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Die Adler von Lübeck: Historischer Roman

Die Adler von Lübeck: Historischer Roman

Titel: Die Adler von Lübeck: Historischer Roman
Autoren: Norbert Klugmann
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einen, aber ich habe durch eigene Dummheit dafür gesorgt, dass er uns nicht mehr will.«
    Sie schickte das Personal aus dem Haus und ignorierte die überraschten Gesichter. Sie brachte die Kinder ins Bett. Anfangs wollten sie den Becher nicht austrinken, weil sie das Gutenachtgetränk nicht kannten und es ihnen zu bitter war. Sie gab Honig hinein, den liebten sie.
    Lange stand sie dann vor der Haustür. Wenn sie alle Riegel vorschob, würde er nicht hereinkommen. Die Fenster im Erdgeschoss lagen erhöht, er würde sich eine Bank heranziehen müssen, um sie einzuschlagen. Aber er war kein geschickter Mann. Er hatte sich am Klavier die Finger geklemmt und an der Bratenkruste wäre er beinahe erstickt. Aus den Schaftstiefeln kam er ohne fremde Hilfe nicht heraus und sah in ihnen aus, als würden seine Beine ersaufen. Er war kein attraktiver Mann, seine Eltern waren auch hässlich. Aber sie besaßen Geld. Keine Stunde ihres Lebens hatten sie auf etwas verzichten müssen, auch auf Anerkennung nicht. »Wenn dich die Menschen schätzen, hast du es geschafft«, hatte Schnabel behauptet. »Die Wertschätzung ist wie ein dritter Arm und ein drittes Auge. Sie macht dich stärker und ist wie ein Körperteil, den man dir nicht nehmen kann.«
    Er hatte sich geirrt, seine Frau hatte ihm den dritten Arm und das dritte Ohr genommen. Morgen würde die Stadt über den Reeder Schnabel lachen, der seine Frau so kurz hielt, dass sie sich heimlich Geld leihen musste. Weil sie ihren Mann zum Hanswurst machen wollte, lieh sie sich das Geld von seinem größten Feind.
    Sie inspizierte die Küche. Dass man so viele Messer besaß! Wozu brauchte die Köchin ein Beil? Der eiserne Dorn war dafür da, um das Eis zu zerstoßen, mit dem Hammer schlug man Knochen flach. Die Küche war ein Waffenarsenal. Das Haus war groß, es gab Messer für die Jagd, es gab Erinnerungsstücke an die Schlachten gegen die Schweden, es gab Waffen, die als Geschenke ins Haus gekommen waren.
    Sie trug, was sie fand, in den Flur. Sie prüfte den Kachelboden, das Blut würde sich leicht abwischen lassen. Sie zog einen Sessel in den Flur und wartete, ohne Licht zu entzünden, mit dem kurzen Schwert auf den Schenkeln. Sie hatte nur einen Versuch, aber er würde in einen dunklen Flur treten und nichts sehen, während sich für sie seine Gestalt gegen die vor dem Haus hängende Lampe abzeichnen würde.

     
    H

     
    Als es an der Tür rasselte, schreckte sie hoch. Draußen wurde gemurmelt und geflucht. Als die Tür aufgestoßen wurde, stand sie vor dem Sessel. Schnabel wunderte sich über den dunklen Flur, wenn er so lang gezogen redete, wenn sich seine Worte in die Länge zogen wie Speichelfäden, die aus dem Mund tropfen, dann hatte er getrunken.
    »Weib, wo bist du!?«
    Sie trat auf ihn zu. Sie wusste, dass er sie erst im letzten Moment bemerken würde. Sein Kopf hing schwer, er war das Trinken nicht gewöhnt, er sah sie kommen, der Kopf fuhr hoch, das Schwert stieß zu. Nur weil Schnabel schwankte und sich der Körper zur Seite neigte, fuhr das Eisen nicht in die Brust, sondern traf ihn an der Seite, riss die Haut am Brustkorb unter dem Arm auf. Regula wurde vom eigenen Schwung nach vorn gerissen, ein erzürnter Griff packte sie, stieß sie in den Flur. Die Haustür fiel ins   chloss , zwei Arme zogen die auf dem Boden liegende Frau in die Höhe. Ein Fuß stieß das Schwert zur Seite, krachend fiel Regula in den Sessel, ein Bein brach ab, sie war dabei gewesen, hochzukommen und rutschte zurück, als der Sessel unerwartet nachgab. Hände packten zu, zogen sie in die Höhe, stießen sie von sich. Regula knallte gegen die Vertäfelung der Wand, der Schmerz betäubte ihren Rücken, aber sie hielt sich auf den Beinen und bot ein gutes Ziel. Erst schlug er mit offener Hand zu, ohrfeigte sie rechts und links, zehnmal, zwölfmal , dann kamen Fäuste geflogen, rissen Regulas Lippen auf, er packte ihre Haare, stieß ihren Kopf gegen die Wand, packte die Haare erneut, drehte Regula um und stieß sie mit dem Gesicht gegen die Wand. Sie spürte, wie das Blut aus Brauen und Stirn spritzte. Sonst spürte sie nicht mehr viel. Er presste sie gegen die Wand, drückte sich von hinten gegen sie, immer wieder schlug er ihren Kopf gegen die Wand. Regulas Nase brach, sie drehte sich zur Seite, spürte Schnabels heißfeuchten Atem, hörte, wie er flüsterte: »Du hast mich umgebracht. Ich bin tot. Es gibt mich nicht mehr.«
    »Nein, nein«, stöhnte sie, »so war es doch nicht. Ich wollte es dir
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