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Der Zweite Messias

Titel: Der Zweite Messias
Autoren: Glenn Meade
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nun müssen wir ihm folgen. Der Wandel muss zuerst in uns selbst stattfinden.
    Die Wiederkunft Christi, auf die wir uns vorbereiten müssen, liebe Brüder, ist unsere eigene. Ich glaube, dass wir alle, die die Fackel tragen, um Licht in die dunklen Winkel des menschlichen Herzens zu bringen, der zurückgekehrte Jesus sind, die Wiederkunft Christi. Denn das ist der wahre Grund für Christi Anwesenheit auf Erden. Er hat die Saat gesät, und nun liegt es an uns, die Felder zu bestellen und die Ernte einzubringen, wenn sie nicht verkümmern soll.
    Deshalb müssen wir von heute an nicht nur über unser Schicksal, sondern auch über unseren Glauben entscheiden. Wollen wir weiterhin Bürokraten sein und hinter diesen Mauern bleiben? Wollen wir hier sitzen und über Fragen der Theologie diskutieren, während Kranke nicht behandelt werden, Hungrige nichts zu essen haben und Kinder ohne Liebe aufwachsen müssen?Oder gehen wir als Priester hinaus zu diesen Menschen, so wie es vor zweitausend Jahren Jesus und seine Jünger getan haben, die nichts besaßen außer ihren tiefen Glauben an die Worte Gottes?
    Ich möchte, dass wir alle von heute an unseren Wohlstand und unsere irdischen Güter aufgeben. Ich möchte, dass wir auf materielle Werte und Besitztümer verzichten. Ich möchte, dass wir unseren Reichtum nutzen, um Unrecht, Armut und Ungerechtigkeit zu lindern. Ich möchte, dass wir in Frieden in die Welt hinausgehen und im Glauben an Gott verkünden, dass alle Menschen Brüder sind, unabhängig vom Land ihrer Geburt, ihrer Religion und ihrer Rasse. Denjenigen, die uns kritisieren, geben wir dieselben Antworten, die Jesus gegeben hat. Und falls nötig, werden wir dieselben Wunden davontragen wie er.
    Liebe Brüder, meine Autorität als Papst steht nicht in Zweifel. Egal, wie viele Argumente gegen mich angeführt werden – mein Wort ist Gesetz. Aber ich überlasse euch allen die Entscheidung, zurückzubleiben oder als wahre Jünger mit mir zu gehen und aus diesen Mauern herauszutreten, um Jesu Christi Versprechen zu erfüllen.«
    Wieder ließ der Papst den Blick über die Versammelten schweifen. Dann rief er: »Und nun frage ich euch: Werdet ihr mir folgen?«
    Einen Augenblick herrschte völlige Stille. Niemand sagte ein Wort. Die Kardinäle warfen einander verlegene Blicke zu, als wüssten sie nicht, was sie tun sollten. Einige waren bewegt, andere sogar zu Tränen gerührt, wieder andere ängstlich oder voller Sorge. Einigen hatten Beckets Worte Kraft verliehen, während andere sich angesichts einer so gewaltigen Herausforderung ihrer eigenen Unzulänglichkeit bewusst wurden.
    Es war ein älterer Kardinal, der schließlich aufstand, seineschwache Stimme über die unsichere Menge erhob und als Erster rief: »Ich folge dir!«
    Ein anderer Kardinal erhob sich und wiederholte das Gelöbnis. Dann meldete sich noch einer zu Wort, und noch einer, bis schließlich alle Kardinäle sich erhoben und sich dem Gelöbnis anschlossen. Einer nach dem anderen kniete vor dem Papst nieder und küsste seinen Ring als Zeichen der Ergebenheit.

    In der Sixtinischen Kapelle herrschte tiefe Stille. Die Kardinäle hatten die Kapelle verlassen. John Becket war allein.
    Er war sich der gewaltigen Last bewusst, die auf seinen Schultern lag. Ihm war klar, dass nun der schwierigste Abschnitt seines Lebenswegs vor ihm lag. Außerdem war ihm bewusst, dass manche Kardinäle sich nur von seinen Worten und der Begeisterung der Menge hatten mitreißen lassen. Einige würden in den nächsten Tagen ihre Meinung ändern. Andere würden die Aufgabe letztlich als eine zu große Herausforderung betrachten. Wieder andere würden ihre Entscheidung überdenken und beschließen, ihm nicht zu folgen.
    Doch der Papst war überzeugt, dass viele ihm folgen würden – gerade diejenigen, auf die es ankam und die seine redlichen Absichten teilten.
    War der Weg, der vor ihnen lag, zu schwer?
    War der Plan zu ehrgeizig?
    Würde es ihm gelingen, seine Ziele zu erreichen, oder würde er dabei die Kirche zerstören?
    Becket wusste, dass er alleine war, schrecklich alleine. Nur der goldene Tabernakel, in dem Gottes Geist wohnte, stand vor ihm. Und nur der Geist Gottes würde ihn führen und leiten in den Jahren, die vor ihm lagen.
    Aber das würde genügen.
    Als Becket vor dem Altar auf die Knie sank, hörte er unter seiner Soutane Papier knistern. Er griff in seine Tasche und zog das abgegriffene Pressefoto von Robert und Margaret Cane heraus. Von Schuldgefühlen geplagt, hielt
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