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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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beantworten würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Erzählen Sie lieber, wie Sie in diese fürchterliche Situation geraten sind. Vielleicht kann ich Ihnen helfen.«
    »Sie mir? Warum sollten Sie das tun? Nach allem, was passiert ist. Aber ich habe Sie gewarnt, damals in Berlin, Sie erinnern sich? Warum haben Sie nicht aufgegeben?«
    »Dann wäre ich heute nicht hier!«
    »Ich bin sicher, das wäre besser für Sie. Warum laufen Sie überhaupt hier noch frei herum?«
    »Weil ich offiziell gar nicht hier bin, ich bin sozusagen ein blinder Passagier.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass Sie unbemerkt auf das Schiff gelangt sind?«
    Gropius nickte.
    »Sie geben wohl nie auf«, meinte Rodriguez anerkennend.
    »Nicht wenn es um meine Ehre geht. Aber um ehrlich zu sein, auch ich bin keineswegs freiwillig hier. Ich habe mich auf die ›In Nomine Domini‹ geschlichen, um mehr über die Hintermänner dieses Ordens zu erfahren, und dabei merkte ich nicht, dass das Schiff ablegte. Und jetzt habe ich, ehrlich gesagt, eine Scheißangst. Wohin fahren wir eigentlich?«
    »Wohin, wohin! Ist doch egal. Das Schiff legt ohnehin nirgends an und irrt durchs westliche Mittelmeer wie der Fliegende Holländer. Eine teuflisch gute Idee, um allen Nachforschungen, allen Gesetzen und allen Steuerbehörden zu entgehen. Finden Sie nicht?«
    Rodriguez winkte Gropius mit dem Finger näher zu sich heran und raunte ihm zu: »Zwei Türen weiter steht ein Tresor, so alt wie dieses Schiff. Darin liegen fünfzig Millionen Euro. Der Orden verfügt nämlich über keine Bankverbindung. Offiziell gibt es ihn überhaupt nicht, Sie verstehen.«
    In einer anderen Situation hätte Gropius Zweifel gehabt, ob Rodriguez nicht prahlte; aber wenn er diesen geschundenen Menschen betrachtete, der den Eindruck machte, als hätte er mit dem Leben abgeschlossen, dann durfte er jeden Argwohn beiseite schieben.
    »Und woher kommt das viele Geld?«, fragte Gropius.
    »Na, woher schon! Es gibt auf der Welt nur eine Institution, die solche Summen unbemerkt hin- und herschieben kann, und das ist der Vatikan.«
    »Aber der Vatikan finanziert diesen Orden doch nicht aus christlicher Nächstenliebe!«
    »Aus Nächstenliebe? Dass ich nicht lache! Nein, aus Selbsterhaltungstrieb! Kardinalstaatssekretär Calvi glaubte bis vor kurzem, der Orden ›In Nomine Domini‹ habe die Akte Golgatha und könne den Nachweis erbringen, dass es die Gebeine unseres Herrn Jesus sind, die bis vor nicht allzu langer Zeit in einem Steintrog vor den Mauern Jerusalems herumlagen.«
    »Und wo befindet sich die Akte Golgatha wirklich?«
    »Das fragen ausgerechnet Sie?« Rodriguez musterte ihn mit Misstrauen. »Mazara behauptet, Sie hätten die Akte nach Schlesingers Tod in Ihren Besitz gebracht, um ein zweites Mal abzukassieren.«
    »Warum ausgerechnet ich?«
    »Sie sind der Einzige, der mit allen Mitwissern in Verbindung stand.«
    »Aber ich habe sie nicht. Vielleicht hat Schlesinger sie mit ins Jenseits genommen.«
    »Das weiß Gott, aber auch der dürfte seine Zweifel haben. Dieser Schlesinger war ein raffinierter Hund. Er verkaufte ›Seiner Heiligkeit‹ Giuseppe Mazara nur unvollständige Beweise seiner Entdeckung, wohl in der Absicht, sich selbst am Leben zu erhalten. Bei Preisgabe aller Beweisstücke, so vermutete er wahrscheinlich, hätte man ihn umgebracht.«
    Gropius blickte verwirrt. »Wer in aller Welt ist Giuseppe Mazara?«
    »Der Vorgänger von Kardinalstaatssekretär Paolo Calvi. Calvi und Mazara waren beide Mitglieder der Kurie und wurden dort zu erbitterten Feinden. Calvi neidete Mazara seinen Posten. Das war allgemein bekannt. Er hielt sich für den besseren Kardinalstaatssekretär und ließ mehrfach verlauten, dass Mazara ein Schwächling sei und der Kirche nur Schaden zufüge. Eines Tages, auf der Rückfahrt von Castel Gandolfo nach Rom, geriet Mazaras Dienstlimousine ins Schleudern, prallte gegen einen Baum und ging in Flammen auf. Mazara entging dem Tode nur knapp, erlitt aber schwerste Verbrennungen. Seinen Posten musste er aufgeben. Schließlich verschwand er aus dem Vatikan und tauchte erst ein Jahr später wieder auf – als Erpresser seines Nachfolgers Kardinalstaatssekretär Paolo Calvi. Seither hat Mazara Calvi praktisch in der Hand. Können Sie jetzt verstehen, warum Mazara alle Hebel in Bewegung setzt, um Schlesingers Akte in die Hand zu bekommen?«
    »Allerdings. Aber dieser Mazara …«
    »Ganz recht, er ist verrückt!« Rodriguez ließ Gropius nicht ausreden: »Er muss

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