Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dhampir - Götterjagd

Dhampir - Götterjagd

Titel: Dhampir - Götterjagd
Autoren: Barb & J.C. Hendee
Vom Netzwerk:
Wald, schenkte Ubâds Flehen keine Beachtung und überließ ihn Chaps Zähnen. Zuvor in jener Nacht hatte sich Magiere in den Erinnerungen ihrer toten Mutter verloren und beobachtet, wie ihr Halbbruder Welstiel im Wald mit jemandem sprach, den sonst niemand sehen oder hören konnte.
    Vielleicht war dieser Jemand das Geschöpf mit dem schwarzen Schuppenleib gewesen, das in Magieres Traum geflüstert hatte und auch auf der Lichtung bei Ubâd. Vielleicht hatte diese uralte Kraft nicht nur die Grundlage für Ubâds Macht gebildet, sondern auch Welstiels untoten Vater dazu gebracht, Pläne für Magieres Geburt zu schmieden. In den Tagen, die dem Traum folgten, erinnerte sich Magiere an einige Worte, die Wynn und Domin Tilswith von einer alten Schriftrolle aus dem Vergessenen übersetzt hatten. Darin war die Rede von einem alten Feind, »Stimme der Nacht« genannt.
    Und Wynn hatte »Il’Samar« als einen Namen oder Titel mit der Bedeutung »Gespräch im Dunkeln« übersetzt.
    Im Reich der Elfen hatte Magiere erfahren, dass nie ein Untoter elfisches Land betreten hatte, nicht einmal in der fernen Zuflucht auf Wynns Kontinent, dem Ort, zu dem die Überlebenden des Krieges der Vergessenen Geschichte geflohen waren. Aber sie, Tochter eines Edlen Toten, wandelte in diesem Land. Ihre Berührung genügte, um den Bäumen Lebenskraft zu entziehen, und deshalb hatte sie es sich zur Angewohnheit gemacht, Handschuhe zu tragen, um direkten Kontakt mit dem Elfenwald zu vermeiden.
    Magiere fühlte sich von all diesen Dingen bedrängt, und seit der Nacht des Traums fürchtete sie den Schlaf. Sie begriff, dass es nur eine Lösung gab: Sie musste das alte Artefakt finden. Vorher konnte sie nicht heimkehren.
    Die Bilder des Traums hatten ihr einen Hinweis darauf gegeben, wo es zu suchen galt, in welche Richtung sie sich wenden musste. Deshalb wollte sie sofort mit der Suche beginnen.
    »Wir waren viel zu kurz in dem Laden! Ich hatte kaum Zeit, mich umzusehen, bevor du mich durch die Tür nach draußen geschoben hast!«
    Die vertraute hohe Stimme unterbrach Magieres Grübeleien, und sie sah einen silbergrauen Hund und einen hochgewachsenen, graugrün gekleideten Elfen über die Straße kommen. Chap lief voraus, den Schwanz hoch erhoben und den Kopf gesenkt. Gelegentlich knurrte er leise und zeigte die Zähne, während Brot’an ihm folgte.
    Im Gegensatz zu den meisten anderen Elfen war Brot’an breitschultrig und kräftig gebaut, groß selbst nach den Maßstäben seines Volkes. Im dichten weißblonden Haar zeigten sich graue Strähnen, die im Sonnenschein silbrig glänzten. Als er sich näherte, zeichneten sich in seinem Gesicht vier lange Narben ab. Sie reichten über die rechte Seite der Stirn und setzten sich auf der Wange fort. Brot’an trug wie Sgäile Mantel, Hemd und Hose im Graugrün der Anmaglâhk, der Elfenkaste der Spione und Assassinen.
    Die Anmaglâhk kannten keine Angst, aber Brot’an ging mit langen Schritten, als fürchtete er Verfolger. Chap teilte seine Unruhe und lief schneller, wie um der scheltenden Stimme zu entkommen.
    »Wir müssen zurück!«, erklang sie erneut. »Ich bin noch nicht mit meinen Notizen fertig. Habt ihr gehört?«
    Brot’ans breite Gestalt verwehrte den Blick auf die Frau, von der die Worte stammte n – bis Wynn Hygeorht herankam und zur Seite trat.
    »Und nenn mich nicht ›Mädchen‹! Nur weil du langlebiger bis t – und ein Riese selbst bei deinem Vol k – , macht mich das im Vergleich zu dir noch nicht zu einem Kind!«
    Jeder Schritt von Brot’an bedeutete zwei für die kleine Weise, und ihr Kopf reichte ihm gerade bis zur Brust. Wynn war Anfang zwanzig und hatte hellbraunes Haar, das sie offen trug; es flatterte im Wind um ihr ovales, olivfarbenes Gesicht. Gekleidet war sie in eine geliehene gelbe Hose und einen weiten rostbraunen Kasac k – Kleidung, wie sie von jungen Leuten in Sgäiles Clan getragen wurde. Die Hosenbeine waren zu lang und hochgerollt, damit Wynn nicht darüber stolperte. Der verblichene, für sie viel zu lange Männermantel über dem Kasack gab ihrem Erscheinungsbild etwas Absurdes.
    »Hast du gehört?«, fragte Wynn und zupfte an Brot’ans Mantel.
    Die Gesichter der Anmaglâhk waren schwer zu deuten, und das galt insbesondere für die sogenannten Meister unter ihnen, wie Brot’an und Urhkar. Aber diesmal war Brot’ans Miene keine starre Maske, die nichts preisgab. Eine wortlose Bitte um Hilfe zeigte sich darin.
    Magiere konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher