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Die Abenteuer von Sherlock Holmes

Die Abenteuer von Sherlock Holmes

Titel: Die Abenteuer von Sherlock Holmes
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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werde ich bei Ihnen sein. Habe ich mich klar ausgedrückt?"
    "Ich soll neutral bleiben, mich nah am Fenster halten, Sie beobachten und auf Ihr Signal dieses Ding werfen, dann Feuer schreien und Sie an der Straßenecke erwarten."
    "Präzis."
    "Sie können sich ganz auf mich verlassen."
    "Das ist vorzüglich. Ich glaube, jetzt ist es Zeit, daß ich mich auf die neue Rolle vorbereite."
    Er verschwand im Schlafzimmer und kam nach wenigen Minuten in der Maske eines liebenswürdigen, einfältigen Nonkonformisten-Geistlichen zurück. Der breite schwarze Hut, die ausgebeulten Hosen, das weiße Beffchen, das einnehmende Lächeln - überhaupt die ganze Erscheinung war von der Art wohlmeinender Neugier, wie sie allein Mr. John Hare hervorbringen konnte. Es handelte sich nicht darum, daß Holmes nur sein Kostüm gewechselt hatte. Sein Ausdruck, seine Gebärden, ja seine Seele schienen sich mit der Annahme jeder neuen Rolle zu verändern. Die Bühne hatte einen hervorragenden
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    Schauspieler, wie die Wissenschaft einen scharfen Denker eingebüßt, als er Spezialist für Verbrechen wurde.
    Viertel nach sechs verließen wir die Baker Street, und es fehlten noch zehn Minuten an der vollen Stunde, als wir die Serpentine Avenue erreichten. Es war schon neblig, die Lampen waren gerade angezündet worden, und wir schritten in Erwartung seiner Bewohnerin vor ›Briony Lodge‹ auf und ab. Das Haus sah genauso aus, wie ich es mir nach Sherlock Holmes' bündiger Beschreibung vorgestellt hatte, aber der Ort schien mir weniger einsam zu sein als erwartet. Im Gegenteil, für eine kleine Straße in ruhiger Gegend war sie merkwürdig belebt. In einer Ecke stand eine Gruppe schäbig gekleideter Männer, die rauchten und lachten, dann sah ich einen Scherenschleifer mit seinem Rad, zwei Soldaten, die mit einem Kindermädchen schäkerten, und einige gut gekleidete junge Leute, die Zigarren im Mund, auf dem Gehweg flanierten.
    "Sehen Sie", bemerkte Holmes, als wir vor dem Haus hin und her wanderten, "die Heirat vereinfacht das Ganze eher. Die Fotografie wird jetzt zu einer zweischneidigen Waffe. Es steht so, daß sie nun ebensoviel dagegen haben müßte, daß Godfrey Norton das Bild sieht, wie unser Klient dagegen ist, daß es der Prinzessin vor Augen kommt.
    Bleibt die Frage: Wo haben wir die Fotografie zu suchen?"
    "Ja, wo?,"
    "Es ist sehr unwahrscheinlich, daß sie das Bild mit sich herumträgt.
    Es hat Kabinettformat, ist also zu groß, als daß es leicht in den Kleidern einer Frau verborgen werden könnte. Sie weiß, daß es der König fertig bringt, ihr auflauern und sie durchsuchen zu lassen.
    Zweimal wurde das schon versucht. Wir dürfen annehmen, daß sie es nicht mit sich herumträgt."
    "Wo ist es dann?"
    "Bei ihrem Bankier oder bei ihrem Rechtsanwalt, diese beiden Möglichkeiten gibt es. Aber ich neige dazu, sie beide zu verwerfen.
    Frauen sind von Natur geheimniskrämerisch, und sie haben gern ihre Geheimnisse. Warum sollte sie das Bild jemand anderem gegeben haben? Auf die eigene Wachsamkeit kann sie sich verlassen, aber sie weiß nicht, welch ein indirekter oder politischer Einfluß auf einen Geschäftsmann ausgeübt werden kann. Außerdem, erinnern Sie sich, war sie entschlossen, es in wenigen Tagen gegen unseren Klienten zu gebrauchen. Es muß irgendwo sein, wo sie es leicht erreicht. Es muß sich in ihrem Haus befinden."
    "Aber das ist zweimal durchsucht worden."
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    "Pah! Die Leute wußten nicht, wie man sucht."
    "Und wie wollen Sie suchen?"
    "Ich werde nicht suchen."
    "Was dann?"
    "Ich werde sie dazu bringen, mir das Bild zu zeigen."
    "Aber sie wird sich weigern."
    "Das wird sie nicht können. Aber ich höre Räderrumpeln. Das ist ihr Wagen. Befolgen Sie jetzt meine Anordnungen aufs I-Tüpfelchen."
    Während er sprach, bogen die Seitenlichter eines Wagens um die Straßehecke. Sie gehörten zu einem schmucken kleinen Landauer, der vor die Tür von ›Briony Lodge‹ ratterte. Er hielt und einer von den an der Ecke lungernden Männern sprang hinzu, die Tür zu öffnen, in der Hoffnung, ein paar Münzen zu verdienen, aber er wurde von einem anderen Lungerer, der in gleicher Absicht herbeieilte, beiseite gestoßen. Ein wilder Streit brach los, den die beiden Soldaten, die für den ersten Bummler Partei ergriffen, und der Scherenschleifer, der sich genauso heiß für die andere Seite einsetzte, noch
    verschlimmerten. Der erste Schlag fiel, und im Nu befand sich die aus dem Wagen gestiegene Dame inmitten eines kleinen
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