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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition)
Autoren: Matthew Quirk
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Nachforschungen über ein Objekt anzustellen – Entschuldigung, das ist Old-Mike-Jargon –, über einen »Entscheidungsträger«, den die Firma zu beeinflussen versuchte. Das bedeutete, alles irgend Mögliche, Öffentliches wie Privates, über das Objekt herauszufinden und die Ergebnisse ausschließlich auf das einzudampfen, was für den anhängigen Fall von Bedeutung war – und sonst nichts. Das fand Eingang in ein Memo, Maximum eine Seite. Das nannten sie »das Meer aufwühlen«. Aber was war von Bedeutung? Wir Junior Associates hatten keine Ahnung, aber wir waren verdammt gut beraten, es herauszufinden.
    Das war das Schlimmste. Die Partner und Senior Associates wussten, dass wir nach einem wohlwollenden Tätscheln lechzten und nur noch härter arbeiten würden, wenn sie uns zappeln ließen. Also sagten sie uns nie genau, ob wir nun richtig- oder falschlagen. Sie berührten nur mit zusammengelegten Fingerspitzen ihre Lippen und sagten: »Wie wär’s, wenn Sie es noch mal versuchen würden?« Und dann schoben sie einem das Ergebnis endloser Nächte und Wochenenden im Büro über den Schreibtisch und verlangten nach mehr. Wenn man Glück hatte, erntete man die seltenste aller Belobigungen, ein »nicht übel« – bei der Davies Group das Äquivalent eines hechelnden Orgasmus. Und wenn man die falschen Salzkörner aus dem Meer schöpfte? Dann war man draußen. Schwimmen oder absaufen.
    Ich würde schwimmen. In der Navy hatten sie mich anfangs ziemlich übel schikaniert, und wenn das das Schlimmste war, was sie hier für mich in petto hatten, nämlich vor einem Computer zu sitzen, dann würde ich es schaffen. Wenn ich wach war (was ich achtzehn, neunzehn Stunden am Tag war), dann arbeitete ich.
    Das Geld reichte aus, um mir Harvard und Crenshaw vom Leib zu halten, und obwohl ich zwanzig Prozent sparte (ich war immer noch davon überzeugt, dass man mir den Teppich unter den Füßen jeden Augenblick wieder wegziehen würde), hatte ich mehr übrig, als ich ausgeben konnte. Ich musste mich erst daran gewöhnen, ohne Gutscheine zum Essen zu gehen und in einer anständigen Wohnung zu leben, in die ich Leute einladen konnte, ohne rot zu werden.
    Geld war nicht der einzige Vorteil. In meiner kurzen Zeit bei Davies kam ich in den Genuss von Vergünstigungen, von deren Existenz ich vorher keine Ahnung gehabt hatte, Dinge, von denen ich nicht mal gewusst hätte, dass ich sie mir wünschen könnte. Sie schickten Möbelpacker nach Cambridge, um meine alte Wohnung aufzulösen. Junge Burschen, die so höflich waren, nicht über meine heruntergekommene Bude zu lachen. Es dauerte eine halbe Stunde, bis sie mich davon überzeugt hatten, dass sie auch ohne meine Hilfe zurechtkämen. Ich bräuchte nur eine Tasche für mich zu packen und meinen fünfzehn Jahre alten Jeep Cherokee runter nach D C zu fahren. Die Stoßdämpfer waren hinüber, sodass der Wagen jedes Mal, wenn ich schneller als neunzig fuhr, auf den Blattfedern hin und her schlingerte wie eine Schaukel. Davies hatte mich in eine Firmenwohnung an der Connecticut Avenue einquartiert: achtzig Quadratmeter, zwei Zimmer plus Arbeitszimmer und Balkon, mit Pförtner und Concierge.
    »Lassen Sie sich bei der Wohnungssuche so viel Zeit, wie Sie wollen«, sagte Davies am ersten Tag. »Wir können den Kontakt zu einem Immoblienmakler herstellen, aber wenn Sie sich lieber auf Ihre Arbeit konzentrieren wollen, als Häuser zu besichtigen, so soll uns das recht sein.«
    Selbst wenn ich nicht versucht hätte zu sparen, es gab gar nichts, was ich mir hätte kaufen können. Die Firma hatte einen Fahrzeugpool, und an den meisten Tagen ließen wir uns Frühstück, Lunch und Abendessen ins Büro bringen.
    In der ersten Woche lernte ich meine Sekretärin Christina kennen, eine zierliche Ungarin. Sie war so winzig, akkurat und effizient, dass ich nur mäßig überrascht gewesen wäre, wenn sie sich als Roboter entpuppt hätte. Ständig ertappte sie mich: zum Beispiel wenn ich sie fragte, wo die Poststelle ist oder eine chemische Reinigung. Sie streckte dann nur die Hand aus und schaute mich etwas pikiert an, weil ich überhaupt versucht hatte, irgendetwas von diesen Dingen selbst zu tun, und übernahm dann alles, was ich erledigt haben wollte.
    »Tut mir leid, Mr. Ford, aber ich muss darauf bestehen. Das hat nichts mit Luxus zu tun. Davies möchte nur sicherstellen, dass Sie Ihre Arbeit tun und Ihr Geld wert sind.«
    Das machte es etwas einfacher. Die fünfzig ärgerlichen Dinge, die bei einem
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