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Die Alptraumritter

Die Alptraumritter

Titel: Die Alptraumritter
Autoren: Hans Kneifel
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Pferde erscholl ein dumpfes Wiehern. Dann hörten der Stammesfürst und seine Gäste wirbelnden Huf schlag. Zuerst näherte er sich den Zelten, dann wurde er leiser, aber nicht langsamer.
    Die Männer sprangen auf und griffen nach ihren Waffen. Hrobon, der Heymal, steckte zwei Finger in den Mund und stieß einen gellenden Pfiff aus. Aus der Dunkelheit tauchten zwischen dem Gestänge über der Zeltleinwand der Hals und der riesige Kopf von Kußwind auf.
*
    Necron, der Alleshändler, rechnete alle seine Möglichkeiten zusammen und kam rasch zu einem Entschluß.
    Seine einzige Rettung war die Flucht.
    Die Flucht aus dem Lager Elejids, um zu überleben und später zu versuchen, Luxon-Arruf zu töten. Er plante seine Aktion ebenso sorgfältig, wie er seine Handelsunternehmungen durchdachte. Er aß und trank mehr, als er brauchte, um satt zu werden. Er zog sich sorgfältig an, kontrollierte seine Waffen und die Kleidung und stand schließlich, als die Feuer niedergebrannt waren, von seinem Platz auf. Langsam ging er zwischen den Zelten in die Richtung der fauchenden Fontänen, schlug einen Bogen und umkreiste das Lager. Bald darauf stand er an den Pfosten und Seilen, an denen die Pferde angebunden waren. Prüfend betrachtete er, so gut er es im Sternenlicht und im Schein der fernen Fackeln erkennen konnte, die Muskeln der Tiere. Er sah sich wachsam um. Niemand beobachtete ihn. Schnell hob er einen leichten Sattel auf und ließ ihn über den Rücken eines Pferdes gleiten. Das Tier wehrte sich nicht.
    »Arruf, ich bekomme meine Augen bald wieder zurück!« murmelte Steinmann Necron und schwang sich in den Sattel. Das Tier bäumte sich auf, gehorchte dem Zügel und dem Schenkeldruck und ging langsam und fast unhörbar über das feuchte Gras bis an einen Punkt, der weit abseits des Lagers lag. Als der Weg an dem Tal der Springenden Quellen und den Felsen vor seinen Augen frei dalag, überlegte er kurz und blickte hinüber zum Lager.
    Dort herrschte Ruhe.
    »Wohin?« fragte sich Necron.
    Er würde nach Westen fliehen. Dorthin ritt auch Arruf. Dort lagen Ash’Caron und die Teile der Mauer. Er mußte sich selbst helfen; von niemand sonst erhielt er Unterstützung. Er grub dem Pferd die Fersen in die Flanken, gab die Zügel frei und beugte sich weit im Sattel vor. Dann wirbelten die Hufe auf, leise zuerst auf dem Gras, dann etwas lauter auf dem feuchten Sand, schließlich unüberhörbar auf der großen Fläche aus feinem Geröll. Necron fürchtete, nachdem er sich weit vom Lager entfernt hatte und das Pferd noch schneller und leichter galoppierte, nur das mächtige Orhako des Heymals.
    Der Reitvogel war schneller als ein Pferd.
    Den Kampf mit Hrobon hingegen fürchtete er nicht. Seine Ohren registrierten im zurückbleibenden Lager einige Unruhe, dann konzentrierte er sich auf den Weg, der vor ihm lag, und auf das Tier zwischen seinen Schenkeln.
    Noch übernahm Arruf nicht die Kontrolle über seine Augen.
*
    »Was hast du vor?« fragte Arruf laut.
    »Es ist Necron, der ein Pferd stahl und flüchtete«, rief Hrobon. »Ich hole ihn leicht ein und bringe ihn dir zurück!«
    Kußwind blieb neben ihm stehen. Arruf schüttelte den Kopf und antwortete:
    »Das ist meine Sache, Hrobon. Laß ihn fliehen. Ich muß dir später etwas sagen, das dich erstaunen wird.«
    Das Orhako witterte ein aufregendes Rennen. Die Tiere und ihre Reiter standen meist in einem engen Verhältnis und Treue und gegenseitiger Zuneigung zueinander. Die Reitvögel errieten nahezu einige Gedanken ihrer Reiter, so schien es. Hrobon griff hinauf zum geschwungenen Hals des Vogels und zauste freundschaftlich die Federn.
    »Keine Verfolgung?«
    »Nein. Er entkommt mir nicht. Ich vermag durch seine Augen zu sehen und so zu erfahren, wo er reitet, wo er rastet.«
    Ungläubig schüttelte Hrobon den Kopf. Arruf wandte sich an den Stammeshäuptling.
    »Brahid«, sagte er nachdenklich, »hinter dem Yarl liefen, wenn Hrobon recht gezählt hat in der Eile, vier graue Pferde. Sie sind Eigentum von Necron. Sie zogen seinen Schrein, in dem ich bewegungslos und ohne Hoffnung lag. Laß es gut sein, Brahid.«
    »Meinetwegen. Der Verlust ist ausgeglichen. Ihr wollt ihn nicht verfolgen? Soll ich meine Männer losjagen?«
    Der Sohn des Shallad winkte ab.
    » Nein! «erklärte er hart. »Laßt es meine Sache sein. Füge dich, Hrobon, auch wenn du mit den Zähnen knirschst. Necron wird uns nicht entkommen können. Wir sollten uns besser ausschlafen, um morgen für alles gerüstet zu
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