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Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1
Autoren: Arthur Conan Doyle
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gesellschaftlichen Katastrophe in die Qualität einer weitgehend wertneutralen, lediglich zu klärenden Angelegenheit übergeführt worden; der Verbrecher verkörpert nicht mehr den miserablen oder mitleidverdienenden oder sympathiefordernden Outsider, sondern vor allem, wenn nicht ausschließlich, die Instanz, die ein Geheimnis (eben daß er der Verbrecher ist) in ihrem Besitz hält und die im übrigen alles Interesse daran hat, daß dieses Geheimnis nicht gelüftet wird. Er ist gewissermaßen die Sphinx, die dem ›detective‹, dem Aufklärer, die Aufgabe stellt. Der Detektiv aber erweist sich als der eigentliche Held des Spiels, als der Mann, der – sei es in Gestalt des Vertreters der gesellschaftlichen Macht, deren Norm gebrochen wurde, oder des Privatmanns, der sich aus eigenem Antrieb oder nach Auftrag der Recherche annimmt – sich daran macht, das Geheimnis zu enträtseln. Und sein Ruhm leuchtet um so heller, und die Anteilnahme des Lesers ist um so intensiver, desto besser das Geheimnis gehütet und desto aussichtsloser sich zu Beginn der Versuch ausnimmt, Klarheit zu erlangen.
      Als Vater dieses Grundschemas gilt mit Recht Edgar Allan Poe, der mit der Erzählung ›Der Doppelmord in der Rue Morgue‹ (›The Murders in the Rue Morgue‹, 1841) die erste und bis heute beispielgebende Probe für diese Art von Literatur gegeben hat. Er stellte dieser ersten von drei Erzählungen, die sich mit Kriminalfällen befassen, ein bemerkenswertes Motto aus der ›Urnenbestattung‹ des englischen Philosophen Thomas Browne voran: ›Welches Lied die Sirenen sangen oder welchen Namen Achilles annahm, als er sich unter Weibern verborgen hielt, sind zwar schwierige Rätsel, doch nicht jeder Mutmaßung unzugänglich.‹ Unter dieser Devise läßt er seinen Detektiv, den Monsieur C. Auguste Dupin – den ersten wirk lichen Detektiv der Weltliteratur, trotz des biblischen Daniel und manch anderer scharfsinniger Figuren aus den Literaturen der Völker von China bis Frankreich und England –, an die Aufklärung eines geheimnisvollen Mordes an zwei Frauen gehen. Dessen Aktivität beschränkt sich nun im wesentlichen darauf, die Umstände, in denen man die Leichen in der Rue Morgue vorfand, und die unklaren Berichte von Leuten aus der Nachbarschaft so der analysierenden und schlußfolgernden Ratio und einer ans Wunderbare grenzenden Beobachtungsgabe zu unterziehen, daß mit fast mathematischer Sicherheit die im verborgenen liegenden Geschehnisse ans Licht kommen müssen. ›… erst in Dingen‹, konstatiert Poe in der Einleitung der Erzählung, in der er sich über die Gewinnchancen eines tüchtigen Whist- oder Damespielers ausläßt, ›die über die Grenzen der bloßen Regel hinausgehen, erweist sich die Geschicklichkeit des Analytikers. Er macht stillschweigend eine Menge von Beobachtungen und zieht daraus seine Schlüsse. Auch seine Mitspieler tun es vielleicht, aber der Unterschied in der Tragweite der erlangten Kenntnis liegt nicht so sehr in der Richtigkeit seiner Schlüsse als in der Schärfe der Beobachtung.‹
      Diese Erzählung stellt gewissermaßen die Detektivgeschichte in nuce dar, und in wie vielen Gestalten sich auch seitdem der Rechercheur in der Literatur gezeigt hat, in wie viele rare und seltsame Attitüden er sich auch geworfen haben, mit welchen Eigenheiten er auch aufgetreten sein mag: Die Verwandtschaft mit Monsieur Dupin läßt sich kaum verleugnen. Seine Methode der ›ratiocination‹, der Erschließung eines Tatbestandes durch genaue Beobachtung und logisches Folgern, ist seitdem zur Schablone für einen Zweig der Literatur geworden, der über die Jahrzehnte hinweg stetig an Beliebtheit gewonnen hat, nicht zuletzt, weil der Leser, wie Brecht treffend formuliert, Vergnügen daraus ziehen kann, wie er zu vernünftigen Urteilen gebracht wird, indem man ihn zwingt, seine Vorurteile aufzugeben.

    Der ›Meisterschüler‹ Poes ist Arthur Conan Doyle. Er hat dieses Meister-Schüler-Verhältnis nicht geleugnet, und auf seiner letzten Reise in die USA äußerte er nach einem Besuch in Fordham bei New York, wo Poe seine letzten Jahre verbracht hatte: ›Wenn jeder, der seine Eingebungen Poe verdankt, den zehnten Teil seines Profits hergeben müßte, so könnte diesem ein Monument errichtet werden, das größer wäre als die Pyramiden, und ich zum Beispiel wäre einer von den Erbauern.‹ Indes lebt sein Sherlock Holmes nicht ausschließlich aus dem Erbe Poes, wenngleich er mit Monsieur Dupin
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