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Die Amerikanerin

Die Amerikanerin

Titel: Die Amerikanerin
Autoren: Petra Durst-Benning
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dabei über die Auslagen.
    Wanda fuhr mit einem blitzsauberen Lappen über den Rand einer Platte mit gefüllten Eiern, um einen unsichtbaren Fussel zu entfernen. »Aber Gnädigste! Ich bin mir sicher, dass Sie nicht zu diesen Wiederkäuern gehören.«
    Monique hielt in der Betrachtung ihrer perfekt lackierten Fingernägel inne. Bildete sie es sich ein, oder war Wandas Lächeln tatsächlich weniger beflissen, als sie es sonst beiSchraft’s gewöhnt war? Entdeckte sie gar einen Hauch Ironie darin?
    »Genauso wenig wie deine Mutter«, erwiderte sie mit einem leichten Stirnrunzeln und seufzte. Dass die junge Miles neuerdings bei Schraft’s arbeitete, daran hatte sie sich immer noch nicht gewöhnt. Gott sei Dank würde Minnie, ihre eigene Tochter, eher tot umfallen, als sich hier zehn Stunden am Tag die Füße in den Bauch zu stehen! Aber galt nicht auch Ruth Miles – mochte ihre Gastfreundschaft noch so legendär sein – als ein wenig exzentrisch? Für Monique war jede Frau, die einen Adelstitel mit in die Ehe brachte und dann auf diesen verzichtete, mehr als das! Nun ja, der Apfel fiel bekanntlich nicht weit vom Stamm … Mit einem Seufzen erinnerte sie sich schließlich daran, warum sie eigentlich gekommen war.
    »Deine Mutter kann sicher auch ein Lied davon singen: Zu viele Partys, zu viele Gäste, und niemand weiß mehr die Anstrengungen einer wahrhaften Gastgeberin zu schätzen.« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber was nutzt das Jammern, sage ich immer. Tun muss man etwas! Tun!«
    Wenn du keine anderen Sorgen hast, kannst du dich glücklich schätzen!, schoss es Wanda durch den Kopf. Laut sagte sie: »Es gibt Damen, die sind zur Gastgeberin geboren.« Sie straffte die Schultern. »Kann es sein, dass Sie sich für Ihre nächste Einladung etwas ganz Besonderes haben einfallen lassen? Dass sie womöglich schon einen kompletten Plan im Kopf haben? Sie wissen ja – wir bei Schraft’s sind Ihnen bei der Umsetzung jederzeit behilflich.« Wir bei Schraft’s  – wunderbar!
    Monique Demoines’ Schultern strafften sich. Die kleine Miles kannte sich aus! Wahrscheinlich hatte Ruth ihrer Tochter von einer ihrer Einladungen vorgeschwärmt. Sie machte sich in Gedanken eine Notiz, die Gästeliste für das bevorstehende Fest um Wandas Eltern zu erweitern, doch dann fielihr ein, dass sie vergeblich auf eine Einladung zu Ruths letzter Party gewartet hatte. Mit einem Wisch waren Stevens und Ruths Namen wieder ausradiert.
    »Und ob ich einen Plan habe!«, sagte sie triumphierend. »Nicht nur im Kopf, sondern alles längst notiert. En détail, versteht sich.«
    Monique begann in den Tiefen ihrer Handtasche zu kramen. Nach einiger Zeit schaute sie mit einem ungeduldigen Seufzer auf, einen Stapel zusammengefalteter Zettel in der Hand.
    »Was ich vorhabe, wird ein kleines Beben unter meinen Gästen auslösen. Ja, ich gebe es zu: Ich möchte schockieren!« Sie spitzte ihre Lippen, als erwarte sie Wandas Widerspruch. Da dieser nicht kam, blätterte sie weiter in ihren Zetteln.
    Wanda wartete geduldig.
    »Natürlich will auch ich meine Gäste verwöhnen, aber in erster Linie möchte ich ihnen klarmachen, wie verwöhnt wir alle sind – nein, nein, ich nehme mich nicht aus! Wer kann sich denn bei all dem Überfluss noch an einer einzelnen Speise erfreuen? Sie als Gottes Gabe wahrnehmen?«
    Sie machte eine weit ausholende Handbewegung, die Schraft’s Delikatessentheken einschloss.
    »Man kann sagen, ich wage mich an eine allegorische Umsetzung der Vertreibung aus dem Paradies.« Andächtig hob Monique den Blick nach oben, als erwarte sie für diesen Geistesblitz hier und jetzt Gottes Lob.
    »Ein kulinarisches Gleichnis sozusagen.« Wanda nickte angestrengt. »Das wird Ihre Gäste sicher aufs Äußerste beeindrucken!« Du liebe Güte – das war selbst für Monique Demoines starker Tobak!
    »Hier ist er!« Mit einem Siegerlächeln reichte Monique ein zusammengefaltetes Papier über die Theke. Doch bevor Wanda danach greifen konnte, zog Monique es nochmals zurück.
    »Damit wir uns verstehen … Ich erwarte höchsteDiskretion. Gerade bei dieser Einladung darf nicht das Geringste nach außen dringen. Wenn du erst siehst, was ich vorhabe, wirst du verstehen, was ich meine …« Hektisch schaute Monique über ihre Schulter, als rechne sie mit einer Schar von Hyänen, die nur darauf lauerten, von ihrem Ideenschatz als Gastgeberin zu stehlen.
    Wanda legte ihren Zeigefinger an die Lippen. »Ich werde schweigen wie ein
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