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Dezembergeheimnis

Dezembergeheimnis

Titel: Dezembergeheimnis
Autoren: Caroline Richter
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ein, dass die Bäckerei unter Umständen gar nicht offen sein könnte. Doch die Uhr zeigte fünf und sie war sich sicher, dass zumindest die alte Frau oder ihr Mann anwesend sein mussten. Sie betete, dass es erstere war.
    Ein Stöhnen neben ihr signalisierte, dass Noel wieder zu Bewusstsein kam.
    »Geht’s dir besser?« Mit einem kurzen Seitenblick versicherte sie sich, dass er nickte. Er sah aus wie ein völlig anderer Mensch; zusammengesunken, klein, kraftlos. Sogar seine Hautfarbe wurde äschern.
    »Es sind wie   … Wellen«, brachte er hervor, während er sich weiter den aufgeplatzten Arm hielt. Eine kurze Zeit fuhren sie, ohne dass jemand sprach.
    »Warum hast du mir nichts gesagt?«, fragte sie schlussendlich, darum bemüht, ihre Stimme so fest wie möglich zu halten. Es fühlte sich an wie   … das Ende.
    »Ich hab gemerkt, dass du es nicht weißt   … « Noel richtete sich halbwegs auf und ließ den Kopf mit geschlossenen Augen nach hinten fallen. Das Sprechen fiel ihm schwer und er musste zwischen den Wörtern immer wieder Pausen einlegen. »Du hättest mir nie eine Chance gegeben, wenn du gewusst hättest, dass ich nicht für immer bleiben kann.«
    Lea starrte stur auf die Straße. Sie musste gegen das heiße Stechen in ihrer Kehle ankämpfen.
    »Das ist nicht wahr«, entgegnete sie und wusste gleichzeitig, dass er Recht hatte. »Deswegen dieses Wochenende also? Deswegen sollte ich schonFreitag wiederkommen?«
    Noel nickte.
    »Du hast es die ganze Zeit gewusst, du   … Woher hätte ich das wissen sollen?«
    »Rückseite   … der Packung.«
    Das durfte nicht wahr sein. Das musste einfach ein schlechter Traum sein.
    »Okay, egal jetzt. Wie kann man es aufhalten?«
    »Man kann es nicht aufhalten.«
    Lea schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht.«
    »Lea, bitte. Du machst es dir damit nur schwerer.«
    »
Du
hast kein Recht, mir das zu sagen!«, fuhr sie ihn an. »Wir finden eine Lösung, wart’s nur ab!«
    Noel erwiderte nichts mehr, aber sie konnte den Schmerz spüren; über seine Wunden, über seinen Tod, über ihre Verzweiflung.
    Mit einem Schliddern kamen sie vor der Bäckerei zum Stehen.
    »Du wartest«, wies sie ihn an, stieg aus dem Auto und klopfte so laut sie konnte an die Tür. Es dauerte ein paar Minuten, was ihr Klopfen nicht unbedingt zärtlicher machte, aber schlussendlich schloss Frau Peters mit verwirrtem Gesicht die Tür auf.
    »Es ist Noel!«, erklärte Lea. »Er stirbt! Sie müssen uns helfen!« Wahrscheinlich klangen die Sätze nur wie ein sehr langes Wort.
    »Er stirbt? Oh, Kindchen   … Na gut, bring ihn erst mal rein.«
    Lea runzelte die Stirn ob dieser komischen Reaktion, tat aber wie geheißen. Zusammen halfen sie Noel auf eine Edelstahlarbeitsplatte. Seine Bewegungen waren hölzern und vor allem beim Bücken und Beugen brach der Teig an vielen Stellen.
    »Sie haben ihm damals geholfen, als das mit seiner Hand passiert ist. Bitte, ich flehe Sie an   … Tun Sie was!«
    Doch Frau Peters schüttelte nur den Kopf. »Er ist ein Kuchenmann. Das kann man nicht aufhalten.«
    »Woher wollen Sie das wissen?« Lea wusste, dass sie unhöflich klang, aber sie konnte sich nicht beruhigen. Auch Frau Peters schien zu verstehen, dass die Panik sie übermannt hatte und lächelte nur milde.
    »Du bist nicht die Einzige, die diesen Wunsch gehabt hat, Mädchen. Vor vielen, vielen Jahren wurde mir auch ein besonderes Weihnachtsgeschenk gewährt.«
    »Sie   … auch?« Lea blieb für einen Augenblick der Mund offen stehen. »Was haben Sie damals gemacht? Ist Herr Peters   …?«
    »Oh, nein!« Sie besaß sogar die Kühnheit, in einem solchen Moment zu lachen. »Mit meinem Mann war ich damals schon verlobt gewesen. Mein David ist zerfallen. Ein Monat; das ist, was wir kriegen, und nicht mehr. Noels Zeit ist gekommen.«
    »Nein. Nein! Das kann ich nicht akzeptieren.« Lea wandte sich zu Noel, der die Augen geschlossen hatte. Die Risse durch seinen Körper gingen immer tiefer und nichts, was dadurch sichtbar wurde, war menschlich. »Du bleibst bei mir, hörst du mich? Du hast es mir versprochen!«
    »Mädchen, du musst ihn gehen lassen. Ich weiß, es fällt schwer, aber er ist nicht dazu bestimmt, in dieser Welt für immer zu leben. Er ist ein Geschenk gewesen und als solches solltest du ihn auch in Erinnerung behalten.«
    Lea drehte sich um und war sich sicher, noch nie einem Menschen mit solchem Hass entgegengeblickt zu haben. »Sie werden mir jetzt helfen! Noel wird
nicht
sterben! Ich
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