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Diaspora

Diaspora

Titel: Diaspora
Autoren: Greg Egan
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die Energie durch ein Wurmloch ein- und ableiten.«
    »Wenn du recht hast – warum ignorieren sie uns dann? Oder haben sie jeden Kontakt zur Außenwelt abgebrochen?« Selbst die Bürger von Ashton-Laval hätten es unverzüglich bemerkt, wenn jemand die Hülle ihrer Polis mit einem Laser bestrichen hätte. »Und wenn sie uns jetzt ignorieren, was wird geschehen, wenn wir etwas Intensiveres unternehmen, wenn wir das Artefakt penetrieren, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen?«
    »Wir könnten tausend Jahre abwarten«, sagte Paolo, »um zu sehen, ob sie sich irgendwann dazu herablassen, Kontakt mit uns aufzunehmen.«
    Sie schickten einen kleinen Schwarm Femtomaschinen hinüber, die sich unter die Oberfläche gruben. In ein paar Metern Tiefe stießen sie auf eine Struktur: ein Muster winziger Defekte im Quarzkristall. Eine statistische Analyse ergab, daß die Defekte nicht zufällig waren; die Wahrscheinlichkeit, daß derartige räumliche Korrelationen natürlich auftraten, war infinitesimal. Doch der gesamte Kristall war statisch, ohne jede Veränderungsmöglichkeit.
    Es war keine Polis, sondern ein Datenspeicher.
    Die Größe war überwältigend. Die Daten waren fast genauso dicht wie in ihren eigenen molekularen Speichern gepackt, doch das Artefakt hatte das Fünfhundertbillionenfache des Volumens der Polis. Sie setzten eine Software zur Musteranalyse ein, um die Bedeutung einiger Scheibchen und Fragmente zu entschlüsseln, aber ohne Ergebnis. Sie beschleunigten ihre Zeitrate für ein Jahrhundert, während die Femtomaschinen immer tiefer vordrangen und die Software am Problem arbeitete.
    Ein Jahrtausend verging. Die Femtomaschinen fanden eine Kopie der uralten Darstellung der Milchstraße, die in die Defekte eingeschrieben und von unentzifferbarem Material umgeben war. Sie faßten neuen Mut und warteten weitere tausend Jahre, doch die Software war nicht in der Lage, das Speicherprotokoll irgendwelcher anderen Daten zu decodieren. Und obwohl ihre Analyse erst am Anfang stand, vermutete Yatima, daß sie auch nicht mehr verstehen würden, wenn sie alle Daten durchforstet hatten.
    Aus heiterem Himmel sagte Paolo bedrückt: »Orlando ist vermutlich tot. Von ihm ist nichts mehr übrig außer körperlichen Ururenkeln, die auf irgendeinem obskuren Planeten in der zweiten Makrosphäre leben.«
    »Deine anderen Ichs dürften ihn besucht haben. Und seine Kinder. Und sich von ihm verabschiedet haben.«
    Paolo nahm menschliche Gestalt an und weinte. »Er war ein Mittler«, sagte Yatima. »Er hat dich gelehrt, mit anderen Zivilisationen Kontakt aufzunehmen. Er wollte, daß du dich so weit wie möglich vorwagst.«
    Die Oberfläche des Artefakts war voller langer Neutronen, die denselben Katalysator wie immer enthielten. Und auch die Darstellung des Zentrumsausbruchs war in der Wurmloch-Sequenz codiert – obwohl die winzigste Fluktuation des Vakuums hier ein unvorstellbar größeres Ereignis als jede galaxisweite Katastrophe in ihrem Heimatuniversum war.
    Sie entnahmen eine Neutronenprobe, bauten eine neue Polis in der siebenten Makrosphäre und gingen hindurch.
     
    In der Nähe der Singularität trieb ein weiteres Artefakt im freien Raum. Es bestand aus denselben auffälligen Mineralien, die sie zuerst auf Poincaré gefunden hatten.
    Es war kalt und inaktiv und enthielt dieselben mikroskopischen Defekte wie das erste. Es war unmöglich zu sagen, ob auch die Daten identisch waren; sie konnten nur winzige Probleme miteinander vergleichen. Die Software fand einige übereinstimmende Sequenzen, Bit-Ketten, die sich in beiden Kristallen relativ häufig wiederholten. Das Speicherprotokoll blieb unverständlich, aber es war vermutlich dasselbe.
    »Wir können jederzeit umkehren und zurückgehen«, sagte Yatima.
    »Sag es nicht immer wieder! Du weißt genau, daß es nicht wahr ist.« Paolo lachte, eher resigniert als verbittert. »Wir haben sechstausend Jahre verstreichen lassen. Wir haben unser eigenes Volk zu Fremden gemacht.«
    »Das ist ein graduelles Problem. Je eher wir zurückkehren, desto leichter werden wir uns wieder einfügen können.«
    Paolo blieb hartnäckig. »Wir haben den Punkt überschritten, an dem wir mit leeren Händen zurückkehren könnten. Wenn wir jetzt aufgeben, bevor wir noch mehr Zeit verlieren, würde es bedeuten, daß sich die Suche von Anfang an nicht gelohnt hat.«
     
    In der achten Makrosphäre stießen sie auf ein drittes Artefakt und in der folgenden auf ein viertes. Ihre Größe und Form war in den
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