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Deutschland. Ein Wintermärchen

Titel: Deutschland. Ein Wintermärchen
Autoren: Heinrich Heine
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Vorreden (
Über den Denunzianten
, 1837;
Der Schwabenspiegel
, 1839) und Vorworten (
Don Quichote
, 1837). Demgegenüber steht H.s Erzählprosa, obwohl mit der Form des historischen Schelmenromans experimentierend (
Der Rabbi von Bacherach
, 1840; bzw.
Aus den Memoiren des Herrn von Schnabelewopski
, 1834) ebenso zurück wie seine frühen Theatertexte (
Almansor
, 1823;
William Ratcliff
, 1823) und seine späten heidnisch-mythischen und phantastischen Stücke und Ballettlibretti (
Der Doktor Faustus. Ein Tanzpoem
, 1851;
Die Göttin Diana
, 1854;
Die Götter im Exil
, 1854).
    Stand die Prosa für H. in den 1830er Jahren auch im Vordergrund, so schrieb er doch gleichermaßen eine große Anzahl von Gedichten. Veröffentlicht hat er sie jedoch erst 1844 in seinem zweiten wichtigen Lyrikband, den
Neuen Gedichten
, in dessen drittem Teil, den
Zeitgedichten
(1841–44), H. einen neuen Ton anschlägt: Neben aggressiver Satire auf die Herrschenden (
Der Kaiser von China
, 1843/44) steht die ironische Auseinandersetzung mit der politisch-literarischen Modeströmung der Tendenzpoesie in Deutschland (Ferdinand Freiligrath, Georg Herwegh u.a.) – »Blase, schmettre, donnre täglich« (
Die Tendenz
, 1842). H.s Kritik an ihrem »vagen, unfruchtbaren Pathos« und ihrem »unklaren Enthusiasmus« setzt sich fort und spitzt sich zu in
Atta Troll
(1843/47), dem schlecht tanzenden Tanzbären, der zwar »Gesinnung« hat, aber keine sinnliche Ausdruckskraft – »kein Talent, doch Charakter«.
Atta Troll
ist »das letzte freye Waldlied der Romantik« und zugleich der Beginn der »moderne[n] deutsche[n] Lyrik« (
Geständnisse
, 1854). An den Anfang der
Zeitgedichte
stellte H. als Gegenposition seine
Doktrin
(1842) – er selbst als Tambour-Major, der die Hegelsche Philosophie, Reveille trommelnd und die Marketenderin küssend, in die Praxis umsetzt. Das beste Gegenbeispiel zu den »gereimten Zeitungsartikeln« bietet H. jedoch mit dem als Flugblatt verteilten und im Pariser
Vorwärts
abgedruckten Gedicht
Die schlesischen Weber
(1844), das den Weberaufstand in das Bild der ein »Leichentuch« für »Altdeutschland« produzierenden Weber fasst, als Ausdruck der historischen Notwendigkeit der Revolution.
    Gegen Preußen und die »deutsche Ideologie« wendet sich auch H.s Versepos
Deutschland. Ein Wintermärchen
(1844). Mit Zorn und Liebe stellt H. seinen »Patriotismus« gegen dessen »Maske« und »die der Religion und Moral« (Vorwort) und verspottet gleichermaßen den Anachronismus des germanisch-christlichen Königtums (Kyffhäuser-Sage) wie die Welt der Bourgeoisie (Göttin Harmonia). In diesen »versifizierten Reisebildern« (Brief v. 20. 2. 1844) verbinden sich Volksliedstrophe und volkstümliche Motive aus Sage und Märchen, Mythologie, Religion und Traum, Trauer um Deutschland und diesseitiges Glücksstreben zu einem »neuen Genre« (20. 2. 1844), das H. selbst, in der Tradition von Aristophanes stehend, »radikal, revolutionär« nennt (14. 9. 1844). Politischer Bezugspunkt dieser schärfsten deutschsprachigen Satire des 19. Jahrhunderts bilden der Saint-Simonistische Sensualismus und die Emanzipation des Menschen beim jungen Karl Marx.
    Mitte der 1840er Jahre gerät H. in eine Krise – Isolierung von den politischen Freunden, Erbstreitigkeiten, Beginn seiner Krankheit, die ihn ab 1848 ans Bett fesselte; dem Siechtum in der »Matratzengruft« stellte er die Intensität seiner Literaturproduktion entgegen. Die Prosatexte aus dieser Zeit leben vor allem von der Erinnerung: Er arbeitet sein Leben auf – die
Geständnisse
und die erst postum von der Familie zensiert veröffentlichten
Memoiren
(1884) –, und er arbeitet seine
Berichte über Politik, Kunst und Volksleben
für die
Augsburger Allgemeine Zeitung
(von 1840 bis 1844) zu den zwei Büchern der
Lutezia
um.
Romanzero
(1851), H.s dritter großer und sehr erfolgreicher Gedichtband, lebt dagegen ebenso wie die
Gedichte 1853 und 1854
(1854) aus der bedrückenden Gegenwart. H.s Leiden führt zu Verzweiflung und Widerstand, zu Distanz vom politischen Tagesgeschehen, der deutschen Misere nach 1848 und zur Konzentration auf die Kunst, zur religiösen »Bekehrung« und zu blasphemischen Zweifeln und Fragen nach der Gerechtigkeit angesichts von siegreichem Bösen und hilfloser Armut, wie H. es im
Lazarus
-Zyklus betont. Das letzte Gedicht dieses Abschnitts,
Enfant perdu
, bekenntnishaft wie die meisten Gedichte dieser Zeit, kann als H.s Testament gelesen werden:
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