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Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For

Titel: Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
Autoren: Alexandra Potter
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mir leid«, entschuldige ich mich.
    »Mein Wecker hat nicht geläutet, die U-Bahn war eine halbe Ewigkeit unterwegs, und ich hatte mir diese dämlichen neuen Sandalen gekauft -«
    »Immerhin bist du jetzt hier«, unterbricht er mich, tritt die Zigarette aus und knöpft sein Jackett zu. Jede seiner Bewegungen ist gehetzt und fahrig. Er erinnert mich immer an einen Vogel - stets gebauschtes Federkleid und hektisch umherirrender Blick. »Wir sollten uns beeilen«, sagt er, streicht sein Revers glatt und zupft einen unsichtbaren Fussel mit der peniblen Sorgfalt eines Menschen ab, der sogar seine Unterhosen bügelt.
    »Wo sind denn alle?«, frage ich, als ich hinter ihm die Stufen hinaufhaste.
    »Drinnen. Sie warten auf uns.« Er öffnet die Eingangstür und hält sie mir auf. »Ich bin seit einer Ewigkeit hier. Als du nicht aufgetaucht bist, bin ich nach draußen gegangen, um nach dir zu sehen.«
    »Es tut mir wirklich sehr leid«, entschuldige ich mich noch einmal und ducke mich unter seinem Arm hindurch. Ich bin ein gutes Stück größer als Brian, besonders in meinen hochhackigen Sandalen, so dass ich mich bücken muss. Ich trete in die dunkle Kühle der Eingangshalle und sehe mich in dem goldgerahmten Spiegel.
    Ich bin die typische Rothaarige mit hellem Teint und Sommersprossen, dichtem, welligem, leuchtend rotem Haar und schmerzlichen Kindheitserinnerungen an Begriffe wie Karottenkopf, Möhrchen und eine Beleidigung mit Schamhaaren und einem Schimpfwort, die ich an dieser Stelle lieber nicht wiederholen will. Ehrlich gesagt, erstaunt es mich, dass ich nicht den Rest meines Lebens in Therapie verbringen muss. Mittlerweile lasse ich mir nicht nur alle sechs Wochen beim Friseur blonde Strähnen verpassen, die eine Rotblonde aus mir machen, sondern föhne auch mein Haar glatt. Aber heute kräuselt es sich in der feuchten Hitze. Ich versuche, es glatt zu streichen, als mein Blick auf Brian fällt. Im Spiegel sehe ich ihn auf den Boden starren. »Was ist mit deinen Füßen passiert?«, fragt er.
    Ich sehe ebenfalls nach unten. »Mode«, gebe ich zurück, bücke mich und zupfe das Toilettenpapier so zurecht, dass es nicht zwischen meinen Zehen herausragt.
    Unter normalen Umständen würde er lachen, einen Witz reißen oder mich mit dem Ergebnis meines jüngsten Kaufrausches aufziehen. Im Gegensatz zu den meisten Männern seines Alters legt Brian großen Wert darauf, in modischer Hinsicht auf dem neuesten Stand zu bleiben - ständig versucht er, mir die neueste Vogue -Ausgabe abzuluchsen, obwohl er behauptet, er wolle sich nur die Fotos ansehen - und ist sehr anspruchsvoll. Doch heute schnaubt er nur abfällig.
    »Gehen wir?«, stößt er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Die Muskeln an seinem Kiefer zucken, und er starrt mich mit seinen grauen Augen an. Trotz seiner schlechten Laune sieht er unglaublich gut aus für einen Mann seines Alters.
    »Klar … ich meine, ja … natürlich«, stammle ich und fühle mich wie ein ungezogenes Kind.
    Gemeinsam durchqueren wir die marmorne Halle, in der unsere Schritte nervtötend laut widerhallen. Vor uns ragen die eindrucksvollen Mahagoniportale auf. Brian murmelt etwas, die nächste Hochzeitsgesellschaft treffe in wenigen Minuten ein, und wenn wir uns nicht beeilten, herrsche hier bald das reinste Chaos. Er streckt die Hand nach der Messingklinke aus.
    Ich lege ihm eine Hand auf den Arm. »Moment.« Ich ziehe eine Packung Papiertaschentücher aus der Tasche, reiße das Zellophan auf und reiche ihm eines. »Ich weiß doch, dass du bei Hochzeiten immer weinst.«
    Er runzelt die Stirn. Gibt keinen Millimeter nach.
    Ich schwenke das weiße Dreieck wie eine Fahne.
    Das ist zu viel. Er gibt auf, seine Stirn glättet sich, und die Anspannung weicht von seinem Gesicht. »Tut mir leid. Ich dachte schon, du kommst nicht.« Er nimmt mein Friedensangebot an und lässt es mit einer entschlossenen Geste in seinem Ärmel verschwinden.
    »Was? Dich vor dem Standesamt stehen lassen?«, flüstere ich.
    Seine Mundwinkel zucken. »Mmm, so in der Art.«
    Wir lächeln einander zu. Er rückt seine Krawatte gerade, streicht sich übers Haar, um die Stellen zu kaschieren, wo es allmählich lichter wird, und strafft die Schultern. »Fertig?«
    Ich zupfe am Saum meines Rocks und schiebe eine lose Strähne hinters Ohr. »Fertig.« Ich nicke und spüre ein kurzes Flattern meiner Nerven.
    Mit ernster Miene starren wir beide geradeaus. Ich wappne mich innerlich.
    »O.K. Dann los.« Brian holt tief Luft
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