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Des Teufels Kardinal

Des Teufels Kardinal

Titel: Des Teufels Kardinal
Autoren: Allan Folsom
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schweben. Kind drehte sich wieder um. »Wir steigen jetzt aus und gehen ins Bahnhofsgebäude.«
    »Er ist nicht transportfähig.« Elena deutete auf Herkules und sah bittend zu Kind auf.
    »Dann lassen Sie ihn hier.«
    »Hier stirbt er.«
    Harry sah Kinds Zeigefinger nervös über den Abzug seiner Maschinenpistole gleiten.
    »Elena, tu einfach, was er verlangt.«
    Sie gingen rasch über die Gleise davon: Kind mit Elena, die er am Arm gepackt hielt, voraus, Harry und Adrianna dicht hinter ihnen.
    Plötzlich war von der Rangierlok her etwas zu hören: Zwei Paar Füße setzten sich in Bewegung und rannten davon.

    525
    Thomas Kind trat einen halben Schritt vor. Der Lokführer und der Rangierer liefen auf das offene Tor in der Vatikanmauer zu. Mit einem drohenden Blick zu Harry hinüber warnte Kind ihn davor, Dummheiten zu machen; dann schwenkte er die Maschinenpistole, zielte und gab zwei kurze Feuerstöße ab. Der Rangierer und dann der Lokführer brachen zusammen, als habe ihnen jemand die Beine unter dem Leib weggezogen.
    »Heilige Muttergottes!« Elena bekreuzigte sich.
    »Weiter!« befahl Kind ihr und schob sie vorn an der Lok vorbei.
    »Dort hinein«, bedeutete er dann, indem er auf die lackierte Holztür des Bahnhofsgebäudes zeigte.
    Als sie weitergingen, sah Harry das sperrangelweit offene Tor in der Vatikanmauer und dahinter an der Abzweigung des Bahngleises von der Hauptstrecke einen geparkten Wagen, vor dem zwei Männer standen. Sie sahen zu ihnen hinüber. Scala und Castelletti.
    Roscani war also noch irgendwo im Vatikan. Aber wo?
    Roscani, dessen Bein unerträglich schmerzte, hinkte ein Stück weit, ruhte sich kurz aus und hinkte wieder weiter, indem er mit der rechten Hand auf die Schußwunde in seinem Oberschenkel drückte, um die Blutung zum Stillstand zu bringen. Er glaubte, weiter in Richtung Bahnhof unterwegs zu sein, war sich seiner Sache aber nicht ganz sicher, weil der noch immer dichte Rauch die Orientierung erschwer-te. Trotzdem stolperte er mit seiner Waffe in der linken Hand entschlossen weiter.
    »Halt! Hände hoch!« blaffte ihn plötzlich eine aus dem Rauch kommende Stimme auf italienisch an.
    Roscani erstarrte. Dann sah er ein halbes Dutzend Männer mit Gewehren auf sich zukommen. Sie trugen blaue Hemden und Barette –
    Schweizergarden.
    »Ich bin Polizeibeamter!« rief Roscani ihnen zu. Er wußte nicht, ob sie Farels direktem Befehl unterstanden, und konnte nur hoffen, daß sie nichts mit den Männern in Schwarz zu tun hatten.
    »Ich bin Polizeibeamter!«
    »Hände hoch! Hände hoch!«
    Roscani schaute sie an, dann hob er langsam die Hände. Im nächsten Augenblick wurde ihm die Beretta weggerissen. Dann hörte er 526
    einen der Uniformierten in sein Handfunkgerät sprechen: »Ambulanza!« verlangte der Mann dringend. »Ambulanza!«
    Thomas Kind schloß die Tür des Bahnhofsgebäudes hinter ihnen, und sie standen plötzlich in der riesigen Halle des Gebäudes, das einst das Tor des Papstes zur Welt gewesen war. Durch Oberlichte fiel Tageslicht in den Raum und malte helle Kringel auf den Marmorboden. Aber abgesehen von diesen Lichtquellen und dem trüben Licht, das durch das auf die Gleise hinausführende Fenster einfiel, war die Bahnhofshalle dunkel und kühl. Und erfrischend rauchfrei, als ob das jetzt eine Rolle gespielt hätte.
    »Also!« Kind ließ Elena los, trat einen Schritt zurück und konzentrierte sich auf Harry. »Ihr Bruder wollte zu diesem Zug. Da der Zug nicht abgefahren ist, nehmen wir an, daß er noch kommt.«
    Harrys Blick glitt langsam über Kind hinweg, als versuche er, dessen am ehesten verwundbare Stelle zu finden. Dann sah er in einer offenen Tür hinter Kind ein weißes Hemd, das im nächsten Augenblick wieder verschwand. Unglücklicherweise hatte er zu auffällig hingeschaut.
    »Was gibt’s?« fragte Kind scharf. »Ist Pater Daniel vielleicht schon hier?« Er erhob plötzlich seine Stimme. »Sie im Büro – rauskommen!«
    Keine Reaktion.
    Adrianna veränderte unmerklich ihre Position und bewegte sich einen Schritt auf Kind zu. Harry schaute sie an und fragte sich, was sie vorhaben mochte. Sie erwiderte seinen Blick und schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf.
    »Rauskommen!« befahl Kind nochmals. »Sonst komme ich rein.«
    Einige Sekunden später tauchte langsam ein weißer Haarschopf auf, dann der Rest des Bahnhofsvorstehers. Weißes Hemd, schwarze Hose, ein Mann Mitte Sechzig. Kind winkte ihn zu sich heran. Der Mann kam langsam aus seinem Dienstraum,
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