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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)
Autoren: Frederick Forsyth
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serviert. Sigi war an dem Erlös jeder Flasche, zu deren Konsum sie die Gäste animierte, mit 15 Prozent beteiligt. Zwar versprachen sich die Gäste in der Regel mehr davon als bloß eine Stunde lang in andächtiger Bewunderung in das tiefe Tal zwischen ihren Brüsten starren zu dürfen. Aber alle Hoffnungen erwiesen sich als trügerisch. Sigi war ein freundliches und verständnisvolles Mädchen und reagierte auf die plumpen Aufmerksamkeiten der Gäste mit nachsichtigem Bedauern.
    »Arme Kerle sind das«, bemerkte sie einmal zu Miller, »was denen fehlt, ist eine nette Frau, die zu Hause auf sie wartet.«
    »Was soll denn das heißen – arme Kerle?« protestierte Miller. »Das sind geile Böcke, die die Taschen voller Geld haben, mit dem sie um sich werfen können.«
    »Aber das brauchten sie bestimmt nicht, wenn sie jemanden hätten, der sich um sie kümmert«, entgegnete Sigi, und was das betraf, war ihre weibliche Logik unwiderlegbar.
    Miller hatte sie ganz zufällig entdeckt, als er Madame Koketts Bar neben dem Café Keese an der Reeperbahn aufsuchte, um mit dem Eigentümer, einem seiner alten Bekannten und bewährten Kontaktleute auf St.   Pauli, ein paar Gläschen zu kippen und ein wenig zu schwätzen. Sie war ein großes Mädchen, annähernd einsachtzig, und hatte eine Figur, die für eine kleinere Person allzu kurvenreich gewesen wäre. Sie strippte mit den üblichen Gesten, die sinnlich wirken sollten, und zog dabei den obligaten Schmollmund und machte Schlafzimmeraugen. Miller kannte alles das zur Genüge und schlürfte ungerührt seinen Drink. Als aber dann der Büstenhalter fiel, vergaß er, das schon halb erhobene Glas zum Mund zu führen, und konnte nur noch starren und staunen. Sein Gastgeber blickte ihn lächelnd an.
    »Die ist vielleicht gebaut, was?« meinte er.
    Die doppelseitigen, ausklappbaren Damen im Playboy waren dagegen Fälle besorgniserregender Unterentwicklung. Wo andere einen Büstenhalter brauchten, hatte dieses Mädchen da seine Muskeln, die alles hübsch hoch und straff hielten.
    Als der Auftritt beendet war und der Applaus einsetzte, gab das Mädchen die unpersönliche Pose der professionellen Tänzerin auf und machte eine scheue, verschämte Verbeugung vor dem Publikum. Im nächsten Augenblick verzog sich ihr Mund zu einem entwaffnenden breiten Grinsen, das an den Gesichtsausdruck eines noch nicht gänzlich abgerichteten jungen Jagdhundes denken ließ, der entgegen allen Wetten einen soeben geschossenen Fasan apportiert hat. Es war dieses Grinsen, das es Miller angetan hatte, und nicht ihr Strip oder ihre Figur. Er fragte den Besitzer, ob er sie wohl zu einem Drink einladen könne, und der ließ sie rufen.
    Da Miller in Gesellschaft des Chefs war, bestellte sie nicht Champagner, sondern bat um einen Gin-Fizz. Miller ertappte sich bei der Vorstellung, wie angenehm es sein müßte, sie ständig um sich zu haben, und fragte sie, ob er sie später heimfahren dürfe. Sichtlich zögernd stimmte sie zu. Miller ging sehr überlegt vor und machte an jenem Abend sonst keinerlei Annäherungsversuche. Es war Frühlingsanfang, und als die Bar schloß, erschien das Mädchen in einem alles andere als modischen Dufflecoat, was er für eine vorsätzliche Demonstration hielt.
    Sie tranken einen Kaffee miteinander und unterhielten sich über alles mögliche, wobei sie zusehends gelöster wurde und munter drauflos plauderte. Er erfuhr, daß sie Schlagermusik und Kunst liebte, gern an der Alster spazierenging und viel für Hausarbeit und Kinder übrig hatte. Von da an gingen sie regelmäßig an ihrem einzigen freien Abend in der Woche zusammen aus, aßen miteinander zu Abend oder gingen ins Kino.
    Nach drei Monaten ging Miller mit ihr ins Bett, und bald darauf schlug er ihr vor, zu ihm zu ziehen, wenn sie Lust dazu habe. Mit der Zielstrebigkeit, die sie den wenigen Dingen gegenüber an den Tag legte, auf die es im Leben ankam, war sie sich bereits darüber klargeworden, daß sie Peter heiraten wollte. Das Problem war lediglich, ob sie am sichersten zum Ziel kam, wenn sie nicht mit ihm schlief, oder gerade dadurch, daß sie es tat. Da ihr jedoch nicht entging, daß er sich um eine ausreichende Belegung der zweiten Hälfte seiner Matratze nicht zu sorgen brauchte, wenn er nur wollte, zog sie zu ihm. Wenn sie ihm das Leben so angenehm wie möglich machte, würde er schon bald von selbst darauf kommen, sie zu heiraten. Ende November waren es sechs Monate, daß sie miteinander lebten.
    Miller hatte zwar
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