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Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert

Titel: Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert
Autoren: Gustav A Horn
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Binnennachfrage in Ländern
     mit ohnehin schon hoher Inflationsrate beschleunigt steigen und die Inflation weiter anheizen, während die Binnennachfrage
     in den Ländern mit niedriger Inflationsrate eher gedrückt blieb. Aber aus gesamteuropäischer Sicht schien dies kein Problem
     zu sein, da ja die Inflationsrate insgesamt mit dem Ziel der Preisstabilität vereinbar war.
    Es wäre auf Dauer auch kein Problem entstanden, wenn man die Investitionen in den Defizitländern dazu genutzt hätte, ihre
     Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Auf diese Weise hätten sie längerfristig ihre Defizitsituation überwinden können. Aber hier
     kommt nun die Irrationalität der Märkte ins Spiel, über die man oft nur den Kopf schütteln kann. Stattdessen wurde nämlich
     in Spanien und Irland in immer spekulativere Immobilienprojekte investiert – in Irland spekulierte man zudem mittels Krediten
     auf den Finanzmärkten – in Griechenland nutzte der Staat die billigen Kredite, um seine Ausgaben zu finanzieren. Im Grunde
     machte jeder, was er wollte, ohne Rücksicht auf die europäische Stabilität.
    All das wurde in den Verträgen zur Europäischen Währungsunion nicht als Problem angesehen. Die viel beschworene Stabilität
     des Währungsraums wurde allein als gesamteuropäische Preisstabilität verstanden, die – und das steht in Einklang mit der staatskritischen
     ökonomischen Orthodoxie – höchstens durch zu hohe Staatsschulden gefährdet werden könnte. Diese viel zu enge Sichtweise hat
     sich als fatal erwiesen und im Gefolge der Krise der Finanzmärkte die Krise des Euroraums mitverschuldet. Man muss sich das
     einmal klar machen: Es waren, beispielsweise in Irland und Spanien, nicht nur Staatsschulden, die die Stabilität gefährdeten.
     Die öffentlichen Haushalte dieser Länder gaben ja keinen Anlass zur Beanstandung. Es ging auch um private Schulden. In Irland
     sind es vor allem Bankschulden. Es gibt eben nicht nur eine gesamtwirtschaftliche Irrationalität des politischen Prozesses,
     sondern auch eine der Märkte.
    |248| Ideen für Europa
    Um solche Krisen in Zukunft zu vermeiden, sind grundlegende institutionelle Reformen im Euroraum notwendig. Das erfordert
     eine grundsätzliche Entscheidung, für die es zwei Alternativen gibt. Entweder man strebt eine gleichsam nationalstaatliche
     Lösung auf der Ebene des Euroraums an. Dann ginge man wechselseitige Transferverpflichtungen ein, die dazu führten, dass die
     Länder mit Leistungsbilanzdefiziten Transfers von jenen mit Überschüssen erhielten. Ein Beispiel für einen solchen Prozess,
     der unterschiedlich organisiert werden kann, ist der Länderfinanzausgleich in Deutschland. In diesem spiegelt sich die wechselseitige
     Verpflichtung wider, sich in einem Bundesstaat zu unterstützen. Eine solche Lösung erscheint mir aus heutiger Sicht für Europa
     als eine ferne Utopie. Für viele Regierungen und Einwohner ist sie nicht einmal das. Derzeit dominieren nationale Reflexe
     nicht nur den Boulevard, sondern auch die Politik. Eine bundesstaatliche Lösung kann jedenfalls nicht kurzfristig realisiert
     werden. Aber angesichts der ewig nervös lauernden Finanzmärkte braucht der Euroraum kurzfristig einen neuen institutionellen
     Rahmen, um Vertrauen und Stabilität zu erzeugen.
    Also bleibt nur die Alternative, unter souveränen Nationalstaaten Regeln zu vereinbaren. Diese achten – im Idealfall – einerseits
     genau diese Souveränität, sichern aber andererseits die wirtschaftliche Stabilität des Euroraums. Dass eine solche Konstruktion
     konfliktträchtig ist, liegt auf der Hand. Ich denke in diesem Zusammenhang auch mit Sorge an die Vorliebe der meisten Ökonomen
     für mechanische Regeln, die nicht gerade hilfreich sein dürfte. Das hat die Vergangenheit des Stabilitäts- und Wachstumspakts
     deutlich gezeigt. Mechanik hilft auch nicht, eine in sich chaotische Ökonomie zu bändigen. Der Gleichgewichtsgedanke, der
     in den mechanischen Regeln immer wieder aufscheint, setzt ein Wissen um Wachstumspotenziale und strukturelle Haushaltsdefizite
     voraus, das es in Wahrheit überhaupt nicht gibt. Wenn Aussagen über vermeintlich feststehende Strukturgrößen aber beständig
     revidiert werden müssen, wird natürlich mit |249| der Zeit die Glaubwürdigkeit des gesamten Konzepts untergraben. Damit gehen genau die Vorteile verloren, die man sich von
     diesen Regeln erhofft hatte: Einfachheit und Glaubwürdigkeit.
    In Zukunft sollten daher weniger mechanische
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