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Die Ausgesetzten

Die Ausgesetzten

Titel: Die Ausgesetzten
Autoren: dtv
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Ordnung.«
    »Aber wo ist dann Andreas Marker?«, fragte Katherine. Auch sie war inzwischen dabei, sich mühsam aufzusetzen. Kiefernnadeln
     rieselten ihr aus den Haaren und sie fingerte an einer Spinnwebe herum, die ihr ins Gesicht hing. »Wenn wir am richtigen Ort
     und in der richtigen Zeit sind, warum können wir dann ihren Marker nicht sehen?«
    Marker waren geisterhafte Erscheinungen, die zeigten, was Leute ohne die Einmischung von Zeitreisenden getan hätten. Jonas
     und Katherine hatten sich vor Angst fast in die Hose gemacht, als sie auf ihrer letzten Reise durch die Zeit zum ersten Mal
     Marker gesehen hatten. Ebenso unheimlich war es gewesen, mit anzusehen, wie ihre Freunde Chip und Alex sich mit ihren Markern
     vereinigten und so vollständig verschmolzen, dass sie deren Gedanken lesen konnten.
    Es hatte den Anschein gehabt, als würden der echte Chip und der echte Alex – die Jungen aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert
     – regelrecht verschwinden.
    Bei Andrea würde es zweifellos genauso sein.
    »Wir finden deinen Marker schon«, meinte Jonas, obwohl er eigentlich dachte: Müssen wir das wirklich? Virginia Dare hatte
     zweifellos irgendeine lebensbedrohliche Gefahr bevorgestanden, vor der Jonas und Katherine Andrea würden retten müssen. Wenn
     sie erst einmal mit ihrem Marker vereint war, würde es sehr schwer werden, sie vor dieser Gefahr zu bewahren. Und woher sollten
     sie wissen, nach welcher Gefahr sie Ausschau halten sollten, jetzt, wo sie keinen Definator mehr hatten?
    Jonas unterdrückte seine Angst und wandte sich an Andrea.
    »Hat dir irgendjemand erklärt, was Marker sind, Andrea?«, fragte er sie.
    »Oh, äh   …« Es schien ihr schwerzufallen, sich von den Bäumen abzuwenden und Jonas anzusehen. »Sicher. HK hat mir alles erzählt.« Sie
     sprang auf. »Also, worauf warten wir noch? Suchen wir meinen   … äh   … Marker.«
    Sie marschierte los und hielt auf ein Waldstück zu, das weniger dicht bewachsen war. Der Hund rappelte sich mühsam auf und
     trottete ihr hinterher.
    »Warte auf uns«, sagte Jonas lahm und kämpfte sich hoch. Er war tattrig wie ein alter Mann. Katherine wurde schon vom Aufsetzen
     schwummrig. Andrea sprang davon und passierte den ersten Baum.
    »Dann beeilt euch!«, rief sie und sah über die Schulter.
    Kicherte
sie etwa?
    »Nein! Hör zu!«, zischte Jonas. »Du musst aufpassen! Niemand darf dich sehen oder hören! Niemand darf wissen, dass wir hier
     sind!«
    Er erwog ihr zu erzählen, dass sie sich mithilfe des Definators unsichtbar hätten machen können, wenn sie ihn noch gehabt
     hätten. Sie wären unsichtbar gewesen und damit geschützt. Das war zweifellos HKs Absicht gewesen, der Grund, warum er sie
     nicht gezwungen hatte, altmodische Kleider zu tragen. Aber falls sie den Definator wirklich durch seine, Jonas’ Schuld verloren
     hatten, würde er das sicher nicht anschneiden.
    Andrea schaute hinter dem Baum hervor.
    »Wir sind in einem Wald, in dem es nicht mal einen Pfad gibt«, sagte sie und kicherte wieder. »Wovor habt ihr Angst?«
    Jonas versuchte sich an alles zu erinnern, was er über die Geschichte von Virginia Dare noch wusste. Sie war das erste englische
     Kind gewesen, das in Nordamerika zur Welt kam, in der   … Kolonie von Roanoke. (Wow! Seine Gemeinschaftskundelehrerin wäre sicher stolz darauf, dass er das noch wusste!) Und war
     die gesamte Kolonie dann nicht mit Mann und Maus verschwunden? Aus welchem Grund?
    Wilde Tiere?, überlegte Jonas. Kriegerische Indianerstämme? Irgendein Feind, mit dem die Engländer damals im Streit lagen
     – die Spanier vielleicht? Die Franzosen? Oder ein anderes Land, das mir nicht mehr einfällt?
    Damit erschöpfte sich sein Wissen über Virginia Dare. Und nicht zu wissen, wovor man sich fürchten sollte, machte die ganze
     Sache noch schlimmer.
    »Warte, Andrea!«, rief er wieder. »Los, komm, Katherine!«
    Seine Schwester stöhnte. Sie tat ihm so leid, dass er die Hand ausstreckte, um ihr aufzuhelfen. Allerdings war er selbst noch
     nicht ganz sicher auf den Beinen, sodass sekundenlang völlig offen war, ob er sie hoch- oder ihr totes Gewicht ihn nach unten
     ziehen würde. Dann griff Katherine hinter sich und stieß sich mit der freien Hand an einem Baumstamm ab. Der Baum schwankte
     so sehr, dass ein Kiefernzapfen herabfiel und Jonas auf den Kopf plumpste.
    »Ich wette, der Zapfen hätte eigentlich auf der anderen Seite runterfallen sollen«, stöhnte Katherine. »Wahrscheinlich haben
     wir
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