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Diaspora

Diaspora

Titel: Diaspora
Autoren: Greg Egan
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Tor aus langen Neutronen, das weiter nach oben führte. Wenn die Transformer irgendwo zu finden waren, dann hier.
    »Was jetzt? Wo suchen wir nach ihnen?« fragte Yatima.
    Paolo machte an der Strebe einen Überschlag und katapultierte sich dann in den Raum. Er entfernte sich taumelnd vom Satelliten, bis er die Gesetze der Physik verletzte und wirbelnd zurückkehrte.
    »Wir müssen genau vor unserer Nase suchen«, sagte er.
    »Da befindet sich nichts.«
    »Jetzt nicht mehr. Weil es vorbei ist. Wir haben alles gesehen.«
    »Ich verstehe nicht.«
    Paolo schloß die Augen und sprach mit Nachdruck. »Die Artefakte waren Poleis. Es kann gar nicht anders sein. Doch statt die Daten in einer bestehenden Polis zu ändern … haben sie auf jeder folgenden Ebene immer wieder neue errichtet.«
    Yatima verarbeitete diese Aussage. »Und warum haben sie dann aufgehört?«
    »Weil nichts mehr zu tun war.« Paolos Gestalt schien zwischen kosmischer Agonie über den Mißerfolg ihrer Suche und jubelnder Begeisterung über ihren Abschluß zu oszillieren. »Sie haben alles gesehen, was sie von der Außenwelt sehen wollten – sie hatten sich immerhin durch mindestens sechs Universen emporgearbeitet –, und dann hat die Uhr zweihundertbillionenmal getickt, während sie über ihre Erfahrungen nachgedacht haben. Sie errichteten abstrakte Landschaften, schufen Kunstwerke, ließen ihre Geschichte Revue passieren. Ich weiß es nicht. Wir werden es niemals entziffern; wir werden niemals genau erfahren, was geschah. Aber das müssen wir auch gar nicht. Willst du die Daten plündern, sie nach Geheimnissen durchstöbern? Willst du ihre Gräber schänden?«
    Yatima schüttelte den Kopf.
    »Allerdings verstehe ich die Formen nicht«, sagte Paolo. »Die Veränderungen der Größe und Anzahl.«
    »Ich schon, denke ich.«
    In ihrer Gesamtheit bildeten die Artefakte eine gigantische Skulptur, die sich über mehr als eine Billiarde Universen erstreckte. Die Transformer hatten etwas erbaut, das Universen in den Schatten stellte, jedes jedoch nur leicht berührte. Sie hatten nicht ganze Welten in Trümmer gelegt, und sie hatten auch keine Galaxien nach ihren Vorstellungen umgestaltet. Nach ihrer Evolution auf einer fernen, endlichen Welt hatten sie das Erbe der wertvollsten Überlebenseigenschaft bewahrt.
    Die Genügsamkeit.
    Yatima spielte mit einem Modell der Skulptur, bis hie eine geeignete Möglichkeit gefunden hatte, sie zusammenzusetzen. Hie erweiterte die Landschaft auf fünf Dimensionen und zeigte dann Paolo die Figur.
    Sie hatte vier Beine und vier Arme, von denen einer über den Kopf hinaus nach oben gestreckt war. Keine Finger, aber vielleicht war es nur eine stilisierte Post-Introdus-Version der ursprünglichen Körpergestalt. Die Spitze eines Fußes befand sich in der sechsten Makrosphäre. Der höchste Punkt des erhobenen Arms des Transformers lag in der Ebene genau unter ihnen.
    Und er zeigte auf die unendliche Anzahl der höheren Ebenen. Auf all die Welten, die er niemals sehen, niemals berühren, niemals verstehen würde.
     
    Sie begutachteten die Aufzeichnungen der Kommunikationsunterbrechungen. Es gab mehr als sieben Millionen abgerissene Verbindungen, und die Summe der registrierten zeitlichen Aussetzer betrug über neunzig Milliarden Jahre. Statistisch war es inzwischen ausgeschlossen, daß keine der mehreren hundert Billiarden Singularitäten in der Kette verlorengegangen war. Und selbst wenn sie bis zur zweiten Makrosphäre zurückkehren konnten – oder auf die Ebene darüber, sofern jenes Universum nicht völlig leer war, nachdem die Sterne ihren Brennstoff verbraucht hatten –, würden sie dort nichts mehr vorfinden. Die irdische Zivilisation, die sie gekannt hatten, mußte sich längst mit anderen aus der zweiten Makrosphäre vereinigt oder eine Evolutionsstufe erreicht haben, die nichts mehr mit den Ursprüngen gemeinsam hatte.
    Yatima schaltete den Strom der Gestalt-Daten aus dem Logbuch ab und blickte sich in der sternenübersäten Landschaft um. »Was nun?«
    Paolo sagte: »Meine anderen Versionen haben genau das getan, wozu auch ich imstande gewesen wäre. Und sie haben ein besseres Leben geführt als das, was ich hier für mich verwirklichen konnte.«
    »Wir könnten Weiterreisen. Nach einheimischen Zivilisationen suchen.«
    »Das könnte eine sehr lange und sehr einsame Reise werden.«
    »Wenn du mehr Gesellschaft möchtest, können wir sie jederzeit erschaffen.«
    Paolo lachte. »Du hast zwar ein wunderschönes Icon,
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