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Deus X

Deus X

Titel: Deus X
Autoren: Norman Spinrad
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der sich
schnaufend und ächzend in der Luft hält und Kohlendioxid
und Nitride furzt wie das Arschloch des Teufels!
    Ich verlasse mein Boot nicht gern, außer wenn ich hin und
wieder in einem ruhigen kleinen Küstenstädtchen anlege, und
ich verspüre erst recht nicht den Wunsch, die zerfallenden
Städte im Landesinneren zu bereisen, diese Sündenpfuhle
menschlichen Fehlverhaltens, und man braucht kein Flammender
Grüner Krieger zu sein, um bei dem Gedanken zusammenzuzucken, in
etwas zu fliegen, das fossilen Treibstoff verbrennt.
    Andererseits war jede Organisation, die es fertigbrachte, sich so
ein Stück Raumzeitalter-Hardware zu beschaffen, es wieder
funktionsfähig zu machen und auf die eine oder andere Weise vor
den Behörden und den Lynch-Mobs zu schützen, sich
Flugbenzin dafür zu besorgen und es in die Luft zu bringen, ohne
dabei offenbar Angst vor tödlichen Sanktionen zu haben,
eindeutig eine, die über erhebliche Mittel verfügte –
finanzielle und andere.
    »Meine Sätze haben sich gerade noch mal
verdoppelt«, erklärte ich dem Kardinal, an dessen Echtheit
als authentischer Fürst der gut betuchten Kirche zu glauben mir
nunmehr angebracht erschien. »Aber Sie kriegen mich in keinen
Hubschrauber, und ich werde mein Boot nicht verlassen. Wenn Sie was
Geschäftliches mit mir besprechen wollen, dann tun Sie’s am
besten jetzt gleich.«
    »Wenn Sie darauf bestehen, fliege ich zu Ihnen
hinaus.«
    »Ist das Ihr Ernst?«
    »Wenn der Berg nicht zum Propheten kommen will, Mr.
Philippe…«
    »Nun hören Sie mal, Eure Eminenz, können Sie mir
nicht sagen, worum es eigentlich geht, bevor Sie Ihren Hubschrauber
in Betrieb setzen? Damit bürden Sie Ihrem Karma ‘ne Menge
Kohlendioxid auf, nur um ein kleines Schwätzchen zu halten. Um
ehrlich zu sein, das finde ich unmoralisch.«
    »Ich nicht minder! Aber wenn Sie meine Gründe kennen
würden, würden auch Sie einsehen, daß es notwendig
ist. Es reicht wohl, wenn ich sage, daß es eben wegen der Natur
unseres Problems höchst unratsam ist, es über Kanäle
oder in Medien zu erörtern, auf die…« – er machte
eine Pause, und es schien fast, als würde er sich umschauen, ob
etwas auf ihn zukam – dem weisen Mann zufolge ein sicheres
Zeichen dafür, daß es wohl auch so war –
»…gegenwärtig unbekannte feindliche Entitäten
Zugriff haben könnten.«
    »Ich weiß nicht recht, ob ich irgendwelche
Entitäten heraufbeschwören möchte, die so feindlich
sind, daß Sie ihretwegen nach Ihrem Weihwasser greifen, obwohl
Sie doch angeblich nicht an sie glauben…«
    »Die Kirche hat nie behauptet, daß es keine
elektronischen Nachfolger-Entitäten gibt. Ganz im Gegenteil, die
kirchliche Doktrin verdammt sie als satanische Golems, als letzte und
äußerste Mittel des Fürsten der Lügner selbst,
und glauben Sie mir, Mr. Philippe, die gegenwärtige Situation
trägt nichts dazu bei, uns von dem Glauben abzubringen,
daß die Andere Seite der Grenze, wie Sie es nennen würden,
in den Händen des Widersachers ist.«
    »Ja, es gibt durchaus Dämonen in diesen ungeheuren
Tiefen…«
    »Und Ihre Akte zeigt, daß sie kommen, wenn Sie sie
rufen, Mr. Philippe.«
    »Manchmal, Eure Eminenz, was ein wirklich guter Grund ist,
nichts heraufzubeschwören, was man nicht treffen
will…«
    »In diesem Punkt können Sie unbesorgt sein, Mr.
Philippe. Die… Nachfolger-Entität, die Sie für
uns… heraufholen sollen, ist die eines Mannes, der eines Tages
vielleicht ein Heiliger sein wird.«

 
II
     
     
    Der Tod kommt zu allen Menschen, und ziemlich bald würde er
auch zu mir kommen.
    Das war in kurzen Worten, was der Arzt mir erklärt hatte. Im
Alter von einundneunzig Jahren, eine Generation jenseits der mir von
der Bibel zuerkannten Lebensspanne, wie solche Dinge einst bemessen
wurden, hatte mein Körper nun die Fähigkeit
eingebüßt, der Schwerkraft, freien Radikalen, dem solaren
Bombardement und der Torheit meiner Mitmenschen zu trotzen, und
würde noch in diesem Jahr zu Staub zerfallen. Mein Immunsystem
war einfach abgenutzt, und ich, der ich mein Leben lang getreulich
das Keuschheitsgelübde eingehalten hatte, würde mit einem
Krankheitsbild sterben, das sich in nichts von dem eines Libertins
aus dem zwanzigsten Jahrhundert unterschied.
    Man mußte schon ein alter, sterbender Priester sein, um den
Humor zu würdigen, der darin lag.
    Wesentlich mehr Worte – weil er sich nämlich in lauter
Andeutungen erging und immer um den heißen Brei herumschlich
– brauchte der Arzt dazu, mir
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