buchhalter und Prokurist, er könnte Ihnen sicherlich sagen, daß dies alles ein riesengroßer Irrtum ist …«
    »Wo ist dieser Dr. Meyer?«
    »Er ist krankgeschrieben. Hier«, sagte David und hielt dem Kerl in dem Lederblouson den gelben Schein hin, »hier ist die Krankmeldung. Sie lag, als ich vorhin kam, auf dem Tisch. Dr. Meyer wird alles aufklären können …«
    »Wo wohnt er?«
    »Orffweg zwölf.«
    »Gut, wir werden gleich jemanden hinschicken, der sich mit ihm unterhalten wird. Ist er öfters krankgeschrieben?«
    David fuhr sich übers Kinn, blickte nachdenklich auf den Mann vor ihm, der ihm von Sekunde zu Sekunde unsympathischer wurde. Er schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht. Eigentlich ist er, solange ich ihn kenne, noch überhaupt nicht krank gewesen. Seltsam …«
    »Kommen Sie, wir gehen jetzt. Auf dem Präsidium werden Sie einige Fragen zu beantworten haben.«
     
    Das war das letzte Mal gewesen, daß er seine Firma betreten hatte. Alle Akten waren beschlagnahmt, er selbst vier Wochenlang von morgens bis abends verhört worden. Vier Wochen in Untersuchungshaft, vier Wochen Angst vor der Zukunft, die nichts war als ein riesiges schwarzes Loch, in das er fiel und fiel und fiel. Vier Wochen lang keinerlei Kontakt zu seiner Familie. Sie hatten ihm nicht glauben wollen, daß er ahnungslos war, sie hatten ihm nicht abgenommen, daß er von den getürkten Steuererklärungen nichts wußte, genausowenig wie von den seit drei Monaten nicht bezahlten Versicherungsbeiträgen, am wenigsten aber, daß er behauptete, nicht zu wissen, daß das Dispositionslimit bei der D EUTSCHEN G ENERALBANK von zehn Millionen um zwei Millionen überschritten war, obgleich bis vor einem Dreivierteljahr ein Guthaben von fast zwanzig Millionen bestanden hatte, aber seit fünf Monaten nicht ein einziger Eingang mehr verzeichnet worden war. Sämtliche Zahlungseingänge waren auf ein anderes, vor einem halben Jahr eingerichtetes Konto bei einer anderen Bank gegangen. Ein Konto, für dessen Einrichtung David von Marquardts Unterschrift vorlag, genau wie die von Dr. Meyer. Doch David hatte nie eine Einwilligungserklärung für die Einrichtung eines neuen Kontos unterschrieben. Er konnte es sich nicht erklären, und er grübelte verzweifelt.
    Und Dr. Meyer war verschwunden. Seit dem Tag vor Davids Verhaftung. Eine Nachbarin hatte ihn am späten Nachmittag in einem Taxi wegfahren sehen, er hatte zwei große Koffer bei sich. Und auch Davids Steuerberater, Gerhard Neubert, war unauffindbar. Beide auf und davon. Mit über dreißig Millionen Mark, wie es schien. Interpol war eingeschaltet, zwei internationale Haftbefehle ausgeschrieben worden, doch jeder wußte, wie leicht es war, mit diesem Geld eine neue Identität in einem anderen Land anzunehmen. Wahrscheinlich würden die beiden nie gefunden, es sei denn, meinte ein Kriminalbeamter, einen der beiden plagte das Heimweh, was in solchen Fällen gar nicht einmal so selten vorkam. Das wäre dann vermutlich die einzige Möglichkeit, sie zu schnappen.
    David hatte alles verloren, was er sich aufgebaut hatte. Seine Firma, seine Reputation, sein Haus, seine Autos. Keine Einkäufe mehr mit der Golden American Expresscard, der Eurocard, der Visacard. Keine Reisen mehr, keine der wenigen, aber ergiebigen Bummel durch noble Geschäfte. Aus und vorbei. Kein Harvard mehr, keine Privatschule. Die Menschen, denen er am meisten vertraut hatte, hatten ihn betrogen und ausgeraubt. Die ersten Monate hatte er wie in Trance zugebracht, er war wie hypnotisiert, wollte nicht wahrhaben, daß all dies geschehen war, geschehen konnte, daß es Menschen in seiner Umgebung gab, die so niederträchtig waren. Er kam sich
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