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Die Amazonen von Darkover

Die Amazonen von Darkover

Titel: Die Amazonen von Darkover
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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niederen Berge, und die kleinen Monde erkletterten den Himmel. Nach einer Weile erschienen einige Frauen der Trockenstadt in ihren weiten, unbequemen Röcken auf dem Marktplatz, um Wasser zu kaufen. Ihre Ketten klirrten leise. In den Trockenstädten war es Sitte, die Hände jeder Frau mit dünnen Ketten aneinanderzufesseln. Die Kette lief dabei durch eine Schlaufe am Gürtel, so daß immer nur eine Hand voll gebraucht werden konnte, während die andere an die Taille gezogen wurde.
    Im Lager der Amazonen brannten die Kochfeuer. Es roch appetitlich nach Essen. Ein paar Frauen kamen neugierig heran und besahen sich verächtlich das kurzgeschnittene Haar, die grobe Kleidung und die ungefesselten Hände der Freien Amazonen. Diese erwiderten die Blicke mit der gleichen Neugier, ja voll Mitleid. Die Frau, die sich Rohana nannte, konnte es schließlich nicht mehr ertragen und zog sich in das Zelt zurück, das sie mit Kindra teilte. Kindra folgte ihr.
    »Aber Ihr habt nichts gegessen, Lady. Darf ich Euch hier servieren?« fragte sie.
    »Ich bin nicht hungrig«, erwiderte Rohana und schob ihre Kapuze zurück. Ihr kurzes Haar war flammend rot und kennzeichnete sie als Angehörige der Telepathenkaste der Comyn. Diese Kaste regierte seit undenklichen Zeiten die Sieben Domänen.
    »Der Anblick dieser Frauen nahm mir allen Hunger«, fuhr sie fort. »Wie kannst du, Kindra, das ertragen, wo dir doch alles an der Freiheit der Frauen liegt?«
    Kindra zuckte die Schultern. »Ich habe wenig Sympathien für sie. Jede von ihnen könnte frei sein, wenn sie nur wollte. Sind ihnen aber die Ketten und die sklavische Abhängigkeit von ihren Männern lieber, so werde ich kein Mitleid an sie verschwenden und mir weder Schlaf noch Appetit verderben lassen. Sie ertragen ihr Eingesperrtsein ebenso wie Ihr, Lady von den Domänen, und ich sehe keinen großen Unterschied hier. Vielleicht sind sie sogar ehrlicher, weil sie ihre Ketten offen tragen und keine Freiheit vortäuschen. Eure Ketten sind unsichtbar, aber vermutlich noch schwerer als jene.«
    Rohanas Gesicht wurde rot vor Zorn. »Dann muß ich mich aber wundern, daß du diese Mission angenommen hast! Nur um Geld zu verdienen?«
    »Natürlich«, erwiderte Kindra ungerührt. »Ich bin so etwas wie eine Söldnerin. Ich gehe, innerhalb Grenzen natürlich, dorthin, wohin zu gehen man mich bezahlt. Aber hier ist schon noch etwas mehr daran«, fuhr sie sanfter fort. »Lady Melora, Eure Verwandte, hat die Form ihrer Sklaverei nicht selbst gewählt. Ihr habt mir erzählt, Jalak von Sahinsa – möge seine Männlichkeit verwelken! – habe ihre Begleitung niedergeschlagen und sie entführt, denn er wollte aus Lust oder Grausamkeit eine leronis der Comyn als Gefangene und Frau haben – oder als Konkubine; ich weiß nicht, was hier besser zutrifft.«
    »In den Trockenstädten scheint der Unterschied nicht sehr groß zu sein«, erwiderte Lady Rohana bitter, und Kindra nickte.
    »Ich sehe überhaupt nirgends einen großen Unterschied, vai domna, doch ich erwarte nicht, daß Ihr mit mir einer Meinung seid. Jedenfalls war Lady Melora in eine ungewünschte Sklaverei verschleppt worden, und ihre überlebenden Verwandten konnten oder wollten sie da nicht herausholen.«
    »Einige versuchten es«, erklärte Rohana mit einer Stimme voll Tränen. »Sie verschwanden spurlos, bis auf den dritten; er war meines Vaters jüngster Sohn, mein Halbbruder und Meloras Pflegebruder und ihr Spielgefährte.«
    »Diese Geschichte hörte ich. Jalak sandte seinen Ring zusammen mit dem Finger zurück, an dem er ihn trug und kündigte an, das und noch mehr würde er allen antun, die es noch einmal versuchen würden. Aber das war vor zehn Jahren, Lady, und wäre ich an Lady Meloras Stelle gewesen, dann hätte ich nicht weitergelebt, um all meine Verwandten zu gefährden. Wenn sie zwölf Jahre in Jalaks Haus leben konnte, ist ihre Rettung nicht übermäßig notwendig, denn sie muß sich in ihr Schicksal ergeben haben.«
    »Das glaubten wir auch«, erwiderte Lady Rohana. »Cassilda möge mir verzeihen, doch ich wünschte sie auch lieber tot als in Jalaks Haus. Aber du weißt ja, was ich bin, eine in den Türmen geschulte leronis, eine Telepathin. Melora und ich wohnten gemeinsam als junge Mädchen im Turm von Dalereuth. Keine von uns wollte ihr ganzes Leben dort verbringen, doch ehe ich den Turm verließ, um zu heiraten, wurden unsere Geister ineinander verschlüsselt. Wir lernten, die Gedanken der anderen zu erreichen. Dann kam ihre
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