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Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Titel: Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit
Autoren: Gillian Shields
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Speisesaal. »Warte!«, rief ich und rannte hinter ihr her. »Willst du mir nicht zeigen, wie ich zum Schlafsaal komme?«
      »Oh, na schön«, erwiderte sie unfreundlich. »Komm mit.«
      Sie ging den verlassenen Korridor entlang. Niemand war zu sehen, abgesehen von zwei Lehrerinnen in ihrer dunklen Tracht. Der Korridor führte in einem Bogen zurück zur großen Halle mit der Marmortreppe. Die Treppenstufen faszinierten mich. Obwohl der Marmor unglaublich schwer sein musste, schienen die Stufen in einem eleganten Bogen nach oben zu fließen. Ich legte meine Hand auf das Eisengeländer und sah hinauf.
      »Sind die Schlafsäle da oben?«, fragte ich.
      »Ja. Im dritten Stock.«
      Unsere Schritte hallten auf dem kalten Stein, während wir nach oben stiegen. Als wir die oberste Stufe erreicht hatten, war ich außer Atem. Und doch erwartete uns erst einmal ein weiterer langer Korridor mit schweren Türen, der in beiden Richtungen von der Treppe wegführte. Ich warf einen Blick über das Geländer und sah nach unten auf das Muster der schwarz-weißen Fliesen. Wie leicht konnte man da hinunterfallen und wie eine Puppe auf den Boden knallen.
      »Komm«, sagte Helen und ging weiter.
      »Dann sind wir jetzt ganz oben im Gebäude?«
      »Es gibt noch ein Dachgeschoss, aber das ist abgeschlossen. «
      Gedämpfte Stimmen waren hinter den getäfelten Türen zu hören. Ich las, was auf den Schildern stand, die an ihnen befestigt waren: DRAKE. NELSON. CHURCHILL. WELLINGTON … Eigenartig kriegerisch für eine Lehranstalt hochnäsiger Mädchen.
      »Sind das die Namen der Schlafsäle?«
      Helen nickte. »Hier sind wir«, sagte sie. »Cromwell.«
      Ich war froh, dass der Tag endlich zu Ende war. Ich sehnte mich nur noch danach, ins Bett kriechen und schlafen zu können. Allerdings wusste ich nicht, dass mir noch eine weitere Prüfung bevorstand.
     

 Drei
 
 
      
      W ährend ich Helen ins Zimmer folgte, warf ich einen Blick über ihre Schulter, um herauszufinden, ob Sarah auch hier schlafen würde. Aber sie war nicht da, und als ich begriff, dass sich stattdessen Celeste auf einem der Betten räkelte, sank mir der Mut.
      Helen ging schnurstracks zu ihrem eigenen Bett. Sie warf sich darauf, zog ein kleines Buch unter ihrem Kopfkissen hervor und begann zu lesen, ohne noch auf irgendwen oder irgendetwas zu achten.
      Unsicher sah ich mich um und fragte mich, welches wohl mein Bett war. Der Raum wirkte ziemlich kahl und kalt, auch wenn er irgendwann einmal recht prachtvoll gewesen sein musste. Er hatte ein großes Bogenfenster mit einer originellen Sitzecke davor.
      In der jetzt die beiden Mädchen saßen, die ich beim Abendessen bei Celeste gesehen hatte. Die eine hatte babyblaue Augen und einen kindlichen Blick, die andere wirkte kalt und ziemlich abweisend.
      »Das sind Sophie und India«, sagte Celeste gedehnt, während sie mit einer Hand lässig in ihre Richtung wedelte. »Und, Evie? Hat’s Spaß gemacht, für die Lehrerinnen zu arbeiten? Wie schön, dass Helen den Boden endlich nicht mehr alleine schrubben muss.«
      Helen krümmte sich noch ein bisschen mehr zu einem festen Ball zusammen, wie ich sah.
      »Ja«, antwortete ich genauso gedehnt. »Wir hatten viel Spaß zusammen. Welches Bett ist jetzt meines? Ich würde gern auspacken.«
      »Oh, das haben wir schon für dich getan«, sagte Celeste mit einem unschuldigen Lächeln. Die Mädchen beim Fenster sahen sich selbstgefällig an. »Das Bett da in der Ecke ist deins.«
      In dem Zimmer standen fünf Betten mit dünnen Vorhängen, die man wie im Krankenhaus zuziehen konnte, um ein bisschen Privatsphäre zu haben. Irgendwer hatte den Vorhang des Bettes in der Ecke zugezogen, und ich ging hin und öffnete ihn. Und wich entsetzt zurück.
      Das Bett war mit schwarzer Seide bedeckt und von großen Beerdigungskerzen umgeben. Auf dem Kopfkissen waren Rosenblüten verstreut worden, die an karmesinrote Blutstropfen erinnerten. Darüber hing das Foto eines Teenagers mit weit aufgerissenen Augen, die mich direkt anzusehen schienen. Meine eigenen Sachen lagen verstreut auf dem Boden. Ich wirbelte zu Celeste herum, um sie zur Rede zu stellen.
      »Was hat das zu bedeuten?«
      Ihr Lächeln war verschwunden. »Das hat zu bedeuten, dass du hier nicht willkommen bist. Vor dir hat meine Kusine Laura in diesem Bett geschlafen. Sie ist gestorben. Ich vermute, das hat man dir nicht gesagt, oder?«
      »N-nein.«
      »Du bist nur hier, weil durch ihren
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