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Dezembergeheimnis

Dezembergeheimnis

Titel: Dezembergeheimnis
Autoren: Caroline Richter
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nämlich aus.
    »Aber du hast mich doch gebacken«, sagte er leise.
    »Sie müssen sich irren«, beharrte Lea weiter, auch wenn seine hängenden Schultern bereits an ihrem Gewissen nagten. »Da muss es sich um ein Missverständnis handeln. Bitte, wenn Sie mir einfach sagen, woher Sie kommen, finden wir sicher eine Lösung, Sie dort wieder zurück   … «
    Ihre Worte blieben in der Luft hängen, als Noel mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck aufstand und zum Ofen marschierte. Die Decke ließ er dabei einfach auf dem Sessel zurück, genau wie Lea, die ihm verdattert hinterher blickte.
    Als er sich wieder zu ihr drehte, sah sie rasch auf ihre Knie, bis er neben ihr stand und ihr eine Pappschachtel unter die Nase hielt.
    »Du hast mich gebacken«, betonte Noel nochmals eindringlich und setzte sich zurück in den Deckenberg.
    Leas Augen fraßen sich praktisch in die
Traummann
-Aufschrift der Fertigbackmischung fest. Das konnte doch nicht sein, oder? So etwas gab es nicht, so etwas konnte nicht real sein.
    Sie hob den Kopf und begegnete Noels Blick, der geduldig und scheinbar völlig zuversichtlich auf ihr ruhte. Langsam drehte sie sich von ihm ab und stattdessen zur Küche hin. Kein laufender Backofen, kein Kuchengeruch. Mit einem letzten Blick auf den halbnackten Mann erhob sie sich ebenfalls und durchlief den kleinen Küchenbereich ihrer Wohnung. Kein Kuchen im Ofen, nicht mal eine Form, nichts.
    Ihr schlug das Herz bis zum Hals. Sollte sie den Tatsachen glauben – oder vielmehr: Konnte sie es? Das war doch ein Ding der Unmöglichkeit, so etwas existierte einfach nicht.
    »Du hast nicht gelogen?«, fragte sie leise.
    »Natürlich nicht. Ich lüge niemals.«
    Langsam drehte sie sich zu ihm um. »Du bist ein Kuchen?«
    »Ich bin dein Wunsch.« Er grinste triumphierend.
    »Nein.« Lea schüttelte den Kopf.
    »Nein?«
    »Nein!«, erklärte sie vehement. »Ich habe mir keinen Kuchen gewünscht! Ich habe mir einen Traummann gewünscht, einen Seelenverwandten!«
    »Aber das kann ich doch sein! Solange ich bei dir bin, werde ich sein, was immer du möchtest.«
    »Aber   … «, hilflos klammerte sie sich an ihr Handtuch, »das geht doch nicht.«
    Es war nicht nur unmöglich, es war auch noch albern, dass ein Kuchen ihr Seelenverwandter sein sollte. Was sagte das denn in Gottes Namen über ihren Charakter aus?
    »Doch, Frau Wegener, ich werde mir wirklich Mühe geben! Ich werde deinen Wunsch erfüllen!« Voller Enthusiasmus sprang er abermals auf und kam mit seinen strahlenden Augen – und dem Rest seiner Pracht – auf sie zu. Lea holte tief Luft, kniff die Augen zu und drehte sich weg. Das Handtuch spannte beim Einatmen über ihrer Brust, wodurch sie sich ihres eigenen Auftretens erst wieder bewusst wurde. Nackig, nur mit einem Handtuch. Mist.
    »Okay, zuerst sollten wir uns alle etwas anziehen«, murmelte sie und massierte sich die Schläfen. Auch wenn sie keine Ahnung hatte, wo sie irgendwas für diesen Noel auftreiben sollte. Natürlich, wie bei jeder Frau befand sich auch in ihrem Kleiderschrank wenigstens ein Schlabberhemd, doch nicht für alle Reichtümer dieser Welt würde sie diesen ausgeleierten und mit Kaffeeflecken übersäten Stofflappen rausrücken.
    Vielleicht könnte sie Sallys Freund fragen, ob er ihr   … Doppelmist!
    »Sally!«, japste sie.
    »Sally?«, fragte Noel und drehte sich um, als würde er jemanden hinter sich erwarten. Lea stöhnte frustriert auf.
    »Nein, Sally ist meine Freundin, die   … «, ihr Gesicht wurde aschfahl, »heute zum Kaffee kommen will.«
    Mit beiden Händen in den Haaren lief sie hin und her. »Ojemine, ich hab keinen Kuchen und ich bin nicht angezogen und hier ist nicht aufgeräumt   … « Sie kam vor Noel zum Stehen. »Und Sie sind hier! Was mache ich denn jetzt? Wie soll ich das denn erklären, wie soll   …?«
    Lea holte tief Luft und sah Noel ins Gesicht. »Sie müssen gehen. Jetzt, sofort!«
    »Gehen, aber wohin?«
    »Ist mir egal, dorthin wo Sie herkommen sind, Hauptsache weg.«
    Noel runzelte die Stirn und Lea sah, wie er die Zähne aufeinander biss, aber ansonsten schwieg. Schließlich ging er an ihr vorbei und lehnte sich an die Küchenzeile. »Besser?«
    Lea konnte nicht anders, als sich mit der flachen Hand vor die Stirn zu klatschen.
    »Nein, nicht besser, aber ich sehe, wir müssen das in Ruhe ausdiskutieren. Doch dafür haben wir jetzt keine Zeit.« Ein Blick auf die Küchenuhr verriet ihr, dass sie dafür sogar so was von keine Zeit
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