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Die Angune (German Edition)

Die Angune (German Edition)

Titel: Die Angune (German Edition)
Autoren: Marc Staedtgen
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diese schlanke und noch immer gutaussehende Uri machte in der Tat einen edlen Eindruck auf Calaele'en.
    Er stieg vom Kutschbock herunter und band das Tumbaktuk am Holz einer Schlingpflanze fest, deren armd icken, verholzten Ranken zu einem kunstvollen Geflecht geformt worden waren, damit sie einen Zaun bildeten.
    »Entschuldigen Sie bitte die Störung, ehrenwerte Frau. Sind Sie die Maga Dran'ja, Tochter von Do'ul, aus dem Geschlecht Corón?«
    »Hm!«, kam die zustimmende Antwort der Frau, die mit ihren klaren, stahlblauen Augen Calaele'en fest fixierte ohne einmal mit der Wimpern zu zucken.
    »Mein Name ist Calaele'en. Calaele’en, Sohn von Obra, aus dem Geschlecht Barkarië! Ich bin ein Meister der Schriften aus Rinu'usala und möchte Sie fragen, ob Sie mir vielleicht ein paar Minuten Ihrer wertvollen Zeit schenken würden.«
    »Hm!«
    Calaele'en, der noch immer draußen auf dem Weg stand, fragte:
    »Darf ich zu Ihnen hinein kommen, werte Maga?«
    »Hm!«
    Calaele'en trat durch eine Öffnung im Rankenzaun und ging zu der Uri hin. Als er bei der Sitzbank ankam, lud ihn die alte Frau mit einer kurzen Handbewegung dazu ein, sich neben sie zu setzten. Er setzte sich hin und spürte sofort die wärmende Kraft von Aurora auf seinem Gesicht. Auf der Waldlichtung, hier wo die Maga wohnte, war es etwas kühler als oben in den sonnendurchfluteten Hügeln bei Calaele'ens Haus, und er nahm die wohltuende Wärme der Sonne mit Dankbarkeit auf.
    Da die alte Frau schwieg, schwieg er auch. Obschon Calaele'en im fortgeschrittenen Alter war, schien er doch deu tlich jünger zu sein als die Uri und das Gesetz der Höflichkeit gebot ihm zu schweigen bis die ältere Person entschied, dass es an der Zeit sei die Unterredung zu beginnen. Er nutzte die Gelegenheit um sich etwas umzuschauen.
    Auch wenn Uri Dran'ja auf dieser Waldlichtung lebte, so war außer der Steinbank auf der sie saßen, kein künstlich he rgestellter Gegenstand zu sehen. Nur eine hohe und undurchdringliche Wand aus Süßgras hinter ihnen entsprach, genau wie die geflochtenen Ranken des lebenden Zaunes am Wegesrand, nicht der natürlichen Ordnung der Dinge.
    Aber dies überraschte den Meister der Schriften nicht. Calaele'en sah sich zwar nicht als Städter, aber dennoch ve rbrachte er viel Zeit in der Stadt und hatte sicher schon einen Teil der Naturverbundenheit aufgegeben die einen Weißelf prägte. Aber Uri Dran'ja, die alte Maga, lebte auf dieser Waldlichtung in voller Harmonie mit und von der Natur, und machte sich deren Ordnung zu Nutze.
    Vor allem die Blütenpracht rund um die Steinbank beei ndruckte Calaele'en. Sie hätte jedem Garten in Rinu'usala zur Ehre gereicht. An sich machte der Blumengarten von Uri Dran'ja einen verwahrlosten Eindruck, und dennoch schien die Blütenpracht der anscheinend wildwachsenden Kräuter, Dolden und Stauden einer Ordnung zu folgen. Sie wurden ergänzt durch eine Unmenge an farbig bestrichenen, kleinen und großen Kübeln aus gebranntem Ton mit allerlei Kräutern die dem Meister der Schriften zum Teil unbekannt waren.
    Er spürte wie Neid in ihm aufkeimte, obschon er sich stets redlich bemühte solche Gefühle zu vermeiden. Und trotzdem, beim Anblick der Blumen beneidete er diese Frau. Während er sich oben in der Ma'akuney in seiner protzigen Trotzburg über die Zukunft der el fischen Gemeinschaft Sorgen machte, saß diese alte Uri ruhig und gelassen in der Sonne und erfreute sich am Tanz der Insekten auf den Blütendolden.
    Wie gerne hätte er mit ihr getauscht!
    Da die alte Frau noch immer schwieg, straffte er den Rücken, setzte sich geradehin und legte seine Hände flach und entspannt auf die Oberschenkel. Vielleicht gelang ihm hier auf dieser paradiesisch wirkenden Waldlichtung eine Sammlung.
    »Ich mag Blumen!«, sagte die alte Maga unverhofft. »Sie ziehen Insekten an und bringen Leben in den Garten.«
    »Ja, das stimmt.«, antwortete Calaele'en und nickte zustimmend mit dem Kopf.
    Dann schwieg die Maga wieder.
    »Leider sind Insekten wie die Elben.«, sagte die Frau wieder. »Manche erfreuen das Herz, und andere sind weniger angenehm.«
    »Hm! Stimmt.«, antwortete Calaele'en und nickte zusti mmend mit dem Kopf.
    Wieder schwieg die Frau.
    Dann drehte sie den Kopf und schaute Calaele'en an.
    »Ich bekomme nicht oft Besuch von einem Mitglied des Ä ltestenrates der Elfischen Gemeinschaft. Was verschafft mir also die Ehre Eures Besuches, Meister der geschriebenen Kunst.«
    Calaele'en war nicht überrascht, dass die alte Maga
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