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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche
Autoren: Alastair Reynolds
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Clavain. Ich bewundere dich dafür.
Du bist die beste Spinne von uns allen.«
    Er stand von seinem Baumstumpf auf und ging auf den See zu. Wenige
Meter vor Skade blieb er stehen. Sie schwebte im Dunst, nicht ganz
greifbar, nicht mit beiden Beinen auf dem Boden. »Ich habe
getan, was ich tun musste«, wiederholte er. »So habe ich es
immer gehalten. Das ist nicht skrupellos, Skade, denn
Skrupellosigkeit würde bedeuten, dass man dabei nicht
leidet.«
    »Und du hast gelitten?«
    »Es war das Schlimmste, was ich jemals tun musste. Ich habe
dem Universum ihre Liebe genommen.«
    »Du tust mir Leid, Clavain.«
    »Wie konntest du überleben, Skade?«
    Sie hob die Hand und betastete den seltsamen Kragen, der
Rüstung und Fleisch verband. »Nachdem du Felka geholt
hattest, nahm ich meinen Kopf ab und legte ihn in das Gehäuse
eines kleinen Sprengkopfs. Mein Hirngewebe war durch intergliale
Nanomaschinen so abgepuffert, dass es auch hohe Beschleunigungen
überstehen konnte. Der Sprengkopf wurde von der Nachtschatten abgeschossen, nach hinten, in Richtung auf die anderen Schiffe
der Flotte. Du hast nichts davon bemerkt, weil du nur einen gegen
dich gerichteten Angriff in Betracht gezogen hattest. Der Sprengkopf
flog lautlos durch den Weltraum, bis er für dich außer
Sensorreichweite war. Dann aktivierte er einen Peilsender und setzte
ein gezieltes Signal ab. Ein Schiff der Flotte erhielt Befehl, seinen
Kurs so zu ändern, dass es ihn abfangen konnte. Der Sprengkopf
wurde geborgen und auf ein anderes Schiff gebracht.« Sie
lächelte und schloss die Augen. »Auch der inzwischen
verstorbene Doktor Delmar war mit der Flotte unterwegs. Leider befand
er sich ausgerechnet auf dem Schiff, das ihr zerstört hattet.
Doch vor seinem Tod konnte er noch einen neuen Körper für
mich klonen. Die neurale Reintegration war erstaunlich einfach,
Clavain. Du solltest das Verfahren selbst einmal
ausprobieren.«
    Clavain würgte mühsam hervor: »Dann… bist du
wieder heil?«
    »Ja.« Das klang so scharf, als sei sie nicht unbedingt
glücklich darüber. »Ja. Ich bin wieder heil.«
    »Warum manifestierst du dann in dieser Gestalt?«
    »Um dich, Clavain, zu erinnern, was du mir angetan hast. Ich
bin nämlich noch immer da draußen. Mein Schiff hat den
Kampf überlebt. Es wurde beschädigt, gewiss – nicht
anders als das deine. Aber ich gebe nicht auf. Ich will mir
zurückholen, was ihr uns gestohlen habt.«
    Er wandte sich wieder an Felka, die immer noch geduldig auf ihrem
Baumstumpf saß und die Szene beobachtete. »Ist das wahr?
Ist Skade immer noch da draußen?«
    »Wir wissen es nicht mit Sicherheit«, sagte sie.
»Wir haben nur die Aussage dieser Beta-Kopie, und die
könnte lügen, um uns zu verunsichern. Doch in diesem Fall
hätte Skade allein schon mit ihrer Anfertigung einen schier
unglaublichen Weitblick bewiesen.«
    »Und die anderen Schiffe?«
    »Ihretwegen haben wir dich eigentlich geweckt. Sie sind da
draußen. Wir können ihre Flammen anpeilen.« Und dann
schilderte sie, wie die drei Synthetiker-Schiffe, genau wie von den
Simulationen vorhergesagt, mit halber Lichtgeschwindigkeit an der Sehnsucht nach Unendlichkeit vorbeigerast seien. Beide Gegner
hätten Geschütze in Stellung gebracht und mit der gleichen
Sorgfalt Aktivierungssequenzen ausgearbeitet, als planten sie ein
Feuerwerk. Die Synthetiker hätten zumeist Teilchenstrahlen und
schwere relativistische Railguns verwendet. Die Unendlichkeit habe das Feuer mit den gleichen Waffen in leichterer
Ausführung erwidert, aber auch zwei der geborgenen
Weltraumgeschütze mit einbezogen. Beide Seiten hätten mit
allen möglichen Finten und Täuschungsmanövern
gearbeitet, und in der kritischsten Phase seien brutale
Beschleunigungen zu ertragen gewesen, wenn die Schiffe aus ihren
errechneten Flugbahnen auszubrechen suchten.
    Einen Sieger habe es nicht gegeben. Ein Synthetiker-Schiff sei
völlig zerstört worden, die anderen beiden hätten
schwere Schäden davongetragen. Für Clavain war das ebenso
wenig eine Niederlage, als hätte seine Seite gar nichts
ausgerichtet. Zwei Feinde waren kaum weniger gefährlich als
drei.
    Dennoch hätte alles sehr viel schlimmer ausgehen können.
Die Sehnsucht nach Unendlichkeit hatte es trotz etlicher
Treffer geschafft, ein anderes Sonnensystem zu erreichen. Keiner der
Insassen war verletzt und keines der kritischen Systeme war
zerstört worden.
    »Aber noch sind wir nicht in Sicherheit«, schloss
Felka.
    Clavain wandte sich von Skades Abbild ab.
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