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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord
Autoren: Helene Tursten
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aus.
    »Ich hab sie an Weihnachten bemerkt, als ich nach den Plänen suchte. Ein ekliges, altes Weib! Ich wusste, dass sie im Geräteschuppen wohnt. An diesem Abend hatte ich sie vergessen, aber ich wusste sofort, dass sie es sein musste, als ich später die Zeitung las. Da sie mich gesehen hatte … hielt ich es für das Beste, sie verschwinden zu lassen.«
    »Sie sah sie in die Klinik gehen. Sind Sie vor oder nach Linda in das Gebäude hinein?«, fragte Irene vorsichtig.
    »Vorher. Ich habe drinnen auf sie gewartet. Sie sah sehr überrascht aus in ihren letzten Minuten!«
    Wieder hallte ihr unheimliches Lachen zwischen den Mauern wider. Irene ließ sie zu Ende lachen und fragte dann erst:
    »Aber was hatte Ihnen Marianne getan? Bedrohte sie ebenfalls Ihre Pläne?«
    Eine Falte tauchte zwischen Carinas Augenbrauen auf.
    »Sie hörte mich und Linda. Diese verdammte Linda hatte einen kleinen Rucksack in der Hand und den warf sie die Treppe runter, als ich … sie erwischte.«
    »Sie standen also auf dem oberen Treppenabsatz vor dem OP-Trakt?«
    »Ja. Hinter der Aufzugtür. Ich machte einfach nur einen Schritt vor, als sie aus dem Aufzug kam.«
    Irene schauderte es.
    »Wirklich gut ausgedacht. Aber Linda warf ihre Tasche die Treppe runter, und das hörte Marianne?«
    »Ja. Ich ging nach unten, um den Rucksack zu holen, und da hörte ich, wie sich Marianne an der Klinke der Intensivstation zu schaffen machte. Ich kam gerade noch die Treppe wieder hoch, konnte Linda aber nicht mehr wegschaffen. Diese verdammte, dumme Nachtschwester begann die Treppe hochzugehen und zu rufen: ›Hallo? Bist du das, Linda?‹ Da wurde mir klar, dass ich auch sie zum Schweigen bringen musste. Und das tat ich dann.«
    »Mit der Leine, an der Sie dann Linda aufhängten?«
    »Sonst hatte ich nichts in der Hand.«
    »Und dann haben Sie Linda vor die Tür zum Speicher gelegt und sind mit Mariannes Leiche im Aufzug nach unten gefahren. Wie kamen Sie auf die Idee, den Strom in der Klinik abzustellen?«
    »Ich brauchte Zeit. Wegen der Nachtschwester brauchte ich schließlich länger. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich wollte nicht, dass Sverker anfangen würde, in der Klinik herumzuschnüffeln. Nicht ehe ich fertig war jedenfalls.«
    »Alles lief genauso, wie Sie es geplant hatten.«
    Irene versuchte, ihre Stimme bewundernd klingen zu lassen. Ohne Vorwarnung beugte sich Carina vor und schlug hart auf Irenes Gips. Das tat höllisch weh und der Schmerzensschrei war alles andere als gespielt.
    »Das tat weh«, stellte Carina zufrieden fest.
    Irene jammerte noch etwas extra, ehe sie erneut ansetzte:
    »Warum gingen sie die große Treppe nach unten? Es bestand doch das Risiko, dass Siv Persson Sie sehen würde? Was sie ja auch tat.«
    Als sie den Namen der Nachtschwester hörte, tauchte eine neuen Falte zwischen Carinas Augenbrauen auf. Sie saß einen Augenblick schweigend da, ehe sie antwortete:
    »Gerade als ich den Speicher verließ und denselben Weg zurückgehen wollte, den ich gekommen war, hörte ich, wie Sverker die Tür der Intensivstation öffnete. Er war auf die Suche nach Marianne und Linda. Also ging ich schnell durch den OP-Trakt und die große Treppe hinunter. Da hat mich diese dumme Nachtschwester gesehen. Aber sie wurde vor Schreck ohnmächtig. So hatte ich es mir gedacht.«
    Ein zufriedenes Lächeln umspielte Carinas Mundwinkel. Ihr Blick hatte eine seltsame Glut. Vertraulich beugte sie sich vor, und Irene bereitete sich auf den nächsten Schlag auf den Gips vor. Zu ihrer Verwunderung begann Carina stattdessen zu flüstern.
    »Ich hörte, dass Sverker hinter mir herkam. Er kümmerte sich um die wirre Krankenschwester und überließ ihr seine Taschenlampe. Dann ging er die Treppe hinunter. Es fehlte nicht viel, und ich hätte einen Schritt vor gemacht. Um ihn zu erschrecken. Aber ich blieb dann doch lieber im Schatten und schaute zu, wie er den Polizisten die Tür öffnete. Dann lief ich die Treppe hinunter in den Keller. Anschließend brauchte ich nur noch quer durch den Keller zu gehen, die Treppe hinauf und durch die Hintertür ins Freie.«
    Der Triumph umgab sie wie eine Korona. Irene lief es kalt den Rücken herunter. Entsetzen, das reine, ungeminderte Entsetzen, flößte diese Frau ihr ein. Ohne ihre Gefühle zu zeigen, sagte sie schmeichelnd:
    »Dass Sie auch noch daran gedacht haben, Lindas Fahrrad wegzuschaffen. Deswegen kamen wir nie auf den Gedanken, dass sie in der Klinik sein könnte.«
    »Auf der gefrorenen Wiese Fahrrad
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