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Derek Landy

Derek Landy

Titel: Derek Landy
Autoren: Rebellion der Restanten
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soviel wusste sie, doch sie hatte keine
Ahnung, welche magischen Fähigkeiten er besaß. Sie hoffte nur, dass das Sehen
bei Nacht nicht dazugehörte. Das wäre mal wieder typisch und würde genau zu der
Pechsträhne passen, die sie in den vergangenen paar Monaten gehabt hatte. Dabei
hatte sie sich nichts weiter gewünscht als nach Hause zu gehen. War denn das zu
viel verlangt? Marr stammte aus Boston, war dort geboren und aufgewachsen und
wollte auch dort sterben. Nicht hier, in diesem feuchten und kalten Irland.
    Sie legte sich auf den Bauch und kroch durch eine Lücke
zwischen Palettenstapeln. Noch einmal blickte sie sich um und vergewisserte
sich, dass er nicht gleich die Hand ausstrecken und ihren Knöchel packen würde.
Dann überlegte sie, welche Möglichkeiten sie hatte. Nicht viele und großartig
war keine. Er würde sie irgendwann finden, eher früher als später. Sie konnte
es noch einmal am Zaun auf der Ostseite versuchen oder den ganzen Weg zum
südlichen Eingang zurückgehen. Sich Richtung Westen zu wenden stand nicht zur
Debatte, da es dort nichts gab außer einem riesigen flachen Gelände ohne die
geringste Möglichkeit, sich zu verstecken.
    Marr stützte sich auf die Ellbogen; die kalte Feuchtigkeit
drang durch ihre Kleider. Sie blickte geradeaus, nach Norden, wenn sie nicht
alles täuschte. Dort war auch ein Zaun, höher als der auf der Ostseite, aber
näher, und außerdem konnte sie Paletten und Maschinen erkennen, hinter denen
sie sich im Notfall verstecken konnte.
    Sie schob sich vorwärts, hinaus aus der Lücke, und hockte
sich auf die Fersen. Weiter vorn sah sie zwei übereinandergestapelte Fässer und
lief hin. Noch immer keine Spur von Tesseract.
    Sie rannte noch ein Stück vornübergebeugt, richtete sich
hinter einem Bulldozer auf und legte dann einen verzweifelten Sprint zum
nächsten Teil hin, das ihr Deckung bot. Der Maschendrahtzaun war vielleicht
noch zwanzig Schritte entfernt. Er war sehr hoch, so hoch wie ein Haus,
jedenfalls höher, als Marr ihn in Erinnerung hatte, doch sie war sicher, dass
sie den Sprung darüber schaffen würde. Sie gönnte sich eine Verschnaufpause, in
der sie den Skelett-Detektiv um seine neu erworbene Fähigkeit zu fliegen
beneidete. Das wäre jetzt wirklich ausgesprochen praktisch. Sie schätzte die
Entfernung ab und spürte den Luftströmungen nach. Auf jeden Fall würde sie
Anlauf brauchen, wenn sie über den Zaun springen wollte, ohne daran hängen zu
bleiben.
    Mit einem Blick nach hinten vergewisserte sie sich, dass
Tesseract nicht schon in ihrer Nähe war. Dann suchte sie sorgfältig und
methodisch die Umgebung ab, drehte langsam den Kopf, damit ihr auch nicht die kleinste
Bewegung entging. Es dauerte eine geschlagene Sekunde, bis sie begriff, dass
sie ihn direkt anschaute, während er auf sie zugelaufen kam. Unwillkürlich
entfuhr ihr ein angstvoller Aufschrei. Sie wich zurück und stolperte dabei über
ihre eigenen Füße. Immer wieder rutschte sie auf dem schlammigen Boden aus, als
sie auf den Zaun zuhastete. Sie breitete die Arme aus, griff mit den Händen in
die Luft, zog sie zu sich heran und hob ab, hinaus aus dem Dreck. Sie war noch
nicht einmal auf der Hälfte der Höhe, als ihr klar wurde, dass sie es nicht
schaffen würde. Es gelang ihr, sich näher an den Zaun heranzumanövrieren und in
dem Augenblick, als sie schon zu fallen begann, die Finger durch die
Drahtmaschen zu stecken. Ihr Körper schwang gegen den klappernden Zaun und ihre
Finger brannten. Sie blickte nach unten und sah, dass er hinter seiner
metallenen Maske stumm zu ihr heraufblickte. Sie begann zu klettern, wobei sie
nur die Hände benutzte. Wieder ein Blick nach unten. Tesseract kletterte ihr
nach.
    Gütiger Himmel, was war er schnell!
    Es begann wieder zu regnen und bald spürte sie die Tropfen
wie Nadelstiche auf ihrem Gesicht. Tesseract verringerte den Abstand zwischen
ihnen mit alarmierender Geschwindigkeit. Mit seinen langen Armen konnte er
weiter nach oben greifen als sie und mit seinen stahlharten Muskeln zog er sich
nach oben, ohne müde zu werden. Marrs Muskeln dagegen beklagten sich bereits,
und als sie sich dem oberen Rand des Zauns näherte, schrien sie. Aber immer
noch besser die Muskeln als sie, fand die ehemalige Sanktuariums-Detektivin.
    Tesseract hatte etwas weiter unten innegehalten. Es sah aus,
als hätte er sich mit seinem Mantel im Zaun verheddert. Marr hatte keine Zeit,
schadenfroh zu sein, doch sie würde sich ein hämisches Grinsen erlauben, sobald
das
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